Tarzan trickst jeden Gorilla aus
Man hat schon so seine gewissen Ansprüche wenn man sich dieser Tage ins Kino verirrt um einen duften Animationsfilm zu schauen. Gerade diese am Computer entstehenden Werke, die nichts mehr mit den kolorierten Bleistiftzeichnungen von einst gemein haben, eignen sich natürlich hervorragend für die 3D-Technologie, die hier oftmals als „im wunderbaren 3D“, „im fantastischen 3D“ und weiteren Superlativen angekündigt wird. Gerade im Falle einer Legende wie Edgar Rice Burroughs Tarzan sollte man nun also erwarten, dass alle erdenklichen Mittel ausgepackt wurden um dem Dschungelmann mit seinem markanten Schrei ein würdiges Filmchen zu bescheren – zumal es eigentlich noch gar nicht so weit zurückliegt, dass Disney den Tarzan-Stoff höchst sehenswert verfilmt hat. Wenn man sich nun allerdings den in den Bavaria Film Studios erschaffenen Animationsfilm ansieht, dann wirkt einfach alles irgendwie unfertig. Die Animationen sahen bereits 1999 bei Disney besser aus, die Story kommt nur halb originell daher und ob der Neu-Tarzan nun für Kinder geschaffen wurde, wird auch nicht so ganz deutlich: zu wenig Spaß, viel zu ernst inszeniert.
Der Film beginnt mit den Forschungen von John Greystoke, dem Vater Tarzans, als dieser sich noch im jungen Alter in der Obhut seiner Familie befindet. Doch dann stürzen Klein-Tarzan und seine Eltern über dem Dschungel Afrikas ab. Zeitgleich verliert eine Gorillamutter ihr Kleines. Die beiden Welten prallen aufeinander, als eine Gruppe von Gorillas den jetzt verwaisten Menschenjungen findet und mitnimmt. Sofort nimmt sich die einsame Gorillamutter des kleinen Tarzans an. Es vergehen mehr als zehn Jahre bis Tarzan wieder auf Menschen trifft. Er begegnet Jane Porter, die sich mit dem Großunternehmer Clayton in Afrika befindet – aus ganz unterschiedlichen Motiven. Jane verfolgt nur Gutes, während Clayton einen Meteoriten finden will, der seiner Firma enorme Marktvorteile bescheren könnte. Der skrupellose Geschäftsmann ist hierfür bereit über Leichen zu gehen. Es liegt an Tarzan und Jane dem Verbrecher das Handwerk zu legen.
Tarzan und seine Gorillafamilie
Das Drehbuch stammt von Reinhard Klooss, unter Mitarbeit von Jessica Postigo, der auch sogleich die Regie übernommen hat. Schon hier hätte es einen ersten Aufschrei geben müssen, von Seiten der produzierenden Firma Constantin, haben sie sich doch einen Mann in den leitenden Stuhl gesetzt, der schon zwei Urmel-Verfilmungen als auch zuletzt 2010 den Erich Kästner Klassiker Die Konferenz der Tiere in den Sand gesetzt hat. So quittierte im film-dienst Jörg Gerle dem Regisseur diesbezüglich, dass das was er aus Kästners Roman gemacht habe, so pseudo-engagiert daherkomme, dass es ein pures Ärgernis sei. Und in der Berliner Zeitung hieß es seitens Katja Lüthge, dass hier zugunsten des Spektakels Kästners pazifistisches Ansinnen mit viel Waffeneinsatz ad absurdum geballert würde. Man kann Klooss nun nicht unbedingt vorwerfen, den Tarzan-Mythos hier nicht ernst genommen zu haben, dennoch hat er ihn nicht mit der verdienten Liebe behandelt.
Der Film bietet kleine Ausschnitte aus dem Leben Tarzans, man könnte von Tagebucheinträgen sprechen, von denen einige herausgerissene Seiten präsentiert werden. Tarzan bei seinen wirklichen Eltern, Tarzan wie er im Dschungel verschwindet, als Teenager, als erwachsender Mann. Mal ist er mit dem fiesen Geschäftsmann Clayton zu Gange, dann wieder mit dem tyrannischen Oberhaupt der Gorillafamilie, in der er aufgezogen wurde. Ein weiteres Mal verliebt er sich in Jane, nur um im nächsten Moment auf eine phantastische Reise in die Tiefen einer Höhle vorzudringen, wo der sagenumwobene Meteorit liegt, der einst die Dinosaurier auslöschte. Und so verliert dieser Tarzan an Konsistenz. Die Handlung ist nicht wirklich zu fassen, ebenso wenig sind es die Figuren, die durch Animation wie auch Verhalten wenig Charaktertiefe mitbekommen haben – und somit auch keine Fläche zur Identifikation bieten.
Das böse Oberhaupt der Gorillas
Vielleicht ist es auch der erste Beweis dafür, dass das Motion Capture Verfahren in den falschen Händen ebenso misslingen kann wie alle anderen filmischen Technologien. Wo Andy Serkis in der Rolle des Gollum oder als Gorilla King Kong und Rebellionsführer Caesar in Planet der Affen Leistungen vollführte, die nach einer gesonderten Academy Award Kategorie verlangten, ist es in Tarzan an Twilight-Nebendarsteller Kellan Lutz der Hauptfigur Leben einzuhauchen – oder eben nicht. Es bedarf eben doch ein wenig an schauspielerischem Talent, nicht dem bloßen Muskelspiel, wie Lutz es in Krieg der Götter und bald noch als Hercules und in The Expendables 3 vollführen darf.
Es wäre sinnvoll gewesen sich zumindest für die Handlung von Liane zu Liane zu schwingen, man hätte die zurückliegende Animationstechnik ausblenden können. Aber leider bekommt Regisseur Klooss nicht unbedingt jede Liane zu fassen, verstrickt sich im Dschungelgewirr und stürzt gehörig in die Tiefe. Der markante Tarzan-Schrei bleibt dieser Inkarnation deutlich im Halse stecken.
Altersfreigabe: ab 6 Jahren
Produktionsland, Jahr: D, 2013
Länge: ca. 94 Minuten
Regie: Reinhard Klooss
Deutsche Synchronstimmen: Alexander Fehling, Lena Meyer-Landrut, Wigald Boning, Kai Wiesinger, Ben Becker
Kinostart: 20. Februar 2014
Im Netz: tarzan3d-film.de