Die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes warnen davor, die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Beschäftigten aus Drittstaaten in der EU aufzuwei-chen. Hintergrund ist eine von der EU-Kommission geplante Richtlinie zur konzernin-ternen Entsendung. Danach soll der konzerninterne Transfer von Arbeitnehmern aus Drittstaaten nach Europa vereinfacht werden. „Der Richtlinienvorschlag wird zu er-heblichen, nicht hinnehmbaren Konsequenzen für den europäischen und nationalen Arbeitsmarkt, insbesondere im Bausektor, führen“, stellten die Präsidenten der bei-den Arbeitgeberverbände der Bauwirtschaft und der Bundesvorsitzende der IG Bau-en-Agrar-Umwelt (IG BAU) fest. Anlässlich eines heute (18. Februar) stattfindenden Spitzengesprächs einigten sich Herbert Bodner, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Dr. Hans-Hartwig Loewenstein, Präsident des Zentralver-bandes des Deutschen Baugewerbes, sowie Klaus Wiesehügel, Bundesvorsitzender der IG BAU auf ein entsprechendes gemeinsames Positionspapier.
Die Tarifvertragsparteien der Bauwirtschaft sehen die Gefahr, dass sich der Druck auf die Lohnkosten und damit die Wettbewerbsbedingungen unter den im Richtli-nienvorschlag genannten Bedingungen erheblich verschärft. Nach dem Vorschlag könnte letztlich jeder Facharbeiter mit einer Berufsausbildung aus einem Drittstaat nach Deutschland entsandt werden. Das bedeutet, dass etwa ein Beschäftigter aus China in eine Niederlassung nach Polen und von dort nach Deutschland entsandt werden könnte, ohne dass es einer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis bedarf. Gleich-zeitig wären die Unternehmen aus dem EU-Ausland nur zur Einhaltung der zum Teil extrem niedrigen Mindestlöhne des ersten Arbeitsortes in der EU verpflichtet. „Es wäre für Anbieter aus Drittstaaten deutlich billiger, Facharbeiter aus ihren Heimatlän-dern zu entsenden, anstatt Fachkräfte aus dem EU-Zielland zu beschäftigen“, sagte der IG BAU-Bundesvorsitzende Klaus Wiesehügel.
Besorgt zeigten sich die Spitzenvertreter insbesondere durch eine Vorschrift des Richtlinienentwurfs, wonach die entsandten Beschäftigten innerhalb der EU ihren Arbeitsort unbeschränkt wechseln können. „Wir erwarten, dass der Bundesinnenmi-nister, der die Federführung innerhalb der Bundesregierung für die Richtlinie hat, auf eine Entschärfung hinarbeitet“, erklärte HDB-Präsident Herbert Bodner. „Ansonsten würde ein Einfallstor geschaffen, das deutsche Arbeitsgenehmigungsrecht zu unter-laufen.“
Zudem drohe eine Verzerrung des Wettbewerbs. Konzerne mit Sitz oder Töchtern außerhalb der EU würden durch die Richtlinie stark bevorzugt werden. Denn sie dür-fen danach Mitarbeiter aus Drittstaaten zunächst in ein EU-Land mit geringen Min-deststandards entsenden. Bei einer Weiterentsendung in Mitgliedstaaten mit höheren Standards sollen aber die Bedingungen des ersten EU-Landes weiterhin gelten. Eine Praxis, die innerhalb der Gemeinschaft nicht existiert. Dort ansässige Firmen, die ihre Mitarbeiter in andere EU-Staaten entsenden, müssen die Mindeststandards des Ziellandes einhalten. „Von dem Prinzip, dass der Lohn der Baustelle gilt, bliebe damit nichts mehr übrig“, sagte ZDB-Präsident Dr. Hans-Hartwig Loewenstein. „Unter dem davon ausgehenden unfairen Wettbewerb würden nicht nur Firmen des Ziellandes sondern auch die auf dessen Markt bisher tätigen Entsendeunternehmen aus ande-ren Mitgliedstaaten leiden.“
Die Spitzenvertreter der Organisationen forderten die Politik auf, die sich aus dem Richtlinienvorschlag ergebenden Probleme schnell zu lösen und insbesondere das Baugewerbe aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herauszunehmen.