Festspielhaus Hellerau/ Schauspielhaus Dresden
KLICK
Meine erste Tanzplattform! Überhaupt das Erste Mal, dass ich mich intensiver mit Tanz beschäftigt habe.
Es hat sich gelohnt!
4 Tage volles Programm: von 14 Produktionen 11 gesehen, Pitching angeschaut, Führung durch Hellerau und Semperoper mitgemacht, Party gefeiert, Inspirationen geholt, viele Kugelschreiber eingesteckt, Dresden erkundet und irgendwann hab ich auch mal geschlafen.
Es war wunderbar, eine ganz andere Atmosphäre wie bei einem Theaterfestival. Hier geht es noch mehr um Körper, um Kraft und Bewegung. Choreographien und ihre Choreographen standen im Vordergrund. Da es eine Plattform war, waren nur Fachbesucher eingeladen. Wir gehörten also mit zur Delegation!
Frisch aus München angekommen ging es auch gleich los mit dem Programm:
Cover Up von Mamaza. Drei Tänzer, ein weißer Teppich. Tiergeräusche! Es war eine der lustigsten Produktionen, die ich auf der Tanzplattform gesehen habe. Tanz kann also auch lustig sein. Die Tänzer waren mal Schafe, mal Krebse und mal Menschen. Sie spielten mit Farben und Geräuschen. Manchmal bis zur Unerträglichkeit! Zwei Leuten verließen den Raum, als die Tänzer zu schreien anfingen. Es steckte Spaß hinter diesen Tanz. Ich persönlich war am Anfang etwas überfordert, aus dem Zug zu fallen und gleich ins Theater zu rennen. Ich hab mich aber trotzdem köstlich amüsiert.
Gleich danach ging es zu Abdrücke von Anna Konjetzky. Eine Frau in einem Glaskasten. Sie zeichnete irgendwas auf schwarze und weiße Blätter. Sie schaute die Zuschauer an. Zeichnete Sie uns? Irgendwann warf sie die Blätter aus dem Kasten. Es waren sehr abstrakte Zeichnungen, manchmal nur Striche. Sie sah aus wie ein Tier im Zoo, die Zuschauer liefen um sie herum und konnten sie von allen Seiten betrachten. Ihr Gesichtsausdruck hatte etwas Panisches, Hektisches an sich. Sie erkundete den ganzen Glaskasten. Die Performance dauerte nur 20 Minuten, aber es kam einem viel länger vor. Was wird sie noch zeichnen? Die Scheiben beschlugen nach und nach und man sah nicht mehr genau was sie machte. Eine Videokamera warf sie als Projektion auf die Wand. Dann ist es dunkel. Es ist vorbei. Totenstille. Keiner Klatscht. Das Licht im Kasten geht nicht wieder an. Die Leute sammelten die Blätter auf und gingen.
Am nächsten Tag Renegade: Irgendwo. Wow großartig. Hat genau meinen Geschmack getroffen. Eine Mischung aus Breakdance, Street Dance, Parkour und Ausdruckstanz. Hier treffen viele Tanzstile aufeinander. Der Titel verrät, dass sich die Performance irgendwo zwischen allem bewegt. Holzklötze in verschiedenen Größen werden umhergeschoben, immer wieder werden neue Figuren gebaut. Jeder hat seinen eigenen Tanzstil, den man auch erkennt und trotzdem sind sie eine homogene Gruppe, bunt zusammengewürfelt aber trotzdem einheitlich. Das hat mich am meisten beeindruckt! Diese Schwermut der asiatischen Tänzerinnen und dazu die Lockerheit der anderen Tänzer, faszinierend. Ich war total geflascht als ich rausging.
Helena Waldmann: Revolver besorgen. Eine Tanzperformance über Demenz. Diese Choreographie und Inszenierung hat mich am meisten getroffen. Es war hart! Klassisches Ballett gepaart mit Ausdruckstanz und Schauspiel, dazu Tonaufnahmen von alten Menschen die über ihre Krankheit reden bzw. über ihre jetzige Lebenssituation. Es war echt total krass! Sie fing an mit normalem Tanz und endete mit einer Plexiglasscheibe und Kinderlachen. Es ist kaum zu beschreiben. Demenz ist zu einem wichtigen Thema in unsere Gesellschaft geworden und Helena Waldmann hat gezeigt, dass man sich auch tänzerisch damit beschäftigen kann! Diese Performance geht einem wirklich unter die Haut und nicht nur ich brauchte danach ein paar Sekunden um mich wieder zu fangen.
Eszter Salamon: Dance for nothing. Als ich den Trailer gesehen habe, fand ich es langweilig. Wir hatten keine Karten dafür aber ich hatte mitbekommen, wenn man sich auf die Warteliste setzen lässt und nicht weggeht, kommt man immer rein! So auch hier. Eszter Salamon spricht einen Text von John Cage “Lecture for nothing”. Das ist ihre Musik. Sie erfindet Bewegungen zu diesem Text, zu diesen Worten. Die Bewegungen sind abstrakt, sie folgen eigentlich nicht der Rhythmik des Textes. Nach einer Weile hörte ich die einzelnen Wörter nicht mehr, sondern es war ein Wort Geschwulst und mit einem Mal haben die Bewegungen auch dazu gepasst. Also ich war positiv überrascht!
Danach ging es in das Schauspielhaus Dresden zu Sasha Waltz.: Métamorphoses. 5 Parts. Disharmonische Musik und viele Zuschauer, die die Aufführung vorzeitig verließen. Nach jeden Part gab es 5 Minuten Pause, zum Schluss saßen nur noch die Hälfte der Leute da und haben geklatscht. Nachher habe ich gehört, dass viele die Disharmonische Musik nicht gut fanden. Also ich persönlich fand es super. Diese Musik und dazu die Bewegungen und die Kostüme! Eine Farbenpracht. Ich mochte Sasha Waltz, auch wenn viele andere gegangen sind.
Antje Pfundtner mit Tim Acy auch eines meiner großen Favoriten bei der Tanzplattform! Es war grandios. Eine Mischung aus Tanz und Performance. Sie zeigt, dass Tanz auch lustig sein kann. Sie nimmt sich selber auf die Schippe, wenn sie Beispielweise mit den Zuschauern “Personen raten” spielt und sie sich die Zettel auf sich selber klebt. Eine Performance die nur so vor Authentizität sprüht und zum Schluss ganz traurig ist. Wenn sie über die Bühne geht und ihren kleinen aufgepusteten Dackel hinter sich herzieht und es schneit, weiß man nicht ob man lachen oder weinen soll. Hier merkt man ganz groß den Unterschied zwischen Tänzern die eine Choreographie eines Choreografen tanzen und einer Künstlerin die ihr eigenes Werk selber performt. Ich finde sie großartig!
Laurent Chétouane mit Horizon(s). Mh schwierig. Es war spät und nach 4 Vorstellungen hintereinander lässt langsam die Konzentration nach, trotzdem denke ich hätte es mir auch nicht besser gefallen, wenn ich konzentriert gewesen wäre. Es waren rhythmische Bewegungen zu Klaviermusik. Ja ok man hat die Geschichte der Dreiecksbeziehung erkannt und es war auch irgendwie schön den Tänzer zu zuschauen aber vom Hocker gehauen hat es mich nicht. Ich bin fast eingeschlafen. Ausdruckslose Gesichter und Bewegungen als ob die Tänzer einen Stock im Arsch hätten.
Als es endlich vorbei war, stieg ich in den Busshuttle und fuhr zur Party nach Hellerau. War gut! Mehr sag ich nicht.
Der letzte Tag! Zwei Companien lagen noch vor uns. Schade eigentlich! Gerade hatte ich mich eingefunden und dann sollte es schon wieder vorbei sein? Erst mal ging ich aber noch zum Abschlusspanel und dort blieb mir fast die Spucke weg! Ich war so wütend. Es war nur eine einzige Künstlerin anwesend, Anna Konjetzky, und ihr wurde auch noch das Wort abgeschnitten. Fachpublikum was sich zu ihrer tollen Juryarbeit beglückwünschte und Blümchen überbrachte, Fakten die eh jeder wieder vergisst und zum Schluss eine Pokalübergabe für die nächste Tanzplattform. Sie wird in Hamburg stattfinden. Es war grässlich, die Moderation scheußlich und jeder Ansatz von irgendwas wurde im Keim erstickt. Das war das erste Mal, dass ich früher gegangen bin.
Danach ging es zu The Forsythe Company: N.N.N.N. Vier Männer die eins waren. Die einen Körper darstellten. Es ging nur eine halbe Stunde und war wirklich lustig. 4 Muskulöse Männer, die sich nicht sehr männlich benahmen. Ich fand es schön. Hatte was absurdes aber auch etwas Wahres.
Zum Schluss: Meg Stuart: Violet. Laute Musik, Bewegungen. Irgendwie kann ich gar nicht mehr dazu sagen. Es sah so aus als ob jeder machte was er wollte. Mal wurden die Bewegungen langsamer, mal schneller. Die Tänzer brachten sich in eine Art Rausch der wohl auf das Publikum übergehen sollte. Also mich haben sie erst zum Schluss bekommen und zwar mit dieser geilen Musik. Das war Electro vom feinsten. Schade, dass sie irgendwann aufgehört haben. Ich wäre am liebsten aufgesprungen und hätte mitgetanzt.
Das war die Tanzplattform 2012 in Dresden/ Hellerau. Sehr inspirierend, sehr vielfältig und sehr spannend!
( Helena Waldmann: Revover besorgen)