Ihr Lieben,ich schaue sehr selten Fernsehen und wenn, dann vor allem Sendungen über ferne Länder und über historische Ereignisse.
Vor einger Zeit sah ich einen Film über das Dritte Reich und das Vorgehen gegen die Juden.
Das, was mich an dem Film besonders erschütterte, waren nicht die geschichtlichen Tatsachen, denn diese waren mir seit Langem bekannt, sondern in dem Film waren Szenen zu sehen, in denen auf der Straße Juden zu Fuß zu den Sammelplätzen marschieren mussten, um in die Vernichtungslager gebracht zu werden.
Das, was mich abgrundtief erschütterte, war die Tatsache, dass am Straßenrand Kinder, Jugendliche und Erwachsenen standen und diese armen Menschen, die geächtet wurden und in die Todeslager gebracht wurden, mit Worten beschimpften, die ich hier nicht wiederholen möchte.
Meine Großmutter habe ich sehr geliebt, sie war eine fröhliche, tiefgläubige Frau, die immer versuchte, mir das Leben zu erleichtern und mich mit ihrer Fröhlichkeit anzustecken.
Angst machte es ihr nur, wenn ein Flugzeug durch den Schall brach und der entsprechende Knall zu hören war. Dann flackerte eine tiefsitzende Angst in ihr auf und sie sagte dann: "Hoffentlich kommen die Russen nicht!"Ich erzähle das hier, weil es nach dem Zweiten Weltkrieg viele Menschen gab, die vor den Russen Angst hatten und natürlich waren nicht alle Menschen, die vorher die Juden gehasst hatten, nun zu Engeln geworden waren.
Geschichtlich ist nachgewiesen worden, dass der Hass auf die Juden in der Nachkriegszeit in den 1950er und 1960er Jahren nahtlos auf die Russen übertragen wurde.
Meine Mutter hatte nach dem Zweiten Weltkrieg einen russischen Offizier kennen und lieben gelernt.Diese Liebe dauerte nur 14 Tage, dann wurde der Russe wegen Verbrüderung mit dem Feind nach Sibirien verbannt. In dieser Zeit wurde aber ein Kind gezeugt und dieses Kind bin ich.
Das bedeutet, auch wenn ich nie etwas Anderes war als Deutscher, habe ich einen russischen Vater.
Und hierin liegt auch der entscheidende Hauptgrund, warum in meiner Kindheit und Jugend jeder aus unserer Familie, unserem Freundes- und Bekanntenkreis und in der Schule meinte, sich ungestraft an mir vergreifen zu dürfen. "Du bist nichts wert! - Du bist nur ein Stück Dreck - Du bist lediglich ein Russenbastard" - das war noch einer der harmlosesten Ausdrücke, die ich mir tagtäglich anhören musste.
Alles Weitere darüber steht in dem Kapitel "Der 40. Geburtstag meiner Mutter - oder der erlegte Hase".
Deshalb ist mein Pseudonym, das ich manchmal für Zitate benutze und das offiziell in meinem Personalausweis steht: Alexander Rykow. Das ist der Name meines Vaters, den ich inzwischen zwar gefunden habe, der aber leider nicht mehr lebt.
Ich wünsche Euch nun einen fröhlichen Abend und grüße Euch herzlich vom Weserstrand
Euer Werner
Das "feine" Bremer Gymnasium, in dem ich über mehrere Jahre misshandelt, gedemütigt und gefoltert wurde