Der 6. Oktober steht im Rahmenkalender der kuriosen Feiertage ganz im Zeichen von Hüten und einer literarischen Figur, die zu diesen Kleidungsstücken eine enge Beziehung pflegt. Konkret wird dieses Datum in den Vereinigten Staaten als sogenannter Tag des verrückten Hutmachers (engl. National Mad Hatter Day) gefeiert. Was es damit auf sich hat und warum dieses Datum unbedingt in die Liste kurioser Welttage gehört, soll mit dem vorliegenden Beitrag erzählt werden. Wer bitte ist also dieser verrückte Hutmacher, dem heute ein ganzer Ehrentag gewidmet ist?
Die Alice in Wonderland Skulptur im New Yorker Central Park im Dezember 2013.
Wer ist der verrückte Hutmacher?
Literaturaffine Leser der kuriosen Feiertage werden es bereits ahnen, dass es sich bei besagtem Hutmacher um niemand anderes als die Romanfigur aus Lewis Carrolls (1832 – 1898) Alice im Wunderland (engl. Alice’s Adventures in Wonderland) aus dem Jahr 1865 handelt.
Im Roman des britischen Autors taucht The Hatter, so sein Name im englischsprachigen Original, erstmals im Kapitel A Mad Tea Party (dt. Eine verrückte Tee-Party) auf, in dem er während einer Tee-Party im Garten des Märzhasen auf Alice, die Protagonistin der Geschichten, trifft, die versehentlich in diese Veranstaltung hineinplatzt. Weitere Auftritte hat der Hutmacher zum Ende des Buches während des Prozesses am Hof der Herzkönigin und im Buch Alice hinter den Spiegeln (engl. Through the Looking-Glass, and What Alice Found There) aus dem Jahr 1871, wo die Figur allerdings unter dem Namen Hatta auftritt.
Lewis Carroll und die berühmten Zeichnungen des britischen Illustrators John Tenniel (1820 – 1914) stellen den Hutmacher als einen relativ kleinen Mann, mit vorstehenden Zähnen dar, der typisch viktorianisch gekleidet ist. Sein auffälligstes Merkmal ist jedoch sein großer, langgezogener Zylinder – der Name ist hier also sozusagen Programm -, an dessen Revers er einen Zettel mit der Aufschrift In This Style 10/6 10/6 trägt (siehe dazu auch den Tag des Filzhuts (engl. National Felt Hat Day) am 15. September). Laut Carroll besagt diese Zahl, dass dieser Hut zehn Shilling und sechs Pence kostet. Auf diese Zahlenkombination kommen wir später nochmals zurück.
Die Figur des Mad Hatter (dt. der verrückte Hutmacher) im Central Park New York – Dezember 2013.
Warum wird der Hutmacher als verrückt bezeichnet?
Angesichts der in den Alice-Geschichten beschriebenen surrealen Figuren und Ereignisse sollte diese Zuschreibung eigentlich nicht verwundern. Bei näherer Betrachtung zeigt sich allerdings, dass dieser Namen im Prinzip auf einem populären Irrtum beruht. Denn an keiner Stelle des Romans wird sie als verrückter Hutmacher bezeichnet. Carroll nennt sie durchgehend Hatter und die Zuschreibung mad erfolgt lediglich durch die Figur der Grinsekatze, die sowohl den Hutmacher als auch den Märzhasen als gleichermaßen verrückt bezeichnet (engl. both are mad).
Nun zeichnet sich die Figur allerdings durch ein recht absonderliches Verhalten aus und es ist davon auszugehen, dass dies innerhalb der weltweiten Leserschaft zur Namensgebung des Mad Hatters geführt hat. Literaturwissenschaftler haben im Laufe der Jahre aber auch darauf verwiesen, dass im englischen Sprachraum die Redewendung mad as hatter (dt. verrückt wie ein Hutmacher) schon lange vor dem Erscheinen des Romans bekannt war. Diese bezog sich primär auf die physischen und psychischen Folgen von Quecksilbervergiftungen, denen dieser Berufsstand durch die Ausübung seines Handwerks häufig ausgesetzt war.
Ein weiterer Grund für diese Zuschreibung wird heute im realen Vorbild der Figur, einem Briten namens Theophilus Carter gesehen. Carter war ein durchaus exzentrischer Geschäftsmann, der u.a. für die Erfindung eines erstmals auf der Weltausstellung von 1851 präsentierten Wecker-Bettes, welches den Schläfer zur Weckzeit mechanisch von der Matratze kippte und erstmals im Rahmen der Londoner Weltausstellung (engl. Great Exhibiton) vom 1. Mai bis 11. Oktober 1851 dem Publikum präsentiert wurde. Später betrieb er ein Möbelgeschäft, in dem er seine Kundschaft mit einem großen Zylinderhut empfing, was ihm den Spitznamen Mad Hatter einbrachte.
Und nochmals die gesamte Alice in Wonderland Skulptur im Central Park New York – andere Perspektive
Wer hat den National Mad Hatter Day erfunden?
An dieser Stelle kommen wir somit auf die eingangs bereits genannte Zahlenkombination 10/6 zurück, die nach amerikanischer Schreibweise eben den heutigen 6. Oktober bezeichnet. Dies nahm im Jahr 1986 eine Gruppe von ITlern aus Boulder im US-Bundesstaat Colorado zum Anlass, dieses Datum fortan als einen Tag der Albernheit zu Ehren von Lewis Carroll und seiner Figur unter dem Namen Mad Hatter Day zu begehen.
Und dies mit einigem Erfolg, denn bereits 1988 erhielt dieser Tag des verrückten Hutmachers landesweite mediale Aufmerksamkeit und wurde in viele Kalender mit inoffiziellen Feiertagen aufgenommen. Neben dem Hobbit-Tag (engl. Hobbit Day) am 22. September gilt der Mad Hatter Day damit als einer der ältesten dokumentierte literarischen Feier- bzw. Gedenktage, was ihn zugleich auch zum Vorbild für vergleichbare Anlässe wie Tag der Tolkien-Lektüre (engl. Tolkien-Reading Day) am 25. März, den Star Wars Day am 4. Mai oder den Handtuchtag (engl. Towel Day) am 25. Mai) macht.
In diesem Sinne: Euch allen einen tollen Mad Hatter Day. Egal ob mit oder ohne Tee-Party.
Weitere Informationen zum Tag des verrückten Hutmachers am 6. Oktober
- Volltext von Alice im Wunderland auf Project Gutenberg.de (deutsch/englisch)
- Website der University of Adelaide: Text with illustrations by Tenniel (englisch)
- Lesenswerter Wikipedia-Eintrag zur Figur des Mad Hatter (englisch)
- Kristin Masters: Who Really Inspired Lewis Carroll’s ‚Alice‘ Characters? (englisch)