Der 1. August steht im Kalender der kuriosen Feiertage nicht nur für den World Middle Finger Day – Weltmittlefinger-Tag, sondern bietet zugleich auch eine musikalische Alternative. Denn heute feiern unsere US-amerikanischen Nachbarn den Tag des Kanons, den sogenannten Rounds Resounding Day. Ins Leben gerufen wurde dieser kuriose Feiertag des mehrstimmigen Gesangs bereits im Jahr 1987 von der US-Amerikanerin Gloria T. Delamar und der von ihr gegründeten Rounds Re-Sounding Society. Warum sie allerdings das Datum des 1. August gewählt hat, konnte ich im Zuge der Recherchen nicht herausfinden. Auf jeden Fall passt der Rounds Resounding Day ganz wunderbar in die Reihe thematisch ähnlicher kurioser Feiertage wie dem Tag der Oper (8. Februar), dem Internationalen Tag der Stimme – World Voice Day (16. April) oder dem Tag der Hausmusik (22. November). Um was also geht es beim heutigen Tag des Kanons?
Ein paar musiktheoretische Bemerkungen zum Kanon
Abgeleitet vom altgriechischen kanones (dt. Maßstab oder Regel) bezeichnet der Begriff des Kanons im Rahmen der mehrstimmigen Musik vor allem kontrapunktische Kompositionen, bei denen sich eine oder mehrere Stimmen in einer spezifischen Abfolge imitieren. D.h. hier leiten sich aus einer notierten Stimme mehrere simultan erklingende, vor allem aber nachfolgend einsetzende, harmonische Wiederholungen ab. Historisch gesehen steht der Kanon damit formal in enger Nähe zur Form der Fuge, die den Interpreten aber wesentlich mehr Spielraum in der Imitation der jeweiligen Stimmen lässt und sich nicht so streng an die Notation hält. Dementsprechend stellt die Konstruktion der Melodie auch besonders hohe Ansprüche an den Komponisten, denn er muss für eine übergreifende Harmonie sorgen bzw. das Fortführen der Stimmen gleich mitdenken.
Umso erstaunlicher ist es eigentlich das vielen der bekannten Kanons vor allem im Rahmen traditioneller Volks-, Kirchen und Arbeitslieder haben, deren auf den ersten Blick eigentlich relativ simplen Melodien auch problemlos im Format des Kanons getragen werden können. Der amerikanische Begriff des Rounds Resounding bezieht sich somit also auf das kontrapunktische Fortlaufen bzw. die Imitation der Stimmen und wurde seit dem späten 18. bzw. frühen 19. Jahrhundert durch die sogenannten Catch Clubs in Großbritannien und den USA tradiert. So verweist die Initiatorin des Rounds Resounding Day, Gloria T. Delamar, auf ihrer Website auch darauf, dass von 1969 bis 1975 die Catch Society of America aktiv gewesen sei. Und eben dies sei zugleich auch die Inspiration zur Gründung der Rounds Resounding Society im Jahr 1986 gewesen.