Den jeweils 2. Sonntag im Juni sollten sich Gartenfreunde und Kleingärtner in Deutschland rot im Kalender anstreichen, denn an diesem Datum wird bundesweit der sogenannte Tag des Gartens gefeiert. 2014 fällt dieser Aktionstag somit auf den heutigen 15. Juni und passt natürlich hervorragend in die Reihe thematisch ähnlicher Ehrentage für Pflanzen und Gärtnerei: Siehe dazu u.a. den Tag der Zimmerpflanzen am 10. Januar, den Pflanz-eine-Blume-Tag am 12. März, den Ehrentag der Pflanze am 13. April, den Ehrentag des Unkrauts am 28. März, den Europäischen Tag Parke am 24. Mai, den Gieß-eine-Blume-Tag am 30. Mai, den Tag der roten Rose am 12. Juni und schließlich den Tag des Weihnachtssterns am 12. Dezember. Hurra also für kuriose Feiertage mit Blumen.
Einige Hintergründe zum Tag des Gartens
Ins Leben gerufen wurde der Tag des Gartens bereits 1984 vom Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. (BDG) und seines damals amtierenden BDG-Präsidenten Hans Stephan mit dem Ziel, die Bedeutung des Gartens und der Gärtnerei stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Den Initiatorn ging es dabei vor allem um die folgende Aspekte: Zum einen den positiven Einfluss des Kleingartens und der Gartenarbeit auf die Physis und Psyche des Menschen, zum anderen um die städtebauliche, ökologische und soziale Bedeutung des Kleingartenwesens.
Der 2014er Auflage des Tag des Gartens am 15. Juni kommt dabei insofern eine besondere Rolle bzw. Bedeutung zu, als dass in diesem Jahr das 150-jährige Jubiläum des Leipziger Kleingärtnervereins Dr. Schreber ansteht, welches mit dem heutigen Aktionstag besonders gefeiert werden soll. Dementsprechend feiert der BDG in Zusammenarbeit mit zahlreichen Leipziger Bürgern, Politikern und natürlich Gartenfreunden das gesamte Wochenende rund um den 15. Juni im Zeichen dieses Jubiläums. Das Motto für 2014 lautet: 150 Jahre – und kein bisschen altmodisch. Natürlich beschränken sich der Tag des Gartens nicht nur auf Leipzig, sondern bundesweit nutzen Kleingärtner diesen Aktionstag, um über den urbanen Gartenbau zu informieren und ihre Kleingartenanlagen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Von Klostergärten, Schrebergärten und Urban Gardening
Vor diesem Hintergrund loht es sich weiterhin, einen Blick auf die historische Entwicklung von der Schrebergartenbewegung hin zum modernen Urban Gardening zu werfen. Zunächst ein paar Worte zur begrifflichen Definition eines Gartens: Ein Garten ist ein räumlich begrenztes Stück Land, auf dem Pflanzen unterschiedlichster Art angebaut und teilweise intensiv gepflegt werden. Im Gegensatz zu Parks und anderen öffentlichen Grünflächen werden Gärten meist privat genutzt. Sinn und Zweck ist oftmals weniger der Ertrag von Nutzpflanzen, als vielmehr die Nutzung als Raum der Erholung und Entspannung. Ein Garten kann Hobby, aber auch Ort der Kontemplation sein.
Pressefoto: Alexander Kluge © Markus Kirchgessner | Frankfurt – Germany
Nicht umsonst schreibt Alexander Kluge in seinem Text Gärten sind wie Brunnen (2011) dem Klostergarten des europäischen Mittelalters eine besondere Rolle als Hortus Conlusus zu, einem abgegrenzten Ort, der die zuvor skizzierten Aspekte vereint:
In der Mitte soclher Klöster gab es einen Garten, der wichtigere Teil davon verschlossen, und hier fanden sich die schönsten Pflanzen und die Heilmittel konzentriert. Gelehrte Brüder und befehlsgewohnte Äbte hielten sich dort zu ausgewählten Zeiten auf. Dieses Gärten waren nicht alltäglich [...]. Einen solchen Garten nennt man Hortus Conlusus, der Heiligen Jungfrau geweiht, aber auch offen für die Texte Homers, Ovids oder der Gnosis, wenn die Obrigkeit nicht aufpasst. [...] Ein moderner Mensch braucht beides: das Haus (die Höhle) und seinen Acker (die Horizonte). Von diesen beiden Notwendigkeiten unterscheiden sich die Gärten. Es gibt die offenen, die wie die englischen viel Natur aufnehmen, und die geschlossenen, wie die heiligen Haine Hölderlins. Anders als bei Äckern haben ihre Flächen nichts mit Nutzen zu tun. Von den Häusern und den Treibhäusern unterscheiden sie sich, weil sie keinen Zeitdruck kennen und auch ohne Menschen vorhanden sind. Sie warten dann eben. Sie sind auch ein spätes Echo des Paradieses, in dem die zwei Menschen dort lange nicht das Wichtigste waren. Die Gärten, die so verschieden sind wie ein Hortus Conclusus, ein Locus Amonenus, ein Garten voller Unkraut oder die Ruinengärten des 18. Jahrhunderts, gibt es als umbauten Raum, aber auch im Inneren des Menschen.
(Quelle: Alexander Kluge: Gärten sind wie Brunnen, aus: Text und Kritik XI/11, S. 5f.)
Mit dem Aufkommen der Schrebergärten wurde dieser Aspekt allerdings wieder stärker in Richtung Nutzgarten und dem Anbau von Gemüse, Obst und Kräutern verschoben. Inzwischen gehen nicht wenige Stimmen soweit, die Schrebergartenbeweung und das Kleingartenwesen als die Keimzeile des modernen europäischen Urban Gardering zu verorten.
Inwieweit dem zuzustimmen ist, lasse ich an dieser Stelle einmal dahingestellt, Fakt aber ist, dass bereits die frühen Schrebergärten unter der Prämisse standen, Grünflächen im städtischen Raum zur Verfügung zu stellen, auf denen u.a. Kinder spielen, Sport treiben und vor allem etwas über die heimische Fauna lernen können sollten. Soweit der Rückgriff ins 19. Jahrundert. In den 1970er Jahren betrat in New York eine Gärtnerbewegung die Bühne, die unter dem Schlagwort des Guerilla Gardening die heimliche Aussaat von Blumensamen als politischer Protest praktizierte. Anfänglich noch als radikale Spinner abgetan, scheint der Kerngedanke inzwischen immer mehr in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein. So erhält das sogenannte Urban Gardening gerade in den großen Metropolen der Welt einen immer größeren Zuspruch und es werden zahlreiche Versuche unternommmen, die vorhandenen städtischen Flächen (z.B. Dächer, Brachlandschaften usw.) im Sinne eines neuen ökologischen Bewusstseins dazu zu nutzen, vor allem Obst und Gemüse im urbanen Raum anzupflanzen.
Den Betreibern dieser städtischen Gärten geht es vor allem darum, die Nahrung dort herzustellen, wo man sie essen will. Eben in den Städten selbst. Auch wenn sich inzwischen eine ganze Reihe von Stadtplanern und Architekten mit dem Gedanken bzw. der Konzeption beschäftigen, wie solche Gartenstrukturen langfristig in das zukünftige Stadtbild integriert werden können, bleibt zunächst abzuwarten, was sich von diesem Versprechen ökologischer Nachhaltigkeit im urbanen Raum durchsetzen kann bzw. wird.
Weiterführende Links zum Tag des Gartens:
- Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. (BDG): www.kleingarten-bund.de (deutsch)
- Website des Deutschen Kleingärtner Museums: www.kleingarten-museum.de (deutsch)
- Interview mit Heike Boomgaarden: Reif für Obst und Gemüse auf enorm-magazin.de (deutsch)
- Constantin Wißmann: Urban Gardening: Stadtluft macht Blei auf spiegel-online.de (deutsch)
- Alexander Kluge: TEXT+KRITIK – Zeitschrift für Literatur Heft 85\86 – Neufassung November 2011, 155 Seiten (deutsch)