Tag der Toten – Dia de los Muertos

Zwischen dem 31. Oktober und 2. November wird in vielen Ländern der Welt mit recht unterschiedlichen Feiertagen den Verstorbenen gedacht. Während man im deutschsprachigen Raum mit Allerheiligen (1. November) und Allerseelen (2. November) zwei eher besinnliche Feiertage begeht, wird in den USA, Irland usw. das Halloween-Fest am 31. Oktober eher laut und lustig bzw. gruselig gefeiert. Bei näherer Betrachtung zeigt sich allerdings, dass sich auch Halloween vom All Hallows‘ Eve ableitet und im Prinzip nichts anderes als der Vorabend zu Allerheiligen darstellt. Die wohl ungewöhnlichste Variante des Allerseelen-Festes feiert man allerdings in Mexiko, wo am heutigen 2. November mit dem Dia de los Muertos, dem Tag der Toten, der Verstorbenen gedacht wird. Dieser Feiertag wurde 2003 von der UNESCO zum Meisterwerk des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit erklärt und ist somit Teil des Weltkulturerbes. Grund genug, für einen ausführlichen Bericht auf den kuriosen Feiertagen.

Kuriose Feiertage - 2.November - Dia de los Muertes-1 von wolves4moe aus La Mesa, USA (Flickr) [CC-BY-2.0], via Wikimedia Commons

Kuriose Feiertage – 2.November – Dia de los Muertes-1 von wolves4moe aus La Mesa, USA (Flickr) [CC-BY-2.0], via Wikimedia Commons

Ein geheimnisvolles Familienfest auf dem Friedhof

Wer das Glück hat, sich in der Zeit um den 2. November in Mexiko aufzuhalten, dem bietet sich ein zugleich bizarres und faszinierendes Schauspiel. Denn während des Dia de los Muertos ehren die Mexikaner jedes Jahr ihre Verstorbenen mit einem großen Familienfest. Und das auf so ziemlich jedem Friedhof des Landes. Inzwischen wird der Tag der Toten aber auch in vielen US-amerikanischen Städten mit großer mexikanischer Community begangen. Die Feierlichkeiten erstrecken sich über mehrere Tage und beginnen traditionell am 31. Oktober, um sich bis zum 2. November fortzusetzen. Bekannt sind vor allem die spektakulären Feiern auf der Insel Janitzio im Lago de Pátzcuaro, Tzinzunzan (Michoacán), Villa de Etla (Oaxaca), in Milpa Alta und vor allem in dem ca. 40 Kilometer von Mexiko-Stadt gelegenen Ort Mixquic. Vor allem nach Mixquic strömen jedes Jahr tausende von Besuchern. Aber was ist so besonders an diesem Fest? Auf den Friedhöfen und in den Wohnungen des Landes werden farbenfrohe Altäre mit Blumen, Girlanden, Kerzen sowie buntem Zuckerwerk geschmückt und die Familien versammeln sich zu einem gemeinsamen fröhlichen Picknick an den Gräbern der verstorbenen Verwandtschaft, um zu Essen, Trinken. Kurzum, der Dia de los Muertos ist ein Fest der Freude, welches in Europa allerdings keine Entsprechung hat.

Kuriose Feiertage - 2.November - Dia de los Muertes-2 von DavidGomezChiu (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Kuriose Feiertage – 2.November – Dia de los Muertes-2 von DavidGomezChiu (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Die Verbindung von indigener und christlicher Tradition

Grundlage dieses Feiertages ist die von den eingeborenen Völkern Mexikos stammende Vorstellung, dass die Geister der Verstorbenen am Dia des los Muertos ihre Familien und geliebten Menschen besuchen kommen. Im Rahmen dieser Mythologie stirbt eine Seele nicht, sondern verweilt am jenseitigen Ort des Todes (span. Mictlan) und kehrt jedes Jahr an einem bestimmten Tag auf Besuch ins Diesseits zurück, um dann mit den lebenden Verwandten zu feiern. Der Tod wurde in diesen Kulturen also nicht als Ende betrachtet, sondern das Leben selbst lediglich als eine Durchgangsstation zwischen verschiedenen Daseinsformen angesehen. Nach dem Kalender der Azteken fiel dieser Tag in den Zeitraum zwischen Ende Juli und Anfang August, wurde aber durch die christlichen Priester der Conquista während des 16. und 17. Jahrhunderts auf das Allerheiligen verschoben (span. Día de Todos Santos). Die Verschmelzung dieser beiden Traditionen führte dazu, dass die Mexikaner den Tag der Toten während der ersten beiden Tagen im November feiern und schließlich zur heutigen Form eines der wichtigsten Feste in Mexiko führte.

Die Familie kommt zusammen – tot und lebendig

Die Feierlichkeiten zum Tag der Toten stehen für viele Familien unter dem Motto: Das Beste ist gerade gut genug und dementsprechend nehmen viele auch hohe Kosten auf sich. Obwohl jede Familie diesbezüglich ihre eigene Vorgehensweise hat, ist allen gemeinsam, dass der Tag der Toten sehr ernst genommen wird, denn Schlimmes soll denen wiederfahren sein, die ihre Toten nicht gebührend gewürdigt haben. So werden die Gräber herausgeputzt und Altäre in den Wohnungen – wie eingangs beschrieben – mit Blumen, Kerzen, Girlanden dekoriert. Natürlich glaubt kein Mexikaner, dass die Toten tatsächlich aus ihren Gräbern kommen und es geht beim Dia des los Muertos auch nicht um eine direkte Kontaktaufnahme im Sinne einer übernatürlichen Erscheinung. Vielmehr steht das Gedenken an die Verstorbenen im Zentrum dieses Feiertages.

Totenköpfe, morbide Süßigkeiten und Skelette aus Papier

Neben der Dekoration mit Blumen und Kerzen spielen auch andere Symbole eine große Rolle am Tag der Toten. Viele Händler bieten im Vorfeld der Feierlichkeiten Gerippe und Schädel als Scherenschnitte, aus Plastik und Illustrationen an. So gelangten mexikanische Künstler wie zum Beispiel José Guadalupe Posada mit seinen Skelett-Karikaturen calaveras zu weltweiter Berühmtheit. In der Zeit rund um den Dia des los Muertos boomt aber vor allem die mexikanische Süßwarenindustrie: In vielen Städten offerieren riesige Märkte alle erdenklichen Gegenstände aus Zucker, die Regale der Supermärkte und Konditoreien füllen sich mit Totenköpfen aus Marzipan oder Zuckerguss, Skeletten und Särgen aus Schokolade sowie dem pan de Muerto, einem Kuchen, der mit Meriengen verziert wird, um ihm einen morbiden Knochenlook zu verpassen. Gerade die Totenköpfe scheinen dabei allgegenwärtig zu sein, sind aber weitaus mehr als bloße Dekoration. Denn auf die kleinen Zuckergussschädel, die an die Lieben verschenkt werden, wird der eigene Namen geschrieben. Hintergrund ist die Vorstellung, dass auch der Tod der Freundschaft und Liebe nicht anhaben kann, denn sie halten über diesen hinaus. Allerdings vertreten einige Ethnologen inzwischen auch die Auffassung, dass die bunten Totenköpfe lediglich Ausdruck des Versuchs seien, dem Tod seinen Schrecken zu nehmen.

Kuriose Feiertage - 2.November - Dia de los Muertes-3 von Tomascastelazo (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Kuriose Feiertage – 2.November – Dia de los Muertes-3 von Tomascastelazo (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Der Fahrplan zum Dia des los Muertos

Die Vorbereitungen zum Tag der Toten beginnen bereits im Oktober und folgen einem sehr genau definierten zeitlichen Ablauf, in dessen Rahmen jeder Tag zwischen dem 31. Oktober und 2. November seine eigenen Rituale hat:

31.Oktober: Während in vielen anderen Ländern Halloween gefeiert wird, baut man in Mexiko an diesem Datum die sogenannten Ofrendas in den Wohnungen und zum Teil auch an öffentlichen Plätzen auf. Diese sind dekorierte Gabentische oder Altäre, auf denen die Seele eines Toten all das wieder findet, was sie schon zu Lebzeiten erfreut hat. Darüber hinaus werden sie mit Fotos der Verstorbenen, Heiligenbildern und Kerzen geschmückt. Neben den Ofrendas ist auch das Anlegen eines Weges mit gelben Blütenblättern, den für die Jahreszeit typisch intensiv duftenden gelben Ringelblumen Cempasúchil ein typisches Merkmal des Dia des los Muertos. Begründung: Die Verstorbenen sollen die Farben Gelb und Orange besonders gut erkennen können. Dementsprechend dienen Sie als Wegweiser, damit die Toten auch ihre Ofrenda finden können.

1. November: Ab heute kehren die Verstorbenen für zwei Tage zu ihren Familien zurück und daher müssen bis zu diesem Datum die Vorbereitungen an der Grabstätte abgeschlossen sein. Ausnahme bilden hier die verstorbenen Kinder und Ungetaufte, die schon am 31. Oktober eintreffen um 12:00 Uhr eintreffen und lediglich 24 Stunden verweilen. Nach ihrer Ankunft sollen sich die Toten zunächst einmal an der Ofrenda von ihrer Reise erholen und stärken. Auf den Straßen herrscht zu diesem Zeitpunkt ein buntes Treiben und man feiert fröhlich den Tag der Toten.

2. November: Die Feierlichkeiten enden am Abend des 2. Novembers mit der Verabschiedung der Toten, die in der Regel bei Kerzenschein auf den Friedhöfen stattfindet und im Gegensatz zu den anderen Tagen eine reine Familienangelegenheit ist. Die Familie kommt am Grab zusammen, um dort gemeinsam zu singen und zu beten. Und obwohl diese Abschiedszeremonie auch eine Wiederholung der Bestattung des Verstorbenen darstellt, finden sich auch hier keine Trauer oder Schmerz wieder. Vielmehr ist ein Abschied auf Zeit, genauer gesagt für ein Jahr. Um Mitternacht ist das Fest dann beendet.

Weitere Infos im Internet gibt es unter:


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