Im Rahmen der kuriosen Feiertage haben wir ja bereits einige Aktions- und Ehrentage für technische Errungenschaften und Alltagsgegenstände im Programm gehabt: der Regenschirm-Tag (10 Februar), der Welttag des Radios (13. Februar), der Tag des Radios in Russland (7. Mai), der Tag der Sonnenbrille (27. Juni) oder der Welttag des Fernsehens (21. November) – um an dieser Stelle nur einige Beispiele zu nennen. Am heutigen 29. Juni geht es – auch in thematischer Fortführung des Tag der Lochkamera-Fotografie (immer am letzten Sonntag im April) – um die Fotografie. Genauer gesagt um die Kamera, die in den USA heute mit dem Tag der Kamera (engl. National Camera Day) gefeiert wird.
Auch wenn mal wieder nicht ganz klar ist, vom wem dieser Ehrentag der Kamera ins Leben gerufen wurde, seit wann er begangen wird und warum die Wahl des Datums ausgerechnet auf den 29. Juni gefallen ist, scheint es doch relativ eindeutig, wie dieser National Camera Day angemessen zu begehen ist. Genau, nämlich indem man die Kamera zur Hand nimmt und Fotos macht.
Eine kurze Geschichte der Kamera und ihrer Entwicklung
Zunächst ein paar Anmerkungen zur Funktionsweise einer Kamera bzw. eines Fotoapparats, der/die wesentlich aus 3 wesentlichen Bestandteilen besteht: einer Linse (zur Bündelung des Lichts und Projektion auf eine Bildebene = Objektiv), einem Verschluss (mechanisch oder elektronisch zur Steuerung der Belichtungsdauer) und einer Blende (Steuerung des Lichteinlasses). Insofern lässt sich an dieser Stelle zunächst festhalten, dass die historische Entwicklung der Kamera sich primär aus den physikalischen Erkenntnissen der Parallelität von Film- (F), Objektiv- (O) sowie der Schärfeebene (S) ableitete. Dies gilt nach wie vor auch noch für alle modernen Fotoapparate. Darüber hinaus gibt es noch eine weitere Konstante: Auch wenn die meisten Kameras heute ihre Fotos bzw. Bilder digital erzeugen, basieren sie immer noch auf dem Prinzip der Camera Obscura (dt. dunkle Kammer), welche zugleich Namensgeber der gesamten Gattung Kamera ist. Zwar verfügte diese Lochkamera noch nicht über ein Speichermedium zur Bildaufzeichnung (chemischer Film, digitaler Speicher) und hatte anstelle eines Objektivs lediglich eine kleine Öffnung, mit der das Bild auf eine Fläche projiziert wurde.
Die Erfindung der Daguerreotypie und ihre Folgen
Dementsprechend verwundert es auch nicht, dass die ersten, explizit für die Fotografie konstruierten Fotoapparate wesentlich Camerae obscurae aus Holz waren, deren Funktionsweise wesentlich auf den Experimenten und Entdeckungen des französischen Malers und Erfinders Louis Jacques Mandé Daguerre (1787 – 1851) basierten. Daguerre hatte mit der sogenannten Daguerreotypie 1839 ein Verfahren entwickelt, welches es erstmals erlaubte, ein per Kamera erzeugtes Bild dauerhaft auf einem Medium festzuhalten. Dieses waren spiegelglatt polierte, versilberte Kupferplatten (0,65 bis 0,75 mm Stärke), deren einmalige Belichtung ca. 30 Minuten dauerte. Entsprechend folgten schon bald erste Fortschritte im Bereich der Bildmedien. So entwickelte der Amerikaner Hamilton Smith 1856 das wesentlich kostengünstigere Direktpositiv-Verfahren der Ferrotypie (Blechfotografie) und bereits 1888 folgte der erste Film, der von George Eastmann unter dem Namen Kodak vertrieben wurde. Parallel dazu wurde aber auch die Weiterentwicklung der eigentlichen Kameras vorangetrieben. So konstruierte der deutsche Physiker, Astronom und Optiker Carl August von Steinheil (1901 – 1870) im direkten Anschluss an Daguerre ebenfalls 1839 das erste nach physikalischen Prinzipien berechnete Objektiv, welches 1840 von dem slowakischen Mathematiker Jozef Maximilián Petzval (1807 – 1891) wesentlich weiterentwickelt wurde. Dieses sogenannte Petzvalobjektiv war das erste lichtstarke Kamera-Objektiv (1:3,7 – damit 16-mal lichtstärker als ursprüngliche Objektiv der Kamera von Daguerres), welches somit fortan wesentlich kürzere Belichtungszeiten ermöglichen sollte. In diesem Zusammenhang muss natürlich auch der deutsche Unternehmer Friedrich Wilhelm Enzmann (1802 – 1866) genannt werden, der wesentlich die Massenproduktion von Fotoapparaten außerhalb Frankreis auf den Weg brachte.
Der Siegeszug des Fotoapparats im 20. Jahrhundert
Im Verlauf des 20. Jahrhunderts wurden die Kameras immer kompakter und leistungsfähiger. Beginnend mit der 1925 auf den Markt gebrachten 35mm-Modell Leica I betraten in den Folgejahren eine ganze Reihe von Konkurrenten die Bühne, deren Spiegelreflexkameras die zukünftige Markentwicklung dominieren sollten. Hier sind vor allem Kodak mit der Retina I (1934), Argus mit der Argus A (1936) und natürlich auch die großen japanischen Hersteller zu nennen. Hier machte 1936 Canon den Auftakt. Einen deutlichen Popularitätsschub erhielten die japanischen Modelle vor allem durch die amerikanischen Kriegsveteranen, die während des Korea-Kriegs in Japan stationiert waren und die 35 mm-Kameras mit in die Heimat brachten. 1948 erblickte dann mit dem von dem US-Amerikaner Edwin Herbert Land (1909 – 1991) entwickelten Polaroid-Format die erste Sofortbildkamera das Licht der Welt.
Der Beginn des Zeitalters digitaler Kameras
Bis in die 1990er Jahre sollte die oben skizzierte Entwicklung den Markt der Kameras wesentlich dominieren. Zwar wurde im Laufe der Jahre eine ganze Reihe von mechanischen und optischen Verbesserungen eingeführt, das Prinzip der analogen Spiegelreflexkamera sollte jedoch wesentlich gleich bleiben. Erst das Aufkommen des digitalen Fortschritts sollte dies grundlegend ändern. Hier sind vor allem die 1989 von Fuji entwickelte DS-X Digitalkamera und die 1991 von Kodak produzierte DSC-100 zu nennen. Beide Kameras wurden zunächst ausschließlich in Japan verkauft, in den USA war es 1990 die Dycam 1. Natürlich waren diese Modelle im Vergleich zu den heutigen Sensoren und Auflösungen noch recht primitiv, mit der Zeit sollte hier der technische Fortschritt zu einer immer größeren Akzeptanz in der weltweiten Foto-Community sorgten. Zum einen wurden die Geräte immer billiger, zum anderen bedeutete die Einführung der digitalen Komprimierungsstandards JPEG und MPEG 1988 einen entscheidenden Schritt in Richtung leistungsfähiger digitaler Bildspeicherung.
Mit der Einführung der Nikon D1 im Jahr 1999 kam dann die erste digitale Spiegelreflexkamera eines renommierten Herstellers auf den Markt, die ein kommerzieller Erfolg wurde. Nikons Schachzug, an dieser neuen Kamera auch die bisherigen Objektive der Analog-Kameras verwenden zu können (F-Bajonet), hat hier sicherlich eine gewichtige Rolle gespielt. Inzwischen ist die Entwicklung aber noch einen Schritt weitergegangen. So haben die Spiegelreflexsysteme inzwischen Konkurrenz von den sogenannten spiegellosen Systemkameras und natürlich auch den Smartphones bzw. Tablets erhalten. Gerade letztgenannte Gruppe hat hinsichtlich der Leistung ihrer eingebauten Kameras ordentlich zugelegt. Wir werden sehen, was uns die Zukunft noch bringt (…)
In diesem Sinne: Euch allen einen tollen Tag der Kamera.
Weitere Informationen zum Tag der Kamera
Angesichts der schieren Zahl an Fotografie-Blogs im Internet, werde ich an dieser Stelle eine rein subjektive Auswahl listen. Wenn Eurerseits noch weitere Empfehlungen gibt, immer her damit. Folgende Seiten habe ich jedenfalls auf dem Schirm:
- Das deutsche Online-Magazin: kwerfeldein.de (deutsch)
- Patrick Ludolf: neunzehn72.de (deutsch)
- Mindy Véissid: The Art of Intuitive Photography (englisch)
- Gunther Wegner: gwegner.de (deutsch)