Die Nacht in Muxía endet früh – eigentlich hatten wir vor, den Bus um 14:30 Uhr nach Santiago de Compostela zu nehmen und wollten den Vormittag in der Küstenstadt und am Strand verbringen. Da die Wettervorhersage aber nichts Schönes anzukündigen wusste, haben wir uns am Vorabend für den frühen Bus um 6:45 Uhr entschieden. So konnten wir den Tag noch in Santiago verbringen und dazu noch eine Camino-Bloggerin treffen, mit der ich schon seit Monaten über unsere Blogs und Facebook in Kontakt stehe.
Für Interessierte und all jene, die (wenigstens halbwegs) Niederländisch verstehen, schaut doch mal im Blog von Gert vorbei, er ist noch immer unterwegs: Wandelblog van Gert
Wir wussten vom Vorabend um eine Bushaltestelle im Hafen, waren uns aber nicht 100%ig sicher, ob wir da richtig sind, sodass wir viel zu früh eintreffen, so aber viel Zeit zum Abschied nehmen von Muxía haben. Das Meer rauscht in greifbarer Nähe, die Möwen kreischen über uns, der wilde Himmel zeigte uns zwischen dicken Wolken die aufgehende Sonne, bevor er sie wieder versteckt. Ein mystisch-blauer Morgen, wie er so nur zu Muxía passen kann. Die Abfahrtszeit rückt näher, es treffen weitere Fahrgäste ein und der Bus ist überpünktlich. Gert und ich haben uns vorgenommen, die Busfahrt voll zu nutzen, um endlich in unseren Blogs voran zu kommen. Doch kaum sitzen wir, erschlägt uns die bleierne Müdigkeit und beide schlafen wir fast durchgängig, bis wir das Stadtgebiet von Santiago de Compostela erreichen. Der Weg vom Busbahnhof bis zu unserer Herberge fühlt sich komisch an und doch laufen wir ihn strahlend. Es ist der Camino, auf dem wir vor wenigen Tagen zusammen mit Klarina in die Stadt eingelaufen sind und auch jetzt entdecken wir viele Rucksäcke und lauschen den Geräuschen der Trekking-Stöcke auf dem Asphalt. Die Blicke vieler Pilger landen auf unseren Füßen – da es heute keine langen Laufstrecken zu bewältigen gibt, haben wir uns am Morgen für Tevas
Wir haben Hunger und entscheiden uns für die Bar, in der wir schon mit Klarina das Abschiedsfrühstück genossen haben – der Kaffee war großartig, die Bocadillos lecker und das Brot war mal etwas anderes als der ewigselbe Weißbrot-Kram. Als es endlich 10 Uhr schlägt, machen wir uns auf zur Herberge Azabache, um abermals unsere Rucksäcke los zu werden. Auf dem Weg zur Herberge, direkt nach dem Tunnel der Kathedrale, stößt Gert mich an und raunt nur: „Schau mal, da links!“. Ich sehe in die genannte Richtung und erschrecke mich: Es ist besagte Bloggerin, die gerade auf dem Weg zur Praza do Obradoiro ist. Da laufen drei Menschen durch diese riesige Stadt und treffen zufällig (?) aufeinander. Gert kannte sie bisher nur von ihrem Profilbild auf Facebook und hat sie direkt erkannt – das ist so unglaublich. Wir drücken uns, wechseln ein paar Worte und verabreden uns für den Abend zum Essen. Was für ein wunderbares Glück: Ich folge ihrem Blog schon seit Monaten und bin begeistert von ihrer Art zu schreiben, ihren Bildern und wie sie es schafft, die Magie des Caminos festzuhalten und zu projizieren. Da sie ihre Leser aktuell aber noch im Unklaren darüber lässt, wie sich ihr diesjähriger Camino entwickelt hat, verrate ich an dieser Stelle weder Namen noch Webadresse. Diese werden in einem gesonderten Beitrag folgen, wenn sie sich auch ihrer Leserschaft offenbart.
Wir steigen also in der gleichen Herberge ab wie vor unserem Camino de Fisterra: Hier wissen wir, was wir haben, Duschen und Betten sind super und die Lage kann einfach nicht besser sein. Außerdem lagern hier einige Dinge, die wir auf dem Weg ans Ende der Welt nicht benötigt haben. Da die Herberge aber erst Mittags wirklich öffnet, werfen wir also nur die Rucksäcke in den Aufenthaltsraum und verkrümeln uns in die Stadt. Gert muss noch Geschenke und Mitbringsel besorgen, allerdings möchten wir nicht den ganz schlimmen Touri-Quatsch kaufen, sodass sich die Suche nach schönen Dingen etwas hinzieht. Als es 12 Uhr schlägt, kehren wir zur Herberge zurück, um uns ein wenig hinzulegen.
Es ist erstaunlich, wie schnell der Körper doch herunterfährt, wenn er nicht gefordert wird. Tage-, wochen- und monatelang laufen wir jeden Tag mindestens 20km, oft weitaus mehr. Wir stehen früh auf, stärken uns und laufen über Stunden hinweg bis in den Nachmittag hinein. Wenn uns keine Wehwehchen plagen und keine Blasen uns vom Weitergehen abhalten, kommen wir sogar halbwegs fit an unserem Tagesziel an. Wir funktionieren einfach und es geht uns gut dabei. Kaum ändert sich an diesem Rhythmus aber etwas, sind wir wie erschlagen. Wenn wir gewollt hätten, hätten Gert und ich den gesamten Tag verschlafen. Das kann aber ja niemand wollen, sodass wir uns am mittlerweile sonnigen Nachmittag aufraffen, um ein nettes Lokal zu finden und dort ein wenig an unseren Blogs weiter zu arbeiten (höhö).
Wir werden fündig und lassen uns auf einem traumhaften kleinen Platz nieder, genießen kalten Sangria, essen Ziegenkäse mit Blaubeermarmelade und fühlen uns ein wenig wie kleine Kinder mit blauverschmierten Mündern. Die Sonne wärmt Körper und Herz ganz wunderbar und es ist trotz umtriebiger Touristen, langsamer Kellner und lauter Stimmen ein ruhiger, ungehetzter und berührender Abschied von der Stadt und dem Camino, der sich da langsam einstellt.
Später am Abend findet das angekündigte Blogger-Dinner statt: Drei Camino-Blogger aus drei unterschiedlichen Ländern. Es macht Spaß, wie wir uns austauschen, wie wir unsere unterschiedlichen Beobachtungen, Erlebnisse und Gefühle beschreiben und abermals ist es fast schon schockierend, wie schnell extrem persönliche Dinge auf den Tisch gebracht werden. Persönliche Gedanken, über die man zu Hause lange nachdenkt, bevor man guten Freunden davon erzählt.
Hier ist die Connection einfach da.
Die wunderbare Camino-Connection.
P.s.: Danke fürs Lesen, ihr Lieblings-Leser!