Da dieser Morgen der letzte mit Klarina ist und sie am heutigen Abend von Santiago de Compostela aus nach Hause zurück fliegt, lassen wir uns Zeit und frühstücken noch einmal schön miteinanderm bis sie Gert und mich noch bis an den Rand des Stadtzentrums begleitet.
Nach dem letzten Fab3-Selfie auf dem Camino muss sie leider zurück und wir machen uns zu zweit auf den Weg.
Auf Wald- und Feldwegen geht es aus der Stadt hinaus und es tut unheimlich gut, wieder diese schönen Wegweiser und Markierungen zu sehen. Wieder einmal sind wie beide im gleichen Tritt, das nebeneinander Laufen funktioniert ausgesprochen gut und immer vor sich hinquasseln ist auch nicht nötig. Es passt einfach ganz wunderbar und ich freue mich auf die kommenden Tage (und Monate und Jahre). So schön es mit Gertje ist, so sehr vermissen wir beide Klarina aber jetzt schon. In jedem Gedanken und jeder Anekdote steckt so viel Liebe – dass ich dankbar bin für diese Begegnungen wisst ihr schon. Wie dankbar, kann ich nicht in Worte fassen!
Der heutige Weg ist eine Mischung aus allem: Schöne Waldwege, harte Asphaltstraßen, gleichmäßiges Auf und Ab und wilde Anstiege. Einer macht mir wirklich sehr zu schaffen, was allerdings auch der mangelnden Flüssigkeitszufuhr zuzuschreiben ist. Mehr aber noch, dass ich versuche ihn in einem Tempo zu meistern, das nicht meins ist. Wie immer überlebe ich aber doch und ich schreibe Nancy eine Nachricht, wo sie steckt. Wir wissen, dass sie auch am Morgen Richtung Negreira unterwegs ist, allerdings liest und antwortet sie nur, wenn sie ein offenen WLAN erwischt. Nur wenige Minuten später piepst mein Handy: Sie befindet sich in einem tollen Restaurant am Fluss in Ponte Maceira und würde gerade zu Mittag essen. So, unfassbare Camino-Zufälle: Zu diesem Zeitpunkt sind wir knappe 200 Meter vom Ortseingangsschild von Ponte Maceira entfernt! Wir gesellen uns also zu ihr, bestellen einen Burger, erwarten wenig und werden sowas von mit einem lukullischen Mahl überrascht, dass wir beinahe ausrasten.
So schön dieser Ort ist und so sehr es uns nach einem weiteren Getränk diesem Fluss sehnt – es stehen uns noch etwas mehr als 4km bevor, die Hitze drückt extrem und wir möchten gerne ankommen. Für Negreira habe ich ebenso wie für die nachfolgenden Orte Olveiroa, Finisterre und Muxía für Gert und mich reserviert, sodass wir stressfrei und beruhigt unserem jeweiligen Tagesziel entgegen marschieren können. Aber trotzdem zieht der Gedanke an eine kalte Dusche doch schon sehr. Zu dritt erreichen wir die Herberge, werden auf Deutsch begrüßt und verkrümeln uns direkt. Duschen, relaxen und nach einer Stunde machen wir uns zu Dritt auf, die Ankunft gebühren mit einer Kaltschale zu feiern. Währenddessen läuft eine Waschmaschine, die wir uns teilen, der Besuch eines Supermarkts steht ebenso noch an, da keiner von uns auf ein schlechtes Menu del Dia Lust hat und wir lieber ein bißchen Schinken, Käse, Salat, Brot und Wein auf der Terrasse der Herberge genießen. In eine Apotheke muss ich auch noch, ich brauche dringend Fenistil – der erste schockierte Gedanke des gestrigen Tages war „Bitte nicht schon wieder Bettwanzen!“ – letztendlich werden es aber zwei Spinnenbisse oder sowas sein, die an Hals und Unterarm arg anschwellen.
Wir genießen den gemeinsamen Abend mit Nancy, haben und für tolle Leckereien und schönen Wein entschieden, führen abermals die für den Camino so typischen, tiefgreifenden Gespräche, obwohl man sich ja gar nicht so lange kennt.
Ein recht kurzer Lauftag geht gesellig zu Ende, uns stehen nun aber drei 30km Tage bevor, sodass ein entspannter Einstieg gerade mir, die nun über zwei Wochen nicht ihre täglichen Kilometer geschrubbt hat, ausgesprochen gut tut.
Es ist ein komisches Gefühl, ohne Klarina unterwegs zu sein; es ist ein unfassbar schönes Gefühl, mit Gert unterwegs zu sein.
Im Vermissen steckt so viel Liebe…
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