In Österreich wird man sich darauf einstellen müssen, länger zu arbeiten. OECD-Pensionsexperte Christopher Prinz geht von einem Anstieg des Pensionsantrittsalters aus. Im Interview mit dem „Standard“ (Donnerstag-Ausgabe) spricht sich Prinz für eine Pensionierung mit 70 aus. Nur dann sei das System weiter finanzierbar.
Prinz sieht im Antrittsalter keine „Horrorzahl“. In vergleichbaren europäischen Ländern arbeiteten die Menschen um sieben Jahre länger. Die starke Generation, die Anfang der 60er Jahre geboren ist, müsse „nicht nur ein bissl länger arbeiten, sondern dringend bis 65, damit sich die Pensionen finanzieren lassen“. Für Jüngere sieht Prinz einen höheren Anstieg des Antrittsalters. „Sie werden in Zukunft natürlich bis 70 arbeiten müssen“, ist Prinz im „Standard“ überzeugt. Das sei aber in keiner Weise bedrohlich. „Sie leben ja auch bis 95.“ Nirgendwo in Europa sei die Lebenserwartung so stark gestiegen wie in Österreich.
„Alles hängt von der Praxis ab“
„Es klebt bei Männern bei 59 Jahren und bei Frauen bei 57 Jahren“, so Prinz weiter. Möglichst früh in Pension zu gehen sei tief in der österreichischen Seele verankert. „Da spielen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber gegenseitig in die Hand.“ Die Reformen seien an sich nicht falsch gewesen, sondern es fehle der politische Wille, sie zu leben.
Die nun eingeleiteten Reformen, die Hacklerregelung auslaufen zu lassen und gesundheitlich angeschlagene Leute zu rehabilitieren und in die Arbeitswelt wieder einzugliedern, hält er für den richtigen Weg. Doch alles hänge von der Praxis ab. Und da zeigt sich Prinz skeptisch. Er befürchtet, dass „die Leute einfach das Gleiche bekommen, nur eben unter dem Titel Rehabilitationsgeld statt Invaliditätspension.“ Weitere Einschnitte würden fehlen.
Höhere Abschläge für Frühpension gefordert
So sind für Prinz die Abschläge für die Frühpension immer noch zu niedrig. „Sie müssten bei sechs bis sieben Prozent pro Jahr liegen“, so der Pensionsexperte im „Standard“. Trotz der massiven Einbußen geht Prinz davon aus, dass das für viele reiche, um sich möglichst rasch aus dem Arbeitsmarkt zurückzuziehen. „Der Wert der Freizeit wiegt für die Leute die Verluste auf“, so Prinz. Doch auch die Arbeitgeber verhielten sich entsprechend. Sie stellten ältere Arbeiter entweder nicht an oder versuchten sie so früh wie möglich wieder loszuwerden.
Gegen diese Tendenz schlägt Prinz eine Pönale für Betriebe vor. Wenn ein Unternehmen Mitarbeiter in die Frühpension schicke, solle es auch einen Teil der Kosten tragen. „Und zwar so viel, dass es schmerzt.“ Doch auch die Lohnkurve sei dabei ein Problem. Ältere Mitarbeiter verdienten um 60 Prozent mehr als ein Junger, der frisch ausgebildet auf den Arbeitsmarkt komme.