Der Bürgerkrieg in Syrien dauert nun schon über ein Jahr an und noch immer hat sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nicht zu einer Resolution durchgerungen. Russland und China verhindern jeden gemeinsamen Beschluss, denn beide Nationen verfolgen eigene Interessen. Sie sind Partner des Assad-Regimes, liefern Waffen, handeln mit Öl und wollen ihren Einfluss in der Region sichern und ausbauen. Die USA, ein anderes Mitglied des Sicherheitsrates, haben ebenfalls in den Konflikt eingegriffen und versorgen die Aufständischen mit Waffen und Geheimdienstinformationen. Damit nicht genug, auch die Türkei, Saudi- Arabien, Katar und der Iran sind beteiligt, sie unterstützen ihre jeweiligen politischen Partner bzw. ihre Glaubensbrüder mit Geld, Waffen, Informationen und Logistik.
Der Konflikt wird damit keinesfalls gelöst, im Gegenteil, die Kämpfe werden verlängert, der Blutzoll, den die kämpfenden Parteien und die Zivilbevölkerung zu entrichten haben, erhöht sich.
Vielleicht wird sich der Konflikt sogar ausweiten, im Libanon kam es bereits zu Bombenanschlägen und Kämpfen verfeindeter Milizen. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich ein regionaler Konflikt zu einem Flächenbrand ausweitet. Die Vereinten Nationen sind die Nachfolgeorganisation des Völkerbundes, der von 1920 bis 1946 existierte und maßgeblich für die Entstehung des Zweiten Weltkrieges verantwortlich war – nur leider ist dieser Teil der Geschichte heute in Vergessenheit geraten.
Gegründet wurde der Völkerbund "zur Förderung der Zusammenarbeit unter den Nationen und zur Gewährleistung des internationalen Friedens und der internationalen Sicherheit" (Auszug aus der Satzung).
Doch schon von Anfang an wurde der hehre Grundsatz unterlaufen, die Siegernationen des Ersten Weltkriegs, vor allem Britannien und Frankreich, nutzten den Völkerbund, um rücksichtslos ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Das lässt sich schon an der Personalpolitik ablesen. Der erste Generalsekretär hieß James Drummond (1920 - 1933) und war Brite, der zweite hieß Joseph Avenol (1933 bis 1940) und war Franzose. Diplomaten aus neutralen Nationen, etwa Schweden oder der Schweiz, durften nie ein hohes Amt bekleiden – von solchen aus den Verlierernationen ganz zu schweigen.
Dadurch kam es zu teils bizarren Entscheidungen. Es sind zu viele, um sie hier alle aufzuzählen. Deshalb nur ein besonders krasses Beispiel: Die Behandlung der sudetendeutschen Minderheit in der damaligen Tschechoslowakei. Ab 1918 wurden die Sudetendeutschen unterdrückt und vertrieben, u.a. mittels einer so genannten "Bodenreform". Dr. Karel Vischkofsky, tschechischer Bodenamtspräsident, bezeichnete sie als ein "Werk der politischen Vergeltung und Wiedergutmachung des den Tschechen nach der Schlacht am Weißen Berg (1620) zugefügten Unrechts". In Böhmen allein wurden 1.068.601 Hektar landwirtschaftlichen Bodens enteignet und an 270.966 tschechische Bewerber verteilt. Die verbleibenden 1282 Restgüter wurden zu Spottpreisen an die Günstlinge Vischkofskys verteilt (Quelle: Dieses Land schläft einen unruhigen Schlaf S. 72). Aufgabe des Völkerbunds wäre es gewesen, für eine Achtung der Minderheitenrechte zu sorgen. Stattdessen lehnten Briten und Franzosen jede Bitte um Hilfe ab. Ursache war das Bestreben, die befreundete Tschechoslowakei zu unterstützen und gleichzeitig die deutsche Bevölkerungsgruppe (die traditionellen "Feinde") zu schwächen. Dadurch kam es (neben vielen weiteren Faktoren) zu einer Radikalisierung der deutschen Minderheit.
Interessanterweise sind diese und zahllose ähnliche Informationen heute nicht mehr zugänglich. Viele Ereignisse der Jahre 1918 bis 1933 sind mit einem Tabu belegt, wohingegen die Phase zwischen 1933 bis 1945 genauestens erforscht ist.
Aus dieser historischen Erfahrung lassen sich nur zwei Forderungen ableiten:
1. Wir müssen ehrlich sein gegenüber ALLEN Aspekten unserer Wirklichkeit. Wir müssen die gesamte Geschichte erzählen – nicht nur die Teile, die wir als gut oder wahr empfinden.
Wer Informationen unterdrückt verhindert den Lernerfolg.
2. Wir müssen gerecht sein gegenüber ALLEN Menschen. Wir dürfen nicht nur diejenigen unterstützen, die wir als unsere politischen und wirtschaftlichen Partner oder unsere Glaubensbrüder ansehen. Allen muss geholfen werden. Wer Menschen zu Feinden erklärt, wird Feindschaft ernten.