Sweet Tooth Volume 1 – Out of the Woods

Erstellt am 17. Dezember 2015 von Tarankino

Vor nicht allzu langer Zeit habe ich ein neues Medium für mich entdeckt: den Comic. Lange an mir vorbeigegangen und eher Randerscheinung, in der Popkultur oft abgetan als Nerdkram oder Unterhaltung für Kinder, stand letztes Weihnachten dann ein doch recht spezieller Wunsch auf der Wunschzettel.
Batman The Court of Owls wurde mein erster Kontakt zu dieser neuen Welt – und ich ziemlich begeistert. Schnell war ich angetan von kunstvollen Zeichnungen, dem Ausdruck, den dieses Medium – wie vielleicht kein anderes – schaffen kann. Ein Hybrid aus Buch und Film, angenehm in der Handhabung und irgendwie einfach faszinierend.

Mit der Zeit ist die Neugierde größer geworden, ich wollte Geschichten abseits von Superhelden erleben, gucken was das Comicuniversum zu bieten hat. Was soll ich sagen? Die Auswahl ist gigantisch, so gigantisch sogar, dass man als Neuling förmlich erschlagen wird von verschiedensten Serien von unbekannten Künstlern, Paralleluniversen und Bandreihen, die mit etlichen Ausgaben schon keine andere Bezeichnung mehr zulassen als die eines Epos.
Über kurz oder lang bin ich auf Sweet Tooth gestoßen, hab nicht viel mehr gesehen, als das besonders interessant gestaltete Cover und habe blind bestellt; ich wurde nicht enttäuscht.

Sweet Tooth führt uns in eine postapokalyptische Welt. Zivilisation, wie wir sie kennen, gehört der Vergangenheit an, der Junge Gus lebt zusammen mit seinem Vater in abgelegenen Wäldern.
Gus ist allerdings alles andere als ein gewöhnlicher Junge, er ist ein sogenannter Hybrid – eine Kreuzung aus Mensch und Tier.
In diesem Fall hat sich das Antlitz eines Rehs in das Erscheinungsbild gemogelt, nun sind diese Hybride auch in der endzeitlichen Welt von Sweet Tooth nicht gerade alltäglich. Allein eine handvoll der jungen Generation gehört dieser außergewöhnlichen Spezies an, die Verbliebenen werden geradezu als Trophäe geschossen und leben so in ständiger Gefahr.
Einer Gefahr, die der junge Hybrid erst kennenlernen muss, als das Leben seines Vaters ein abruptes Ende nimmt. Gus sieht sich gefährlichen Feinden gegenübergestellt, lernt dabei aber auch den undurchschaubaren Jeppard kennen und muss sich so entscheiden welchen Weg er einschlagen möchte. Zu guter letzt schließt er sich dem Berserker an und steht so am Anfang eines richtigen Abenteuers.

Der unfassbar naive und liebenswerte Gus wächst einem schon auf den ersten Seiten unglaublich ans Herz. Das Verlangen nach sozialer Nähe und Unterstützung in einer Welt, die so überhaupt nicht zu der Leichtgläubigkeit unseres Schützlings passen möchte, schafft schnell eine emotionale Bindung zu dem Jungen. Die Absichten des augenscheinlich guten und unglaublich muskelbepackten Samariters Jeppard sind indes nicht vollends klar, ob er Gus letztens selbst entführt oder doch sein Leben rettet und ihn, wie versprochen, zu einer Zuflucht für Hybride namens ‘The Preserve’ bringt, ist nicht immer vorherzusagen, auch wenn sich im Laufe der Geschichte mehr und mehr eine gewisse Ahnung breitmacht.
Dass Jeppard den kleinen Jungen eben mit den in dieser Welt so seltenen Tafeln Schokolade überzeugen kann, mit ihm den Weg zu teilen, ist ein netter Seitenhieb. Was soll man sagen? Kids will be Kids.
Den oft angestrebten Vergleich mit der momentan wieder voll durchstartenden Welt von Mad Max verstehe ich nicht ganz, große Parallelen sehe ich nicht. Ein leichtes, unterschwelliges Westernfeeling kommt jedoch auf. Der harte, fast rustikale Stil geht eine wunderbare Verbindung mit der Handlung ein, schafft so ein stimmiges Gesamtwerk.
Müsste ich einen filmischen Vergleich an Land ziehen, so käme The Road mit Viggo Mortensen dem hier wohl am nähsten.

Out of the Woods ist kurzweilige Unterhaltung, die einfach schlicht Spaß macht. Das Lesetempo ist unglaublich hoch, so dass man nach gut anderthalb Stunden erstaunt aufschaut und sich wundert, wo die Zeit geblieben ist. Wenn Band 1 sein Ende dann erreicht, ist man fast gewollt, sich die Schuhe anzuziehen und in die Stadt zu eilen, um Band 2 den schnellstmöglichen Weg ins Haus zu geleiten.
Apropos: Genau dieser liegt bereits parat und wartet darauf, gelesen zu werden.

Bewertung: 4/5


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