Swans
Support: Pharmakon
Feierwerk, München, 1. November 2014
Zuvor war er wieder eine Zeit unterwegs, machte sich ein wenig auf der Bühne zu schaffen, versorgte sich an der Bar und fast hätte man erwartet, der Mann an der Tür würde ihn noch nach seinem Einlassstempel fragen – kein Kreischen, kaum einen Raunen, allenfalls ehrfürchtiger Respekt. Dabei ist Michael Gira, einzig noch verbliebenes Gründungsmitglied der Swans, mit seinen sechzig Jahren wohl das, was man eine lebende Legende nennt. Seit über drei Jahrzehnten verkörpert der Mann die musikalische Unangepasstheit, zelebriert er die Katharsis des Lärms, No Wave, Post Rock, Noise, Punk, whatever. Wer an diesem Abend gekommen war, der wusste, es würde laut werden – nervöses Nesteln an den Ohrstöpseln allenthalben, kaum dass ein Ton durch die Boxen drang, Spannung, Erwartung, Ruhe vor dem Sturm. Als Gira das Konzert dann begann, musste sich Thor Harris schon die ersten Schweißperlen von der Stirn wischen – er hatte für „Frankie M“ schon zehn Minuten am Gong absolviert und würde den Abend als Jüngster der Mannschaft entkräftet, aber glücklich mit nacktem Oberkörper beenden.
Weitere zehn Minuten später und noch immer beim selben Stück schenkten Gira und seine Mitstreiter dem Publikum ein erstes Riff, einen harten Beat, der den Neuling über eine halbe Stunde trug. Es kam also wie gewünscht und erwartet, denn gerade mit den letzten drei Alben der neu formierten Band hatte Gira ja das Langformat zur einzig erschöpfenden Ausdrucksform seiner existenzialistischen Sinnsuche erhoben. Archaische, nicht selten biblisch anmutende Lyrik trifft gewaltigen, aber stets geordneten Krach, von dem sich der Sänger (und viele im Publikum tun es ihm gleich) mit geschlossenen Augen, einer Wasserpflanze gleich, hin- und herwerfen läßt. Christopher Pravdica zerhackt derweil, ein leicht diabolisches Grinsen im Gesicht, mit seinem Bass die stickige Luft und der Rest der Band schickt eine ohrenbetäubende Welle nach der anderen in den Saal.
Sieben Songs für zweieinhalb Stunden – was für andere unvorstellbar scheint, ist bei den Swans heute die Regel. Alte Sachen sind, man wusste es, Giras Sache nicht und so gibt es ausschließlich aktuelle oder noch unveröffentlichte Stücke zu hören – „A Little God In My Hands“, „Just A Little Boy“ und „Bring The Sun“ vom neuen Album „To Be Kind“, letzteres gefolgt von einem wütend um sich schlagenden „Black Hole Man“. Erstaunlich, mit welch reduzierter Gestik Gira sein kleines Orchester lenkt, den wildgewordenen Vorturner jedenfalls muss er nicht mehr geben. Überhaupt will seine zurückhaltende, ja freundliche Art so gar nicht zu den brachialen Klanggewittern passen, ein verschmitztes Lächeln hier, ein schüchterner Gruß und Dank ans Publikum zum Schluss, der Mann weiß zu irritieren. Am Ende hat man sich seinen Tinnitus jedenfalls reichlich verdient, ohnehin holt man sich den besser hier als bei Taylor Swift.
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Feierwerk, München, 1. November 2014
Zuvor war er wieder eine Zeit unterwegs, machte sich ein wenig auf der Bühne zu schaffen, versorgte sich an der Bar und fast hätte man erwartet, der Mann an der Tür würde ihn noch nach seinem Einlassstempel fragen – kein Kreischen, kaum einen Raunen, allenfalls ehrfürchtiger Respekt. Dabei ist Michael Gira, einzig noch verbliebenes Gründungsmitglied der Swans, mit seinen sechzig Jahren wohl das, was man eine lebende Legende nennt. Seit über drei Jahrzehnten verkörpert der Mann die musikalische Unangepasstheit, zelebriert er die Katharsis des Lärms, No Wave, Post Rock, Noise, Punk, whatever. Wer an diesem Abend gekommen war, der wusste, es würde laut werden – nervöses Nesteln an den Ohrstöpseln allenthalben, kaum dass ein Ton durch die Boxen drang, Spannung, Erwartung, Ruhe vor dem Sturm. Als Gira das Konzert dann begann, musste sich Thor Harris schon die ersten Schweißperlen von der Stirn wischen – er hatte für „Frankie M“ schon zehn Minuten am Gong absolviert und würde den Abend als Jüngster der Mannschaft entkräftet, aber glücklich mit nacktem Oberkörper beenden.
Weitere zehn Minuten später und noch immer beim selben Stück schenkten Gira und seine Mitstreiter dem Publikum ein erstes Riff, einen harten Beat, der den Neuling über eine halbe Stunde trug. Es kam also wie gewünscht und erwartet, denn gerade mit den letzten drei Alben der neu formierten Band hatte Gira ja das Langformat zur einzig erschöpfenden Ausdrucksform seiner existenzialistischen Sinnsuche erhoben. Archaische, nicht selten biblisch anmutende Lyrik trifft gewaltigen, aber stets geordneten Krach, von dem sich der Sänger (und viele im Publikum tun es ihm gleich) mit geschlossenen Augen, einer Wasserpflanze gleich, hin- und herwerfen läßt. Christopher Pravdica zerhackt derweil, ein leicht diabolisches Grinsen im Gesicht, mit seinem Bass die stickige Luft und der Rest der Band schickt eine ohrenbetäubende Welle nach der anderen in den Saal.
Sieben Songs für zweieinhalb Stunden – was für andere unvorstellbar scheint, ist bei den Swans heute die Regel. Alte Sachen sind, man wusste es, Giras Sache nicht und so gibt es ausschließlich aktuelle oder noch unveröffentlichte Stücke zu hören – „A Little God In My Hands“, „Just A Little Boy“ und „Bring The Sun“ vom neuen Album „To Be Kind“, letzteres gefolgt von einem wütend um sich schlagenden „Black Hole Man“. Erstaunlich, mit welch reduzierter Gestik Gira sein kleines Orchester lenkt, den wildgewordenen Vorturner jedenfalls muss er nicht mehr geben. Überhaupt will seine zurückhaltende, ja freundliche Art so gar nicht zu den brachialen Klanggewittern passen, ein verschmitztes Lächeln hier, ein schüchterner Gruß und Dank ans Publikum zum Schluss, der Mann weiß zu irritieren. Am Ende hat man sich seinen Tinnitus jedenfalls reichlich verdient, ohnehin holt man sich den besser hier als bei Taylor Swift.