Sushi in Suhl

“Wie die Bockwurst nach dem Waffenschmied”, dachte ich gestern, als ich ein Posting lektorierte. Doch damit kann man aber auch als gutwilliger und unvoreingenommener Grenzland-Leser nichts anfangen.

* * *

Wir schreiben das Jahr 1979.

Einer meiner Arbeitskollegen schenkt seiner Frau zum Geburtstag eine Reservierung für einen Tisch in einem Restaurant, welche erst im darauf folgendem Jahr einzulösen ist. An irgendeinem Mittwoch, im Waffenschmied, in Suhl, also 132 Kilometer von Halle/S entfernt.

Bilddank an Sushi in SuhlEr erklärt uns, was es mit dem Geschenk auf sich hat:

“Es gibt in Suhl ein japanisches Restaurant. Da geht man rein und muss sich nackig ausziehen. Dann setzt man sich in ein Schwimmbecken, die Frauen zuerst. Wenn die dann drin sind, werden die Männer dazu gelassen, einzeln, und die Frauen sind angehalten bei jedem Mann “ah!” und “oh!” zu rufen. Schon lustig. Danach kriegt man einen Bademantel und hockt den ganzen Abend an einem Tisch wie ein Japaner. Kostet 120 Mark pro Nase. Teuer, aber alles echt japanisch, auch das Essen und Trinken. Soll wohl alles eingeflogen werden und aus dem Westen kommen.

Außer Bier. Die sollen wohl Radeberger ausschenken…”

Das halte ich für übertrieben und wette 100 Mark der DDR dagegen. Mir die Richtigkeit zu beweisen, ruft er in meinem Beisein seine Frau an. Bilddank an Sushi in SuhlDerer Geschichte klingt ähnlich:

“… Aber, ob man sich da vorher waschen muss, weiß ich nicht. Aber die Speisen sollen wohl tatsächlich echte japanische sein, nach original Rezepten. Auch die Gestaltung, die Tische und die Stühle – alles wie in Japan!

Nur das Bier ist wohl von uns.”

100 Mark Wetteinsatz waren damals viel Geld. Drei Monate Miete. Nach einer weiteren Gegenprobe – Anruf im Rat der Stadt Suhl, Abteilung Handel und Versorgung, “… ‘tschuldigung – gibt es in Suhl ein japanisches Restaurant?”  – ”Jo, jo – den Waffenschmied!” – begleiche ich meine Wettschuld und habe für gewisse Zeit ein Thema.

“Hast Du schon einmal gehört, dass es in der DDR ein japanisches Restaurant gibt?”

Jeder meiner Kumpel wird von mir befragt.

Einer sagt:

“Ja. Aber sauteuer solls wohl sein. Und satt wird man davon och nich. Die meisten Gäste gehen hinterher hungrig raus und koofen sich erstema am Bahnhof ne Bockwurschd.

Aber Radeberger sollnse haben…”

* * *

Die Legende von der Bockwurst erschien mir seinerzeit logisch. Wenn was teuer ist, sind die Portionen klein, also kann man auch nicht satt werden. (DDR-Logik.)

Jedenfalls wollte ich unbedingt einmal hin, aber am anderen Ende der Leitung war ständig besetzt. Später kam das Studium und mein Vorhaben, nach Suhl zu fahren, um ein Restaurant zu besuchen, geriet in Vergessenheit. Später kam eine Wende – und die Idee war schließlich völlig weg.

Bis letzten Samstag.

Ästhetik der Augenringe” schrieb ich, dachte etwas nach und fand ein fieses Gleichnis. Ist sie die Bockwurst nach dem Waffenschmied? Aber Gott ist mein Zeuge – nichts davon steht in dem Blog. Ich hielt mich zurück.

Hatte von da an aber wieder die alte Geschichte im Kopf. Die Lebens-To-Do-Liste mit der Rubrik “Unerledigt”.

Bilddank an Sushi in Suhl

Wie dem auch sei, ich hatte heute Zeit zum Googeln. Fand heraus, dass die Suhler Geschichte vom Waffenschmied bereits verfilmt ist. Dass sie bald unter dem Titel “Sushi in Suhl” in die Kinos kommt.

Sushi in Suhl
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