Surfen in Taghazout – Surfen im Paradies

Info // Diese Reportage entstand im Rahmen meines Abschlussprojekts für den Texter-Kurs an der Akademie Deutsche Pop in Köln.

Die marokkanische Surferhochburg Taghazout hat bisher ihren eigenen Charme. Kleine Surfcamps und marokkanischer Flair gehören zu einem Urlaub in dem kleinen Surfmekka im Norden Afrikas dazu. Inzwischen hat auch die Regierung das Potential des Tourismus und von Surfen in Taghazout erkannt. Mit Hochdruck wird an neuen Konzepten und Hotels gearbeitet. Doch was bedeutet das für Taghazout und seine Bewohner?

Es ist kurz nach fünf Uhr im Paradies. In der Ferne rauscht das Meer und nur wenige Häuser weiter ruft der Muezzin zum Gebet. Einige der Gäste wachen auf und drehen sich für eine Mütze Schlaf nochmal im Bett herum. Die Nacht wird schließlich kurz genug sein. Spätestens um sieben wird es Zeit für ein ausgewogenes und nahrhaftes Frühstück, um den Tag in den Wellen zu meistern.

„Und das nennt sich Urlaub. Wir quälen uns früh aus dem Bett, obwohl uns vom Vortag noch alles weh tut. Aber was tut man nicht alles, wenn man die perfekten Wellen erwischen möchte?“. Manuela spricht aus, was viele der Gäste des Surfcamp Pro Surf Morocco auch denken. Urlaub im Surfcamp, das heißt früh raus, um die guten Wellen zu erwischen. Denn die Natur richtet sich nicht nach den Surfern.

Surfen in Taghazout – Surfen im Paradies

Und doch: Auch wenn das Frühstück sehr früh stattfindet – es entschädigt für so einiges. Die Gäste werden empfangen von duftendem, heiß aufgebrühtem Minztee, frischem Obst und selbstgemachten Brotaufstrichen. Noch dazu gibt es täglich frisch zubereitete Leckereien, wie Pancakes, Omeletts oder Rührei. Für all das steht die Köchin morgens in der Küche – schon lange bevor sich der Rest der Hausbewohner aus dem Bett quält.

Urlaub unter Gleichgesinnten

Die Köchin, das ist die Schwester von Brahim Habib Allah. Brahim ist Gründer und Leiter des Surfcamps. Urlaub bei Pro Surf Morocco, das heißt Urlaub bei Freunden. Brahim empfängt all seine Gäste mit offenen Armen und versucht ihnen jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Urlaub von der Stange? Fehlanzeige! Fragt man Brahim nach dem Plan des Tages ist seine Antwort meist: „What do YOU like to do?“.

Surfen in Taghazout – Surfen im Paradies

Brahims sehr persönliche Betreuung ist etwas Besonderes. Doch eins haben alle Surfcamps gemeinsam: Urlaub im Surfcamp heißt Urlaub unter Gleichgesinnten. Hang Loose Mentalität. Mit Anspannung auf die Wellen warten und danach die Entspannung nach einer erfolgreichen Session genießen. Es ist nie ein vollkommen anonymer Urlaub. Man ist eine Gemeinschaft. Man tauscht sich aus. Man lernt voneinander und genießt die Tage. Die Liebe und Leidenschaft für das Meer und die Wellen verbinden. Schicke Hotels aus Hochglanzbroschüren? Interessieren hier kaum jemanden. Wichtig ist nur, dass die Wellen kommen und die Stimmung passt.

Wanna surf?

Nach dem Frühstück dann: „Wanna surf?“. Die eigentlich überflüssige Frage von Brahim, welche die meisten Gäste freudig mit „Yeah!“ beantworten. Und schon geht es los: Surfbretter werden aufs Dach geschnallt, Neopren-Anzüge und sonstige Strandutensilien landen im Kofferraum und die Gäste auf den Sitzen eines der straßen- und strandtauglichen Autos des Camps. Brahim kennt seine Gäste und die Wellen seiner Heimatstrände. Der passende Strand mit den richtigen Wellen für jedes Fähigkeitslevel ist meist schnell gefunden.

Am Strand zwängen sich alle in ihre Neoprenanzüge, bevor es dann ans Aufwärmen geht. Die müden Muskeln sollen warm und beweglich werden. Noch ein paar letzte Trockenübungen am Strand. Der Take Off – das Aufstehen auf dem Brett – soll schließlich gelingen. Und dann geht es aber wirklich los: Ab in die Wellen! Die Anfänger planschen im Weißwasser und freuen sich über jede kleine Welle, die sie im Stehen erwischen. Die Profis sitzen weiter draußen und warten auf ihre Welle, die sie dann in Richtung Strand tragen darf. Surfen in Taghazout? Yeah!

Surfen in Taghazout – Surfen im Paradies

Egal wie viel Spaß es macht: Irgendwann müssen alle einmal wieder an Land, um Kraft zu tanken. Am Strand gibt es frisch aufgebrühten Minztee. Das Nationalgetränk der Marokkaner wird auch am Strand von zahlreichen kleinen Händlern frisch und heiß verkauft. Nach einer kurzen Pause geht es dann für die meisten für eine zweite Runde in die Wellen. Schließlich muss man die Urlaubszeit am Meer ausnutzen!
Und dann: Entspannung. Der Strand lädt zum Verweilen ein und so verbringt die Gruppe rund um Brahim den restlichen Nachmittag am Strand. Die warme Sonne tut gut auf der Haut und ein leichter Wind sorgt dafür, dass es nicht zu heiß wird. Zufriedenheit macht sich breit. Zufriedenheit über die erfolgreich gesurften Wellen. Zufriedenheit darüber, die Zeit im paradiesischen Marokko genießen zu dürfen.

Etwas Neues entsteht

Jeder schöne Tag neigt sich einmal dem Ende und so bricht auch die Gruppe um Brahim am späten Nachmittag zurück zum Camp auf. Die zunächst noch sandige und buckelige Piste wird nach einigen Kilometern abgelöst von frisch geteerten Straßen, vorbei an den neuen Gebäuden und den Baustellen von Taghazout Bay.

Brahims Auto brettert durch ein riesiges Areal mit Baustellen und brandneuen Häusern und Hotels. Es ist unmöglich das Projekt „Taghazout Bay“ nicht zu bemerken. Es erstreckt sich entlang der Küste genau zwischen den beiden Dörfern Tamraght und Taghazout, die derzeit die Hochburg der Surfkultur in Marokko darstellen. Irgendwie surreal wirkt das Ganze inmitten der ansonsten sehr traditionellen Region.

Doch was ist Taghazout Bay eigentlich? Im Grunde stellt Marokko dort eine neue Stadt für Touristen auf die Beine. Das Areal erstreckt sich für ca. 4,5 km entlang der Küste und nimmt über 615 Hektar ein. Kleine Ferienhäuser schmiegen sich an die Arganhügel und kleine Bungalows reihen sich am langen Sandstrand. Aber auch größere Hotelkomplexe sollen entstehen sowie eine Medina, in der die Touristen nach Herzenslust shoppen gehen können. Eine neue Stadt entsteht.

Die Stadt soll aber nicht nur Unterkunft bieten. Vor allem Sportler sollen hier willkommen sein. Tennis-, Fußball- Golf- und Surf-Akademien werden Amateuren und Profis die richtige Umgebung für die Ausübung ihres Sports bieten. Vor allem der Golfplatz und die Wellen, die ja ohnehin schon Surfer in die Region bringen, sind Lockmittel für Sportbegeisterte aus aller Welt.

2015 eröffneten bereits erste Teile von Taghazout Bay. Unter anderem High Class Hotels und schicke Surfcamps. Doch noch ist längst nicht alles fertig. Die Region ist im Umbruch.

Surfen in Taghazout – Surfen im Paradies

Zukunft von Taghazout

Was bedeutet all das für die Region Taghazout? Auch Brahim weiß nicht so richtig, was er davon halten soll. Es ist schön, dass der König die Bedeutung des Tourismus und auch des Surfens in der Region erkennt und fördern will. Doch gleichzeitig bedroht genau dies auch Brahims Existenz. Schicke Hotels und professionelle Surfcamps machen ihm und seinen Kollegen Konkurrenz. Zudem wird der Zugang zum Wasser und zu den geliebten Wellen immer schwieriger. Im Bereich von Taghazout Bay gibt es keine öffentlichen Strände mehr, die lokale Surfer und Surfurlauber aus Brahims Camp nutzen könnten. Er hat Angst, dass er in Zukunft kaum oder keinen Zugang mehr haben wird. Ohne Wellen kein Surfcamp.

In der Region gibt es zahlreiche Surfcamps, die von einer Person oder einer kleinen Gruppe betrieben werden. Aus Liebe zum Sport und aus dem Wunsch heraus ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen. Längst haben sich die Betreiber der kleinen Surfcamps zusammengetan und treffen sich in unregelmäßigen Abständen, um gemeinsam Themen zu besprechen, die sie alle angehen, um notfalls geeint hierzu sprechen zu können.

Wie es für sie weiter geht? Das wissen sie nicht. Die Hoffnung bleibt, dass die Surfer, die nach echter Surferkultur abseits des Massentourismus suchen, auch weiterhin zu ihnen kommen. Hoffnung, dass sie auch weiterhin öffentliche Strände nutzen und ihrer großen Leidenschaft nachgehen können. Ob diese Hoffnung erfüllt wird? Das kann nur die Zeit zeigen.


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