Einer landläufigen Meinung zur Folge fliegen in der Weihnachtszeit die goldenen Engelein durch die Lüfte. Mancherorts will auch das Christkind gesehen werden, aber ganz sicher bewegt sich in dieser andächtigen Zeit Santa Claus mit seinem Rentierschlitten am Firmament.
Das ist aber eine Mär, eine grobe Lüge.
Denn um die Weihnachtszeit fliegt Superwoman!
Superwoman Strikes on Christmas – eine Chronologie
Oktober
Gut organisiert wie sie ist, hat Superwomand bereits ab Mitte Oktober die meisten Weihnachtsgeschenke besorgt, denn in den folgenden Wochen wird sie so viel Arbeit haben, dass sie keine Zeit mehr dafür findet.
Natürlich entstehen bei einer solchen frühen Arbeitsplanung einige Peinlichkeiten. Wenn zum Beispiel das Töchterlein ab November beschließt, dass sie nun zu alt für Barbie-Puppen ist und Onkel Alfons (bekommt Manschettenknöpfe) entgültig mit seiner neuen Lebensgefährtin nach Gran Canaria zieht, wo man selten langärmelige Hemden trägt.
November
Jetzt wird es spannend, denn ab November erscheinen die Weihnachtsausgaben von Landliebe, Landlust, Landfrust und Frau am Herd. Nun ist Kreativität für Superwoman angesagt, denn sie muss alle neuesten Trends für die häusliche Dekoration nachbasteln, zur Not nachsägen (und ist sie unter 30, macht sie DIY). Gleichzeitig erfordert die sorgfältige Planung eines opulenten Weihnachtsmenüs mit Lebensmitteln, mit denen man die Menschen in der Sahelzone einen Monat lang ernähren könnte, ihre ganze Aufmerksamkeit.
Fällt der 1. Advent unvernünftiger Weise auf Ende November, ist Tüchtigkeit oberstes Gebot. Denn bis dahin muss natürlich das ganze Haus superschön vorweihnachtlich dekoriert sein und der selbstgewundene Adventskranz voller Vorfreude auf der mit Weihnachtsmotiven selbstgestickten Tischdecke thronen.
Plätzchen
Die Plätzchensaison geht bei Superwoman von Mitte November bis kurz vor Weihnachten. Denn – hach – die schmecken ja so gut, da muss man nach dem 2. Advent unbedingt noch mal nachbacken!
Für diese Aufgabe kauft sie alle möglichen Zutaten von traditionell über exotisch bis hin zu experimentell und zahlt dafür ein Vermögen, das ungefähr dem Bruttosozialprodukt eines kleinen mittelamerikanischen Staats entspricht.
Und natürlich backt sie auch noch Berge an Früchtebrot und Dresdner Stollen, egal, ob die jemand gerne mag oder nicht. Auch egal, ob sie solches Gebäck mag oder nicht.
Das gehört einfach zu Weihnachten dazu.
Und falls sie ab Mitte Dezember zufällig einmal zum Arzt gehen sollte, wird er ihr wegen ihrer Blutwerte ins Gewissen reden müssen.
Aber Superwoman schockt das nicht.
Dezember
Im Dezember beginnt für Superwoman der Weihnachtsendspurt.
Natürlich hängen ab dem 1. Dezember die selbstgebastelten, mit lauter Kleinigkeiten liebevoll geschmückten Adventskalender für alle Kinder im Wohnzimmer.
Ihre Vormittage verbringt sie damit, das ganze Haus von oben bis unten durchzuputzen, dann verfugt sie noch schnell die Fliesen im Bad und erneuert die Türdichtungen. Nebenher näht sie mal eben das Rentierkostüm für die Schulaufführung ihres Jüngsten fertig. Und wenn es keine andere Möglichkeit gibt, dann schlüpft sie am 5. Dezember in die Rolle des Nikolaus.
Natürlich beteiligt sich Superwoman auch am Adventssingen im Kirchenchor, geht zu Weihnachtsaufführungen ihrer Kinder und Weihnachtsfeiern im Kollegenkreis und im Sportverein. An den Wochenenden ist sie regelmäßig auf den Weihnachtsmärkten der Umgebung zu sehen, wo sie entweder mit dem Kegelklub oder der Ikebana-Runde Glühwein trinken muss, der ihr nicht bekommt.
Und wenn sie sich zum Weihnachtsbrunch mit anderen Superwomen trifft, reden alle über ihre mittlerweile astronomischen Blutwerte, die der Arzt mit ernster Miene angemahnt hat.
Nur selten will sie sich Ruhe gönnen, denn sie ist ja Superwoman! Und wenn sie sich mal hinsetzt, schreibt sie Weihnachtskarten, die sie vorher selbst gebastelt hat.
Letzte Adventswoche
Die letzte Woche vor dem Heiligen Abend ist dann der Endspurt vom Endspurt.
- Weihnachtsgeschenke? Check.
- 10-gängiges Weihnachtsmenü geplant, einkauft, bzw. den Braten in der ökologischen Landmetzgerei bestellt? Check.
- Weihnachtsdeko komplett aufgehängt? Check.
- Das Jesuskind für die Weihnachtskrippe wieder gefunden und geklebt? Check.
- Baumschmuck gebastelt, besorgt oder aus dem Keller geholt? Check.
- Weihnachtsbaum gekauft? Check.
Dann wird das Haus noch mindestens dreimal geputzt. Superwoman muss nun nur noch zum Frisör und zur Nagelpflege und – wenn sie unter 40 Jahren ist – zum Waxing.
Und dann kommen die Gäste.
Heiliger Abend
Der große Tag!
Während sich Omas, Opas, Onkels und Tanten im Wohnzimmer am Eierpunsch (Thermomix, gar kein Problem) gütlich tun, stellt Superwoman fest, dass sie vergessen hat, Mayonaise zu kaufen (Thermomix, geht ganz schnell) und der Bäcker das Baguette nicht geliefert hat (Mann zur Tankstelle schicken).
Dann gibt es endlich Essen, Bescherung und allerliebste Blockflötenmusik der Kinder. Während der Christmette schläft sie fast auf der Kirchenbank ein.
Und aus dem entspannten Weihnachts-Sex bei Kerzenschein wird nichts, weil dem Mann vom Eierpunsch schlecht ist. Bis um 3 Uhr in der Nacht legt sie ihm Leberwickel auf und hält ihm die Stirn, wenn es gar nicht mehr anders geht.
Frau Sabienes und Superwoman
Ich gehöre wahrscheinlich nicht in die Kategorie der Superwomen, weil ich nicht backe, wenig dekoriere und an Weihnachten sowieso verreist bin. Aber die Superwoman in mir schlägt doch manchmal zu: die ersten Weihnachtsgeschenke habe ich bereits im September gekauft!
Ich stelle immer wieder fest, dass Perfektion eine Falle ist, mit der wir den Blick auf das Wesentliche verlieren.
Und in diesem Sinne wünsche ich euch wunderschöne, unperfekte und entspannte Weihnachtsfeiertage!
Foto: Superwoman ©frau-sabienes.de
Grafiken: Scaninavian Christmas Files ©Creative Market
Text: Superwoman Strikes on Christmas – Eine vorweihnachtliche Chronologie ©frau-sabienes.de