Sumatra – Insel der zwei Kulturen


Steinerne Kolosse im indonesischen Regenwald deuteten Archäologen lange als Zeugnisse einer prähistorischen Kultur. Doch nun wissen sie: Die Megalithen und die Ruinen buddhistischer Königtümer waren zwei Seiten der gleichen Medaille.
Megalithen, Dolmen, Menhire – Steinkolosse á la Stonehenge wirken wir Botschaften einer archaischen Welt. Noch Mitte des 20. Jahrhunderts sahen Forscher darin die Zeugnisse einer steinzeitlichen Megalithkultur. Als holländische Kolonialbeamte im Dschungel Sumatras auf solche Brocken stießen, schien der Fall klar: Auch diese stammten aus der Steinzeit. Ein Irrtum, wie "Spektrum der Wissenschaft" in seiner Mai-Ausgabe schildert.
Gemeinsam mit einheimischen Archäologen arbeitet sich das Team des Berliner Altorientalisten Dominik Bonatz seit 2003 durch den Tropenwald im Hochland Sumatras, auf der Suche nach Megalithen wie auch nach den vielen kleinen Zeugnissen der Vergangenheit: Scherben, längst wieder aufgefüllte Pfostenlöcher, in denen einst die Stützbalken traditioneller Häuser standen. Die Wissenschaftler folgen auch den Legenden, die sich Dorfbewohner erzählen: von hinduistischen Göttern, die einst auf den Vulkanen ringsum thronten und einander mit riesigen Steinen bewarfen. So manche dieser Erzählungen brachten die Forscher schon auf eine richtige Fährte. Entdeckten sie einen Megalithen, begannen sie mit der Grabung, auch im weiten Umfeld.
Bruchstücke einheimischer Gebrauchskeramik kamen zu Tage, aber auch Glasperlen von anderen Inseln und Scherben von chinesischem Porzellan. Hatten Prähistoriker ihre Datierung der Megalithen zuvor allein auf Ähnlichkeiten mit Exemplaren aus der Steinzeit gestützt, konnten die Archäologen nun handfestere Indizien auswerten: Die Keramik ließ sich mit naturwissenschaftlichen Methoden auf das 11. bis 13. Jahrhundert n. Chr. datieren, die chinesischen Importwaren stammten aus der Zeit der Song-Dynastie und damit aus dem 10. bis 13. Jahrhundert, auch die Glasperlen gehören in diese Zeitspanne.
Die steinernen Kolosse im Hochland von Kerinci wurden also erst errichtet, als im Tiefland schon das Königreich von Malayu blühte. Bonatz und seine Kollegen vermuten, dass dies das Ergebnis einer lukrativen Geschäftsbeziehung zwischen den beiden so verschieden wirkenden Kulturen war. Denn Malayu wie sein Vorgänger Srivijaya gehörten zu den Global Playern im internationalen Seehandel jener Epoche. Dabei kontrollierten sie nicht nur die Meeresstraße von Malakka und damit den Warenverkehr von Persien bis China. Sondern sie steuerten selbst kostbare Güter bei wie Tropenhölzer, Duftharze und – Gold.
Goldland, Suvarna-bhumi, nannten Indiens Fürsten das zweigrößte Eiland des indonesischen Archipels, doch woher Sumatras Reichtum an Edelmetall stammt, wird erst nun verständlich: Die Dorfgemeinschaften des Hochlands wuschen es aus den Bergflüssen. Und sie lieferten auch all die anderen Handelsgüter, denn der Regenwald war weit fruchtbarer als die sumpfigen Ebenen des Tieflands. Ihre Territorien aber markierten die zu Wohlstand gekommenen Dörfer mit Megalithen. Sie waren archaische Symbole der Macht, die nichts mit den buddhistischen Tempelanlagen der Tiefland-Königtümer gemein zu haben scheinen. Und doch waren die einen ohne die anderen nicht denkbar
Aus: Spektrum der Wissenschaft, Mai 2012

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