Nun war ich doch nur noch ein weiteres Mal am Stummfilmfestival im Zürcher filmpodium.
Und schon isses wieder vorbei – hoffentlich geht es nächstes Jahr weiter. Das „Mutterfestival“ in Bonn steht finanziell nämlich gerade auf wackeligen Füssen: Die Stadt Bonn will ihren Beitrag kürzen. Ich nehme an, das hätte auch Auswirkungen nach Zürich…?
Letzten Freitag wurde The Vagabond Queen gegeben, eine deutsch-englische Koproduktion unter der Regie des späteren Operettenspezialisten Géza von Bolvary. Der Film aus der Übergangszeit vom Stumm- zum Tonfilm (1929) hatte eigentlich eine Musiktonspur, die aber ausgeblendet wurde zugunsten der hervorragenden Klavierbegleitung von Alexander Schiwow.
The Vagabond Queen war ein Vehilel für die damals sehr populäre – und talentierte – britische Komödiantin Betty Balfour. Sie spielt darin eine Doppelrolle, einerseits die adelige Prinzessin Zonia von Bolonia, andereseits das ordinäre Zimmermädchen Sally, das vom bolonesischen Aussenminister Lidoff nach Bolonia gelockt wird, um dort die Prinzessin zu doublen und somit den putschlüsternen General Winkelburg in die Irre zu führen.
Den Film, der in einer vom British Film Institute sehr schön restaurierten Fassung (35mm) gezeigt wurde, fand ich ziemlich unausgegoren – streckenweise war er irrsinnig komisch, doch wirkte er dank einiger über Gebühr ausgewalzter Szenen immer wieder auch langfädig. Das Beste waren eindeutig die witzigen Zwischentitel, die im Saal für anhaltende Heiterkeit sorgten.
Für mich brachte der Film zwei Entdeckungen: Einerseits die Vollblutkomödiantin Betty Balfour, welche die Szene beherrschte – sie war mir bis dahin gänzlich unbekannt. Andererseits der mir längst bekannte Schauspieler Ernest Thesiger, den ich hier erstmals in einer luftig-komischen, ja fast slapstickhaften Rolle sah. Bislang war er mir nur aus düsteren Filmen („The Old Dark House“, 1931; „Frankensteins Braut“, 1935) oder in düsteren Rollen („Der Mann im weissen Anzug“, 1951) bekannt. Hier stiehlt er komödiantisch allen ausser Betty Balfour die Schau, und zusammen tragen diese beiden den kleinen Film über seine bereits erwähnten Unebenheiten hinweg.
Im Vorprogramm gab’s A Poet from the Sea, ein rund zwanzigminütiges Stummfilmfragment von 1927 aus Hongkong , das zumindest bei mir keinen bleibenden Eindruck hinterliess.
Alexander Schiwow fand für diese beiden völlig unterschiedlichen Filme bravourös den jeweils passenden Tonfall.
Mit Stummfilmen geht’s übrigens schon ab 1. Oktober weiter im Zürcher filmpodium: Man gibt mal wieder die sämtlichen langen Stummfilme des Buster Keaton (plus einige seiner stummen Kurzfilme). Wenn das kein Grund zur stummen Freude ist…!
Weitere Informationen folgen an dieser Stelle in der kommenden Woche.