Mit Studio Ghiblis Das Königreich der Katzen wurde eine Quasi-Fortsetzung oder ein Spin-Off zum 1995er Stimme des Herzens produziert. Sind es hier noch die Ausflüge in eine Traumwelt, die von der Hauptprotagonistin in ihren Kurzgeschichten geschrieben werden und die sie sich nun lebhaft vorstellt, inszeniert Regisseur Hiroyuki Morita nun eine wirkliche Fantasy-Geschichte. Der Baron, eine Katzen-Statue in Stimme des Herzens, wird hier zur lebenden, auf zwei Beinen laufenden Katze, die sich gemeinsam mit der High School Schülerin Haru und dem ebenfalls aus Stimme des Herzens zurückkehrenden dicken Kater Muta in das titelgebende Königreich der Katzen aufmacht.
Hierher soll Haru gebracht werden, die zuvor in der Menschenwelt den Sohn des Königs vor einem LKW auf einer viel befahrenen Straße inmitten der Stadt bewahrt hat. Zu ewigen Dank verpflichtet, da sie den Thronfolger des Königreichs gerettet hat, will der König sie mit ihrem Sohn vermählen – wovon Haru sich jedoch überhaupt nicht begeistert zeigt.
Die Reise ins Königreich gleicht der Reise von Alice ins Wunderland, wie Studio Ghibli es immer wieder gerne als Motiv nutzt. Erst verfolgt Haru den dicken Muta, wie auch Alice dem weißen Kaninchen folgt. Dann findet sie sich erst übergroß in einer fremden Welt wieder, bevor sie auf die richtige Größe geschrumpft wird. Der König des Landes entpuppt sich als etwas verrückte Karikatur eines Regenten. Ähnlich wie die Herzkönigin befindet sich auch in seinem Besitz ein Labyrinth, durch dass die Helden später fliehen werden müssen. Die Flucht aus dem Königreich gleicht dann dem Hasenbau, dem Loch im Boden, welches Alice hinabfällt um ins Wunderland hinein zu gelangen. Für Haru wird dieses Bild umgedreht. Sie muss einen hohen, runden Turm hinauf steigen um durch dessen Dachöffnung in ihre Welt zurück zu kehren.
Haru ist vielleicht eine der niedlichsten Figuren, wenn es um reale Mädchen in den Filmen des Studios geht. Natürlich erleben die Kinder in Mein Nachbar Totoro ein süßes Abenteuer und finden ihren flauschigen Freund, Chihiros Reise ins Zauberland ist weitaus märchenhafter als es ein anderer Film Ghiblis für sich beanspruchen könnte. Haru aber, entwickelt sich von einem tollpatschigen, verwirrten, unstrukturierten Mädchen (und das wird eben so süß dargestellt) in eine verantwortungsbewusste junge Frau. Und schon wird deutlich, wo der Kern in Das Königreich der Katzen liegen soll. Denn ebenso wie Alice durch das Wunderland zu sich findet, besteht die Reise in eine fremde Fantasiewelt auch hier daraus, dass die Protagonistin ihren Lebensweg, ihre Einstellung, ihr selbst entdecken muss um sich rein menschlich (weiter) zu entwickeln.
Haru wäre man filmisch auch gerne durch ihren ganz normalen Alltag gefolgt. Sie allein kann den Film aufrechterhalten und so amüsant die Nebenfiguren des Barons oder Mutas sind, so wenig sind sie auch von Nöten, um Harus Geschichte zu erzählen. Natürlich gehören sie zum gesamten Drumherum hinzu. Denn was wäre schon das Königreich der Katzen ohne seine Bewohner?
Das Königreich der Katzen
Regie: Hiroyuki Morita, Drehbuch: Reiko Yoshida
75 Minuten, freigegeben ab 6 Jahren
im Netz: Der Film bei nausicaa.net
alle Bilder © Universum Film