Mit Prinzessin Mononoke hat Hayao Miyazaki wohl die Studio Ghibli-Produktion folgen lassen, bei der am ehesten in Frage gestellt werden darf, für wen der Film eigentlich produziert worden ist. Mit einer klaren Nachricht, in der er die Menschen anprangert die Natur zu zerstören und reichlich abgehackten Armen, Blut und martialischen Schlachten die in Meeren von toten Menschen und Tieren enden, entzieht sich der Film jeglicher Niedlichkeit. Selbst die kleinen mit ihrem Kopf wackelnden Baumgeister verbreiten eher ein unheimliches Unwohlsein, als dass man den Drang verspüren würde sie in die Arme zu nehmen und zu knuddeln. Obwohl das aufgrund ihrer Friedfertigkeit vermutlich möglich wäre.
Miyazaki bleibt seiner Linie treu, verknüpft die reale Welt mit ihren vorhandenen Problemen mit einer Portion Phantastik. In diesem Fall große sprechende Tiere, Götter und Dämonen sowie eben den Baumgeistern. Prinzessin Mononoke spielt in der Muromachi-Periode (1337 bis 1573) Japans und erzählt von dem Emishi-Krieger Ashitaka, der mitten in den Krieg zwischen Mensch und Natur gerät. Bei dem Versuch unschuldige Menschen zu retten, wird Ashitaka von dem gigantischen Wildschwein Nago – von einem Dämon besessen – am Arm verletzt und ist fortan zum Tode verflucht. Auf seiner Suche nach Heilung begegnet er San, die in den Wäldern mit den Wölfen als ihrer Familie lebt. Von ihr lernt er, welche Qualen der Wald und all seine Bewohner zu erleiden haben, seit die Menschen die hier liegenden Rohstoffe plündern.
Verwirrend ist der Filmtitel, der San als Prinzessin Mononoke benennt. Viel mehr muss der Begriff Mononoke allerdings mit spirituellen Geistern übersetzt werden, was hier wiederum nichts mit der Persönlichkeit Sans zu tun hat. Sie tritt lediglich als menschliche Verkörperung der Natur auf. Mit ihr hat Hayao Miyazaki zwei Dinge erreicht: zum einen erlangte er internationale Aufmerksamkeit. Prinzessin Mononoke ist noch bis heute eines der bekanntesten Werke sowohl Miyazakis als auch Studio Ghiblis. Gäbe es irgendeine niedliche Komponente, die nicht auf Krieg ausgelegt ist, könnte der Film ebenso das Banner des Studios zieren wie es Totoro tut. Zum anderen hat Miyazaki mit der Figur der San eine Protagonistin geschaffen, die den tatsächlichen Helden der Geschichte aus der Handlung drängt. Selten geht es in Diskussionen um den Film um Ashitaka. Prinzessin Mononoke zeigt sich als Film, in dem ein starkes Mädchen in den Vordergrund gestellt wird, obwohl wir der Geschichte einer ganz anderen Figur folgen.
Überhaupt präsentiert der Film starke Frauenbilder. So ist Lady Eboshi, wohl als Antagonistin zu bezeichnen, die Anführerin der Menschenarmee, die den Wald und seine Geister niedertreten wollen. Sie bleibt aber zugleich eine nachvollziehbare Person. Die Ambivalenz von Gut und Böse wird von Miyazaki ausgeglichen, er zeigt Lady Eboshi ebenso als Retterin der Frauen, die ihnen ordentliche Jobs verschafft, bei denen sie sich nicht von rüden Männern unterjochen lassen müssen.
Prinzessin Mononoke bietet dementsprechend nicht nur ein Blutbad, sondern eben auch willkommende Charakterisierungen seiner gezeichneten Figuren und eine Handlung, die tiefgründig zum Nachdenken anregt, sich um Probleme der schwindenden Natur unter Einfluss des sich ausbreitenden Menschenvolks zeigt. Das hat ein wenig von Pom Poko, ist nur weitaus weniger süß, sondern demonstriert viel eher den Ernst der Lage.
Prinzessin Mononoke
Regie & Drehbuch: Hayao Miyazaki
134 Minuten, freigegeben ab 12 Jahren
im Netz: Prinzessin Mononoke bei Universum Film
alle Bilder © Universum Film