Studio Ghibli 1993: “Flüstern des Meeres – Ocean Waves”

Flüstern des Meeres_200Mit Flüstern des Meeres – Ocean Waves hat sich das Studio Ghibli 1993 gleich auf mehrerlei Weise eine Ausnahme gestattet. Es ist der erste Film des Studios, der nicht von einem der Mitbegründer inszeniert wurde. Weder Hayao Miyazaki noch Isao Takahata, sondern Ghibli-Neuling Tomomi Mochizuki ist für den Film verantwortlich, der darüber hinaus nicht in den japanischen Kinos, sondern direkt fürs Fernsehen produziert wurde. Mit Flüstern des Meeres wollte das Studio zu dieser Zeit den jungen Talenten von Ghibli die Chance geben, sich einmal auszuprobieren. Es sollte schnell produziert werden, ebenso kostengünstig, aber doch mit Qualität. Dass der Film am Ende sowohl über seinem Budget lag als auch die geplante Fertigstellung nach hinten verschoben werden musste, spricht deutlich gegen das Projekt in seiner Durchführung.

Das ändert nichts an der Ghibli-typischen schön konstruierten Geschichte, bei der das Motto gilt: „Wo die Liebe hinfällt“. Denn nach einem Drehbuch von Kaori Nakamura basierend auf dem Roman I Can Hear The Sea II: Because There Is Love von Saeko Himuro, bietet Flüstern des Meeres das wohl nervigste und merkwürdigste Mädchen der Studiogeschichte. Weshalb die beiden Hauptprotagonisten Taku Morisaki und Yutaka Matsuno sich in die neue Schülerin ihrer Schule Rikako Muto verlieben, bleibt eigentlich bis zum Ende unklar und kann einfach nur damit erklärt werden, dass die Liebe ihre ganz eigenen Wege sucht.

Vielleicht musste Rikako auch so unfreundlich und wenig umgänglich werden. Sie ist zugleich auch Studio Ghiblis erste Figur, die keine Freude daran hat aus der großen Stadt (hier Tokyo) in die Kleinstadt Kōchi auf der japanischen Insel Shikoku umziehen zu müssen. Wo andere Figuren aus Filmen von Mein Nachbar Totoro bis Tränen der Erinnerung dem Landleben immer den Vorzug geben, ist es ausgerechnet eine Vorzeige-Zicke, die sich zwar irgendwie in den Herzen von Taku und Yutaka einnistet, aber im Grunde doch Tokyo ihre große Liebe darstellt.

Erst am Ende bricht diese Barriere auf, wenn ähnlich wie in Tränen der Erinnerung zum Vorschein kommt, dass es erneut um rückblickende Erfahrungen geht. Ein Klassentreffen lässt die Nicht-mehr-Schüler über damalige Ereignisse resümieren, darunter dieses merkwürdige Mädchen, dass sich von allem fern gehalten hat, was hätte Freundschaften hervorrufen können. Und jetzt, viele Jahre später, wirkt das alles so klein für die Absolventen. Sie sehen, dass sie damals in ihrer kleinen Schulwelt eingesperrt waren und ein Leben führten, dass in der großen Welt kaum noch Bestand hat.

Flüstern des Meeres wird von Tomomi Mochizuki geradeheraus erzählt, er nimmt sich mehr Isao Takahatas Realismus zum Vorbild als Hayao Miyazakis Phantastik. Durch das immer wieder unglaubliche Verhalten Rikakos hat Herr Mochizuki vielleicht ganz nebenbei die erste Ghibli-Komödie erschaffen.

Flüstern des Meeres – Ocean Waves
Regie: Tomomi Mochizuki, Drehbuch: Kaori Nakamura
72 Minuten, von 1993
im Netz: Flüstern des Meeres bei Universum Film


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