Wenn die Hauptfigur Taeko in ihren jungen Jahren auf der Schule erleben muss, wie sich die Schüler die weibliche Periode selbst erklärend vorstellen – die Mädchen wohl wissend, die Jungs naiv dumm – sind das kindliche Überlegungen, Sorgen und Ängste, die wohl in keinem aus Hollywood stammenden Animationsfilm jemals einen Platz finden würden. Sie spiegeln die Realität grandios wieder, erzeugen zugleich die spaßigen Momente dieses Films. Es sind blasse Bilder, die nicht zu Ende gezeichnet scheinen, wenn sich die erwachsene Taeko an diese Vergangenheit als kleines Kind zurück erinnert. Nicht nur ihren Schulalltag, sondern auch das Zusammensein mit ihren größeren Geschwistern, und einem ruhigen und besonnen Vater, dessen Ohrfeigen und Verbote nur umso härter wirken, nehmen diese Erinnerungen in den Fokus.
In der Gegenwart des Films flüchtet sich Taeko aus der großen Stadt aufs Land, bildet damit ein weiteres Gegenbild für zahlreiche Filme, in denen das Landei in die große Stadt aufbricht, um sich zum Star in Tanz, Gesang oder Schauspiel zu mausern. Hier aber ist es umgekehrt. Die Ruhe des Landes, die Begeisterung für die harte Landarbeit, die Huldigung der Natur, mit der die Bauern zusammen arbeiten müssen um die besten Erträge zu erzielen – all das steht für Regisseur Isao Takahata im Mittelpunkt, obgleich auch seine Figur Taeko als kleines Kind die Gelegenheit bekommt, ihren Weg in Richtung Schauspielerei einzuschlagen. Dieser wird allerdings zuerst vom Vater blockiert, später aus Desinteresse selbst verweigert.
Tränen der Erinnerung entfacht ein emotionales Drama auf minimalster Ebene. Zwei Stunden lang begleitet man Taeko durch ihre gedankenverlorenen Momente, in denen sie versucht zu sich selbst zu finden – in Vergangenem schwelgt und uns so aus ihrem Leben erzählt. Eine rührende Geschichte, die uns noch während des Abspanns Tränen in die Augen treibt. Isao Takahata hat sich mit Tränen der Erinnerung – Only Yesterday zum Zeichentrickfilm-Spezialisten des realen Lebens erhoben.
Tränen der Erinnerung – Only Yesterday
Regie & Drehbuch: Isao Takahata
118 Minuten, von 1991
Der Film bei Universum Film