Studio Ghibli 1988: “Die letzten Glühwürmchen”
Erstellt am 24. Mai 2014 von Denis Sasse
@filmtogo
Die letzten Glühwürmchen ist der erste Film von Isao Takahata unter dem Banner des Studio Ghiblis. Er gilt als Mitbegründer der Animationsschmiede. Auch wenn Hayao Miyazaki die in der Öffentlichkeit bekanntere Person ist, hat Takahata gerade mit diesem Werk wohl einen international äußerst starken Zeichentrickfilm inszeniert. Sein Film beginnt und endet mit glücklichen Bildern des Geschwisterpaares Seita und Setsuko. Allerdings lediglich als Erscheinungen, als Widerspiegelungen aus dem Licht der umher schwirrenden Glühwürmchen. Eröffnet wird der Film mit Seitas Worten: „Am 21. September 1945 bin ich gestorben“. Damit ist der Tonus des Films vorgegeben. Selten hält ein Film so wenige, eigentlich gar keine, glücklichen Momente bereit um dem Zuschauer Erholungspausen zu gönnen. Regelmäßig ziehen hier amerikanische Bombengeschwader über Japan hinweg, ständig sind Warnsirenen zu hören. In all dem Tumult muss sich der vierzehn Jahre junge Seita um seine kleine Schwester Setsuko kümmern. Gar nicht so einfach zu einer Zeit, in der durch den Krieg jeder sich selbst zum Nächsten geworden ist. Gerade in Bezug auf die Essensbeschaffung muss sich Seita auf sein diebisches Geschick verlassen, als dass er auf Hilfe durch das Volk hoffen könnte. Basierend auf Nosaka Akiyukis Novelle Das Grab der Leuchtkäfer malt Takahata hier stille Flammen und Rauchwolken an den Horizont, die trotz fehlender Animation bedrückende Bilder erzeugen. Während Seita vor der arg zugerichteten Mutter im Krankenhaus sitzt, wird Setsuko später über den Verkauf ihres Hab und Guts bitterlich weinen. Es gehöre doch alles der Mutter. Seita und ihre Tante wissen, dass diese bereits nicht mehr unter ihnen weilt und der Verkauf der Sachen ihnen wertvolles Essen einbringen kann. Andersherum ist dann nicht nur der Bruder, sondern auch man selbst zu Tränen gerührt, wenn die kleine Setsuko realisiert, dass die Mutter tot ist. Wie auch die Mutter nun unter der Erde liegt, vergräbt das Mädchen Glühwürmchen, fragt sich warum diese denn nur so schnell sterben würden. Zeitgleich werden vor Seitas Augen die Glühwürmchen zu den japanischen Soldaten, die ebenso in Scharen in Gruben geschaufelt werden. Immer wieder schwenkt das Bild nach links und rechts, zeigt nicht nur die Geschehnisse um das Geschwisterpaar, sondern fängt eine ganze Nation in ihrem Missstand ein. Aber die gesamte Not scheint sich in dem Film auf den beiden Kindern abzuladen. Der Tod der Mutter, später noch des Vaters, die kleine Schwester die krank vor Hunger wird. Nicht nur sind diese Kriegsbilder der wahren Geschichte des Landes entnommen, auch hat Autor Akiyuki Nosaka mit seiner Novelle ganz persönliche Erfahrungen verarbeitet. Sowohl seine Arbeit als auch der Film sind stark autobiografisch, ergänzen sich gegenseitig in verschiedensten Facetten, zeigen aber nur zu authentisch die unmenschlichen Lebensbedingungen einer grausamen Zeit. Es ist wohl der zu Tränen rührendste Film des Studio Ghiblis.
Die letzten Glühwürmchen
Regie & Drehbuch: Isao Takahata
89 Minuten, von 1988
Der Film bei Kazé