Der Reihe nach. Der SPON berichtete unter dem Titel "Hartz-IV-Schüler fühlen sich zu Ausbildung gedrängt." Das sind keine Hartz-IV-Schüler, sondern Kinder von Erwerbs- oder Arbeitslosen, die genauso Schüler sind, wie jeder andere auch. Könnte man sich diese herablassende Bezeichnung mal abgewöhnen? Wir dürfen gespannt sein, was sich Frau v.d.Leyen als Ersatzbegriff einfallen lässt. Eine veränderter Begriff ändert nichts daran, dass der Windelinhalt stinkt.
Der SPON stellte die Frage:"Wie weit dürfen Jobcenter gehen? Nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen kontrollieren sie die Zeugnisse von Schülern mit Hartz-IV-Eltern - und drohen mit Sanktionen, teils ohne Rechtsgrundlage. 16-Jährige fühlen sich bedrängt, eine Ausbildung zu beginnen. Dabei wollen sie weiter zur Schule gehen." Auch die Bezeichnung Hartz-IV-Eltern ist eine Negativbewertung.
Wer sich jemals die Mühe gemacht hat, in diversen Erwerbslosenforen zu lesen, wird feststellen, dass diese Praxis Uso ist. Dort berichten Mütter und Väter, wie man versucht ihre Teenager unter Druck zu setzen. Sie sollen Berufsausbildungen machen oder sich in Berufe begeben, die sie nicht wollen. Sie sollen die Schule verlassen.
Mit 15 Jahren gilt man als erwerbsfähig. Man versucht die Jugendlichen zu einer Eingliederungsvereinbarung zu nötigen. Anscheinend will man sie zu schlechter bezahlten und zu "gering" angesehenen Berufen nötigen. Keine Frage, jeder Beruf hat seinen Stellenwert, wenn man ihn freiwillig gewählt hat.
"Die Zeugnisse der Kinder sind für die Frage, ob und in welcher Höhe Sozialleistungen zu gewähren sind, jedoch vollkommen unerheblich", sagt Sozialrechtler Helge Hildebrandt. Auch die Rechte und Pflichten für Ausbildungs- und Arbeitsuchende, die im dritten Sozialgesetzbuch geregelt sind, gelten nicht für Schüler - und sind somit keine Rechtsgrundlage für die Pflicht zur Zeugnisvorlage." Das steht ganz unten in dem SPON-Artikel.
Wenn der Jugendliche nicht zu einer freiwilligen Selbstauskunft bereit sei, sei die Einschaltung eines psychologischen Dienstes in Betracht zu ziehen. Bist du nicht willig, dann brauche ich Gewalt und setze mich über Gesetze hinweg? Es scheint in Mode gekommen zu sein, dass man Psychologen oder pychologische Gutachter heranzieht bei Menschen, die sich wehren. Irgendwie fallen mir gerade die Steuerfahnder in Hessen ein.
Dazu passt das Gesetz, dass sie nur einschließlich bis zur 10. Klasse, also der Mittleren Reife, finanziell gefördert werden. Was vermittelt man den Kindern damit? Dass sie ohnehin nicht für das Abitur vorgesehen sind? Ohne Abitur bekommt man heute kaum noch einen Ausbildungsplatz. Gezwungenes "Kanonenfutter2 für die ungelernten Berufe? Bleibt mal schön da wo ihr seid: im "Prekariat"?
Wenn wir von diesem Unrecht wissen, sind wir dann nicht verpflichtet zu helfen und die Information zu verbreiten? Die meisten Betroffenen dürften nicht wissen, dass man ihre Kinder nicht so unter Druck setzen darf. Wir können und müssen sie auf die Missstände aufmerksam machen. Lassen Sie Ihre Kinder nicht alleine zur ARGE und zum Jobcenter gehen. Wer Gesetzesverstöße begeht, sollte wissen, was er tut. Es mag an der schlechten Ausbildung der Mitarbeiter und den dazu gehörigen Crashkursen liegen, aber ist das eine Entschuldigung? Ich zitiere einen Satz aus einem Forum: "Die Missachtung von Gesetzen in diesem Land unterliegt einem Zwiespalt. Bei den Einen wird mit dem Schlimmsten geahndet, bei den Anderen erwartet man gewissermaßen sogar diese Missachtung um das System zu stärken und weiter auszubauen."
Es geht hier darum, dass versucht wird auf den beruflichen Werdegang der Kinder an den Eltern vorbei Einfluss zu nehmen. Das ist mMn genommene Selbstbestimmung. Genommenes Recht auf freie Entfaltung.
Artikel 2 GG:
1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
Art. 2 GG enthält drei Grundrechte: die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG), das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) und die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG).
Artikel 6 GG:(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
Art 12 GG:
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
Ich frage, ob unsere Grundrechte überhaupt noch gelten oder ernst genommen werden?