Kai hatte mir die Nase lang gemacht wegen eines netten Zehnkilometer-Laufs Nordwestlich von Ludwigsburg – also quasi “auf der anderen Seite” von Stuttgart. Die Fügels und die Schreiners waren wohl schon dort gestartet und fanden ihn toll. Na gut, dachte ich mir, so ein flotter Zehner kann im Grunde nicht schaden zwei Wochen vor dem Nikolauslauf in Tübingen. Also meldete ich mich vor einer Woche an, um garantiert in den ersten Startblock zu kommen. Spätestens an dieser Stelle hätten sämtliche Alarmglocken läuten müssen…Startblöcke? Ich dachte, das wäre so ein kleiner, feiner, lokaler Zehner mit vielleicht zwei bis maximal 300 Teilnehmern. Weit gefehlt! Der Stromberglauf in Bönnigheim im wunderschön welligen Weinbaugebiet des Zabergäu brachte in seiner 16. Auflage fast 1.500 Athleten an den Start. Zugegeben, das nach wie vor schier unglaublich gute Herbstwetter mit 14°C und Sonnenschein half sicher dem einen oder anderen bei der Entscheidung. Nachdem ich mich definitiv committet hatte, meldete sich auch Anja an. Dagegen kniff Onkel Kai mal wieder in letzter Sekunde. Irgendwas zwickt eben immer und irgendein Training ist auch immer wichtiger. Wie auch immer. Birgit und Martin kamen mit und zu viert fuhren wir gemeinsam gemütlich am Mittag Richtung Stromberg. Sabine & Kai kamen dagegen zum Anfeuern und Fotografieren später nach.
Sehr frühzeitig fielen wir im historischen (793 erstmals erwähnt) Bönnigheim ein, checkten die Lage, holten unsere Startnummern ab und inspizierten schon mal vorab das reichhaltige Kuchenbuffet. Alles machte einen top-organisierten, entspannten und professionellen Eindruck. Diese Teilnehmerzahlen kamen offenbar nicht von ungefähr. Hach, es war einfach herrlich: Die Sportler trudelten nach und nach ein, die Betriebsamkeit nahm von Minute zu Minute zu und über allem lachte ein sonniger, strahlend blauer Himmel. Perfekt.
Irgendwann zogen wir uns dann mal die überflüssigen Klamotten aus und ich lief mich in Ruhe ein. Eine ganze Runde schaffte ich fast, dann noch ein paar Steigerungen und ich war ausreichend aufgewärmt. Außer dem Top-Favoriten und letztjährigen Sieger Christoph Hillebrand von der LG Filder sah ich keine weiteren bekannten Gesichter. Und dann kam auch schon die Zeit der Startaufstellung. Neben mir ein kleiner Junge – offenbar völlig gestresst. Ich: “Läufst Du die fünf oder die zehn?” Er: “Die fünf Kilometer.” Ich: “Wie schnell?” Er: “So in 18 Minuten…naja, 19 Minuten.” Und ich denke mir nur: Was machst Du Knilch hier? Hat Dir noch niemand gesagt, dass Du hier in der ersten Reihe nichts verloren hast. Es dauerte dann auch nur einen halben Kilometer (in dem er sich wacker vorn hielt), bis er schnaufend am linken Wegrand fast stehen blieb. Eltern, Trainer: Tut ihm doch den Gefallen und klärt ihn auf! Anyway, nachdem der Bürgermeister den Hahn gespannt hatte und die Startpistole tatsächlich feuerte, schossen die ersten 30 Jungs los, als wenn es kein Morgen gäbe. Ich musste mich sehr bewusst zurückhalten, damit ich nicht auch arg zu schnell anging. Zu Beginn ist das manchmal frustrierend, wenn gefühlte 30 Leute vor einem sind und man beginnt, sich Sorgen zu machen. Aber schon nach einem starken Kilometer fing ich an, reihenweise Athleten zu überholen. Dass der kleine Junge (ca. 12 Jahre) das Pacing noch nicht richtig drauf hat – okay; aber dass das gestandene Läufer jenseits der Dreißig nicht im Griff haben ist im Grunde unverzeihlich. Anyway, mir soll’s recht sein. Bleiben doch so nur mehr Konkurrenten hinter ihren Möglichkeiten zurück. Und das bei einem Zehner – tststs.
Erst nach ungefähr drei Kilometern – wir waren schön zurück aus den Weinbergen und Feldern in der schnuckligen Innenstadt von Bönnigheim – sortierte sich das Feld einigermaßen. Nachdem mich ein Mitläufer fragte, ob ich die 5k oder 10k laufe, wurde mir erst bewusst, dass sicher mindestens die Hälfte der vor mir liegenden Läufer lediglich die kürzere Strecke laufen und daher keinen Wettbewerb darstellten. Und tatsächlich liefen die Meisten nach einer Runde rechts ab ins Ziel, während sich vor mir nur vier Läufer hielten. Dummerweise klebten an mir weitere drei Kollegen, die mich auch im Anstieg zum höchsten Punkt der Strecke geschlossen überholten (ich spürte da das harte Mittwochs-Training und das leider fehlende lockere Regenerationsläufchen).
Aber ich blieb dran und bergab gaben wir ordentlich Gas. In einer Schwächephase zogen dann Domenik Hahn (Jg. 1997, später 5. in 35:13) und Timo Striegel (Jg. 1986, später 6. in 35:29) leicht davon, während sich Marcel Sturm (Jg. 1987, später 8. in 35:35) an mir festbiss. So unterstützten und pushten wir uns gegenseitig, was genau das war, was ich hier brauchte und wollte. Gegen Ende kamen wir Timo Striegel noch gefährlich nahe, er rettete aber 4 Sekunden ins Ziel und ich konnte mich in einem langgezogenen Sprint gegen Marcel Sturm durchsetzen. Letztlich war es ein sehr zufrieden stellender Einsatz und ich war mit meiner Leistung sehr happy. Ein siebter Platz overall (und damit quasi natürlich der AK-Sieg in der M45) war im Grunde mehr, als zu diesem Zeitpunkt (erste Trainingswoche nach der Übergangsperiode) und aus dem Training heraus zu erwarten war. Tip Top! :-)
Anja tat es mir gleich und gewann ebenfalls mit einem siebten Gesamtplatz die W45. Und auch Birgit und Martin liefen sauber ihren Wettkampf zu Ende. Nachdem ich schon so gewissenhaft eingelaufen war, lief ich nun auch ordentlich aus. Dann noch schnell mit Kai (dem die hübschen Fotos zu verdanken sind) und Anja ein Stück Kuchen sichern und dann waren die Herren der Zeit (Sifi-Timing machte einen sensationellen Job) auch schon fertig und bereit für die Siegerehrung, bevor wir überhaupt zum Duschen kamen. Nebenbei boten sie mit ziemlich großen, outdoor-tauglichen Touchscreens die Möglichkeit live und in “real-time” durch die Ergebnislisten zu scrollen und sich an einem der Druck-Terminals sofort die eigene Urkunde auszudrucken. Sensationell – da können sich einige der Zeitmess-Mitbewerber eine Scheibe von abschneiden!
Dann Siegerehrung. Leider habe ich die Top6 (extra Overall-Siegerehrung mit mehr Geschenken) ja wieder einmal um lausige vier Sekunden verpasst – aber das überrascht ja sicher niemanden hier in diesem irgendwie “besonderen” Jahr (was enge Entscheidungen von Onkel Jörgi betrifft). Aber ich will nicht jammern: Ich bin fit und gesund – alles ist gut! Dann wurden nur die AK-Sieger alle zusammen geehrt, was das Procedere natürlich ungemein beschleunigte. Das reichte gerade für einen ersten Glühwein der Saison – perfekt! Whoa, nach einem Wettkampf quasi nüchtern (ohne Mittagessen) haut mich ein Glühwein glatt aus den Latschen. Schon gut, dass Kai uns zurück chauffierte und wir schon mal ein Weilchen vor uns hin dösen konnten.
Aber dann mussten wir uns zuhause auch schon gleich wieder aufhübschen für die große Gala des TSV Frickenhausen. Auf der einen Seite wurde ich geehrt, auf der anderen Seite durfte ich ein Quiz moderieren. Wir hatten alle einen riesen Spaß, denn unsere Triathlon-Abteilung organisierte diesen Event federführend und Steve & Rainer beglückten uns unter dem Siebziger Jahre-Motto “ABBA” als Bennie & Björn. Schee und luschtig war’s! :-)