Street Philosophy in der Villa Stuck – Was war das für ein Workshop?

Von Villastuck @villastuck

Das Vermittlungsprogramm in der Villa Stuck ist vielfältig. Speziell für die Kleinen gibt es das FRÄNZCHEN-Programm im JUGENDzimmer und als „Team Stuck“ erklären junge „Immobilienmakler“ den BesuchernInnen, warum die Villa Stuck so ein besonderer Ort ist. Aber wie sieht es eigentlich mit der Erwachsenenbildung aus?

Neben den sonntäglichen MVHS-Führungen gibt es auch Workshops und Festivals für Erwachsene, beispielsweise Führungsformate für Menschen mit Demenz. Ein ganz neues Format ist die Street Philosophy Dialogführung initiiert von Julia Kalmund und Nina Schmid zur Ausstellung von Douglas Coupland mit anschließendem Workshop. Zusammen mit der Villa Stuck luden die Beiden die Kunsthistorikerin Laura Sánchez Serrano und die Kunsttherapeutin Ariane Hagl ein, um die BesucherInnen Anfang Dezember für eine ganz eigene Museumserfahrung an die Hand zu nehmen.

Unterhaltungen sind erwünscht: Kunst im Dialog

Nach und nach versammelten sich im Foyer gut 35 Frauen und Männer unterschiedlichen Alters, wappneten sich zum Teil mit Klappstühlen und warteten darauf, dass die Führung los ging. Den ersten Teil des Programms übernahm Laura. Sie fragte: „Wer ist eigentlich Douglas Coupland?“ und positionierte sich vor der großen Wand mit Couplands „Slogans for the 21 Century“. Die Antwort kam prompt, die TeilnehmerInnen stiegen sofort ein – schließlich heißt es ja auch Dialogführung. Eigentlich kannte sie Coupland zunächst nur als Schriftsteller, meinte etwa eine Frau, der das Buch „Generation X“ geschrieben hatte. Dass er nun hier kurze Sätze aus der digitalen Welt verewigte, die sonst in virtuelle Vergessenheit geraten wären, erinnert die Teilnehmerin an Couplands ursprüngliche Profession.

So sammelte Laura Input, gab den BesucherInnen Stück für Stück wichtiges Hintergrundwissen und dadurch erarbeitete man sich gemeinsam Antworten. Wie etwa auf die Frage, wie Coupland Themen wie Terror, Internet, Popkultur und die aufkommende Macht der sozialen Medien in seiner Kunst verarbeitet. Oder: Ist das wirklich die Maske David Bowies im Zwischengeschoss? Und was hat sie mit Andy Warhol und Jugendwahn zu tun?
Gar nicht mal so einfach, denn immerhin hat sich der Kurator der Ausstellung dafür entschieden, auf Schilder komplett zu verzichten. Lediglich eine an der Kasse ausgelegte kleine Broschüre gibt Aufschluss.

Kunst? Nur mit meiner Handykamera!

Im zweiten Stock angekommen, führt Laura zu einem großen Bild und erklärt, dass es eigentlich ein QR-Code ist. Sofort werden Handys gezückt, fotografiert, gestaunt. Auch bei den Pixelbildern gegenüber, die man nur gut mit der Handykamera ausmachen kann, ertönen erstaunte Ausrufe. Es sind medial bekannte Fotografien, die Coupland hier zu Kunst verarbeitet und dechiffriert hat. So blicken einen nun Plastik-Kulleraugen an, aber durch die Handykamera erscheint eindeutig das Porträt von Osama bin Laden. In der Installation „Data Rodeo“, die für Douglas Coupland das Internet darstellt, endet die Führung, nicht jedoch das Programm von Laura und Ariane.

Der Workshop: Wohin mit all dem Input?

Nun nämlich finden sich die TeilnehmerInnen im JUGENDzimmer ein. Ariane Hagl erwartet sie bereits. Ging es davor um Entfremdung durch die digitale Welt, geht es jetzt darum, wieder in die tatsächliche Welt zurück zu finden. Vom Globalen zum Persönlichen, vom Abstrakten zum Konkreten, vom Aufnehmen zum Ausführen, das möchte Ariane und stellt ihre erste Aufgabe an die TeilnehmerInnen. Diese sitzen sich mittlerweile an langen Tischen gegenüber. Die Aufgabe: In zwei Minuten soll man das Gegenüber zeichnen. UND dabei nicht auf das eigene Blatt schauen. Eine schier unmögliche Aufgabe – einerseits muss man den Blick auf eine gänzlich unbekannte Person halten und andererseits auch noch porträtieren. Nach zwei kurzen Minuten ertönt Lachen, so seltsam sehen die gerade entstandenen Bilder aus.

Mal genauer hinsehen

Eine Teilnehmerin berichtet, wie unangenehm ihr das gewesen sei, das Gegenüber so lange anzustarren. Ein Mann erwidert darauf, dass er das Gefühl hatte, die andere Person nun aber besser zu kennen. Seine Begleitung stimmt ihm zu. Sie sagt, in jedem Gesicht entdecke man mit der Zeit etwas Schönes. Es folgen weiter kreative Übungen, die jedoch alles eins bewirken: Im Hier und Jetzt ankommen, hören, riechen, sehen. Ganz ohne die virtuellen Welten des Internets.

Was ist Street Philosophy?


Gegründet haben Street Philosophy Mutter und Tochter, nämlich Julia Kalmund und Nina Schmid. Seit Ende 2014 initiieren sie philosophische Lesungen, Führungen und Gespräche. Die Lebens-Maxime des Benediktiner-Mönchs David Steindl-Rast fasst den Grundgedanken für sie am besten zusammen: „STOP. LOOK. GO.“
Mit Street Philosophy wollen die Beiden den Fokus auf STOP und LOOK richten – um Fragen zu stellen, ohne dass es vorgegebene Antworten gibt und in unserer Zeit eher üblich nur das GO im Vordergrund steht.