Singst Du am Arbeitsplatz? Oder auf dem Weg zur Arbeit? Oder wenigstens beim Wandern? Wahrscheinlich auch nicht.
Während der ganzen Menschheitsgeschichte wurde bei allen Gelegenheiten gesungen. Während den Jahren in Nepal haben wir das oft erlebt, sei es unterwegs in die Dörfer in unserem Projektgebiet oder Abends in den Häusern im Schein des Herdfeuers.
Und bei uns?
Es gab Bauernlieder, welche die Schnitter während dem Mähen des Getreides sangen, um im richtigen Schwung zu bleiben. Es gab die Fahrtenlieder, welche die Pfadfinder und ähnliche Gruppen unterwegs sangen, um die Müdigkeit zu vergessen. Es gab die Wechselgesänge, welche die Leute während dem Weben oder Nähen sangen, einfach so zum Spaß. Es gab die Gesänge der Ruderer, Galeerensklaven oder Waldarbeiter, um im Takt zu bleiben. Jedes Heer hatte einen Knaben dabei, den Trommler, der den Soldaten beim Marsch das mutige Lied begleitete. Und natürlich auch die Tridler an der Wolga und an allen anderen Flüssen sangen (zum Beispiel das Lied Wolgaschlepper).
Heute ist Singen sehr formell geworden: wenn man es sich zutraut, geht man vielleicht in einen Chor. Auch in der Kirche werden alte Traditionen noch gepflegt, dort kann man Kirchenlieder mitsingen. Vielleicht singt man den Kindern verstohlen ein Schlaflied vor.
Was ist da wohl geschehen?
Erstens hat die Überflutung mit Musik diese Form von Unterhaltung überflüssig gemacht, man hört lieber Musik aus dem Gerät, als dass man sich selber darin versucht.
Zum zweiten hat Singen etwas fröhliches und gehört deshalb in die Freizeit, und nicht etwa in die Arbeitszeit.
Und drittens sind unsere heutigen Aufgaben sehr viel kopflastiger als früher, und daher kann man nicht gleichzeitig auch noch singen.
Und irgendwann hat man es sich abgewöhnt.
