Stille Algarve: Eselwanderungen als Geschenk

Weihnachten und Esel: Das passt auch an der Algarve zusammen - und nicht bloß in den vielen ausgestellten Krippen hier: Im Monchique-Gebirge, am Südhang des 730 Meter hohen Picota, begibt sich Robert Nestmann (44) rund ums Christfest mit Familien aus Deutschland, Kanada und Großbritannien auf besonders stimmungsvolle Eselwanderungen. Wir stellen den Einsiedler vom Niederrhein vor, erzählen seine bewegte und bewegende Geschichte und informieren über ihn und andere, die solche tierischen Touren abseits der Tourismus-Trampelpfade an der Südküste Portugals anbieten - und das nicht nur zur Winterzeit...

Wer Robert in Barranco de Picota nahe bei Fornalha, einer Ansammlung von etwa zehn Häusern, besucht, sollte Geduld haben und Zeit mitbringen. Der Weg zu ihm führt uns zunächst von Portimão aus in Richtung Monchique. Im Badeort Caldas de Monchique nehmen wir die zweite Abzweigung, einen Asphaltweg, der sich rechts hinter dem Restaurant Rouxinol bergauf schlängelt. Nach fast vier Kilometern hängt auf der linken Seite ein Schild „Happy Donkeys. Hier abgebogen in den kleinen Feldweg, entdecken wir nach 300 Metern Roberts Anwesen. Es sind Weihnachtsgirlanden aufgehängt, auf dem Tisch steht ein grünes Gesteck, es duftet nach Eukalyptus und Räuchermännchen aus dem Erzgebirge.

Eselwanderungen nicht ohne Leckerli

Draußen ist es mucksmäuschenstill. Uns beeindruckt der weite Blick ins hügelige, grüne Hinterland. Robert, ein freundlicher, zurückhaltender Zeitgenosse, schlank und hoch aufgeschossen, begrüßt uns barfuß und führt uns zu seinen fünf Mitbewohnern: Lucia (9 Jahre), Camaron (8), Josefina (4,5), Frederico (2,5) und Luisa (2,5 Jahre alt und nur 20 Tage jünger als Frederico). Josefina sei die Tochter von Lucia und Cameron, Frederico der Sohn von Lucia und Luisa die Tochter von Josefina, erklärt uns Robert. Der Eselflüsterer krault und tätschelt das Fell der Langohren, spricht leise mit ihnen. Sie stupsen ihn an, knabbern an seiner Hosentasche - ein klares Signal: „Wo sind die Leckerli?!"

Als Gastgeschenk haben wir eine Tüte Möhren im Gepäck. Die kommen natürlich gut an bei den Eseln. Robert kommt ins Schwärmen von seinem 14 Hektar großen Gelände, auf dem er dank einer portugiesischen Familie wohnen darf. Drei Hektar Fläche kann er für seine Tiere und für sich bewirtschaften, zum Beispiel Zitrusfrüchte, Gemüse, Kartoffeln und Kräuter anbauen.

„Dieser Platz hier hat eine besondere Energie" sagt er und zeigt in Richtung Tal, durch das ein kleiner Fluss fließt. Die seit Jahrhunderten terrassierten Hänge seien immer grün. Durch die Lage des Grundstücks sind die gar nicht so weit entfernten Nachbarn nicht zu hören und zu sehen. „Man kommt sich hier vor wie in der absoluten Wildnis", schmunzelt der Mann aus Weeze, vom linken Niederrhein.

Es verweist auf die „supertolle Aussicht hinunter auf die Algarve-Küste", lobt ein nahegelegenes Jagdgebiet mit Schluchten, Wasserfällen, Bächen, einem kleinen See und einigen verfallenen Häusern. Am Hang wächst der Medronho-Baum mit seiner Walderdbeere. Die Frucht wird auch zu aromatischem Schnaps verarbeitet - einer Algarve-Spezialität. Zudem finden sich hier Korkeichen, Weiden und Akazien. „Und ihr müsst mal sehen, wie toll im Frühjahr die Zistrosen blühen", ergänzt er freudestrahlend.

Plan: Eselwanderungen und Yoga

Von diesem einsamen und friedlichen Ort im Monchique-Gebirge der Algarve aus bietet Robert seine Eselwanderungen an. Und künftig möchte er hier auch so genannte Yoga Retreats durchführen - „für Menschen, die ihren Frieden haben wollen, die Ruhe brauchen, viel meditieren und innere Einkehr suchen".

Viele von Roberts Kunden, so verrät er, haben sehr stressige Jobs. Es sind Ärzte, Manager, Börsenmakler, Piloten, aber auch Lehrer darunter. „Häufig buchen die schon zu Anfang ihres Algarve-Urlaubs ihre Eselwanderungen, damit sie den Frieden durch alle Ferientage hindurch genießen können", berichtet er; seine Esel übermittelten den Kunden die ihnen eigene Energie.

Gleich zu Beginn der Eselwanderungen stellt Robert seinen Gästen die Vierbeiner vor - mit Namen, Herkunft und Charakter. Sind Kinder unter den Besuchern, tragen die gutmütigen Esel schöne Halfter und spezielle Reitsättel, an denen sich die Kleinen gut festhalten können. Robert bindet die Tiere wie zu einer Karawane aneinander und führt dann den Tross. „Die beiden kleinen Esel rennen frei herum und sorgen für sehr viel Spaß beim Spielen, Rennen und Grasen", berichtet er.

Wenn Erwachsene mit ihm zu Eselwanderungen aufbrechen, laufen alle Langohren frei, ohne Halfter, ohne Sattel, ohne Strick. Das gibt es so nur bei Robert. Geritten wird nicht. Für das Schwergewicht von Erwachsenen sei der Rücken der Tiere eigentlich nicht ausgelegt, sagt Robert.

Die Esel seien mittlerweile so an ihn und seinen Leckerli-Beutel gewöhnt, dass dieses freie Wandern sehr gut funktioniere. Von den Grautieren begleitet gingen seine Kunden beim Wandern viel langsamer als sonst: So schafft man bei der Dreistundentour zum Beispiel nur etwas mehr als sechs Kilometer Strecke.

Die einstündige Variante der Eselwanderungen verläuft ausschließlich auf der Straße. Die Ganztagestour hat den Gipfel des Bergs Picota zum Ziel. Einer der fünf Esel ist dann gesattelt und trägt das Gepäck - unter anderem durch einen besonders urigen und dekorativen Eukalyptuswald.

An einer alten, verlassenen Finca macht die Gruppe ein Picknick. Oben am Aussichtsturm belohnt ein spektakulärer Ausblick bis nach Faro im Osten und Sagres im Südwesten die Wanderer.

Details zu den Eselwanderungen finden Interessenten auf der Website von Happy Donkeys.

Die besten Jahreszeiten für Eselwanderungen

Was sind die besten Zeiten für solche tierischen Touren an der Algarve, fragen wir Robert. „Frühling und Herbst, weil es da besonders angenehm ist", berichtet er. Im Frühling bezaubert die tolle Pracht der Blüten, etwa der Orangen, und in einer speziellen Schlucht manchmal der Gesang der Nachtigall. Im Sommer würden auch sehr gerne Eselwanderungen gemacht, allerdings dann eher in den frühen Morgenstunden, betont Robert. 2018 bietet er auch Eselwanderungen nach Fonte Santa de Fornalha an, einer Heilquelle. Dort kann man den Tag im Schatten einer Korkeiche verbringen und es geht auch hinunter bis zum Monchique-Fluss. Und am späten Abend kann man mit dem 44-Jährigen Eselwanderungen in den Sonnenuntergang hinein machen und genießen.

Im Herbst lassen sich auf den Eselwanderungen die sehr schön aussehenden Medronhos bewundern und es blühen sogar noch manche Sträucher und Kräuter. „Im Winter lässt die Nachfrage etwas nach, aber selbst dann sind noch Wanderungen möglich", so der Einsiedler, der sich durchaus vorstellen könnte, auch als Mönch zu leben. Die Mitglieder seiner Wandergruppen am Ende der Adventszeit haben sich das Erlebnis zum Beispiel zu Weihnachten geschenkt. Andere Kunden haben schon ihren Geburts- oder Hochzeitstag mit einer Eselwanderung im Monchique-Gebirge gekrönt.

Wieso Robert gerade auf diesem Fleckchen Erde landete, ist eine lange Geschichte. Keine einfache Kindheit, die berufliche Situation und gesundheitliche Gründe bewegten ihn, aus Deutschland auszuwandern. In Südspanien gelandet, gelangte er an seinen ersten Esel. Bald kam ein zweiter dazu, den Bauern als Lasttier nicht mehr benötigten. Das Ganze wuchs zu einem Schutzhof für acht andalusische Riesenesel, eine vom Aussterben bedrohte Art. Wegen körperlicher Probleme aufgrund von Luftverschmutzung machte er sich mit den Tieren auf eine Wanderschaft quer durch den Süden der iberischen Halbinsel. Sie dauerte letztlich insgesamt drei Jahre, bis er schließlich in Monchique landete.

Ein Gönner aus Deutschland ermöglichte die Eselwanderungen

Hier berichtete die Lokalpresse über den außergewöhnlichen Mann mit seinen Grautieren. Lokale Gönner verhalfen ihm zu seiner jetzigen Bleibe. Und ein Mittfünziger aus Schwaben, Marketingmann bei einem Konzern, wurde sein deutscher Freund und „Sponsor", wie ihn Robert nennt.

Kontakt hatten die beiden deutschen Esel-Narren über ein Internetforum rund um die Grautiere bekommen. Viele hilfreiche Pflegeutensilien, Werkzeuge und Ausrüstungsgegenstände aus Deutschland kamen an der Algarve an, mit deren Hilfe der talentierte Handwerker, Hobby-Landwirt und Selbstversorger über die Runden kam und die ihm halfen, Eselwanderungen überhaupt anbieten zu können.

Mit seinen Kunden spricht der Permakultur-Experte gern über den Segen gesunder Ernährung und sauberer Umwelt. Hier in Monchique fühlt er sich weitgehend im Einklang mit der Natur, kann abschalten, ist zur Ruhe gekommen. Seine Gesundheit ist stabil: Seit zehn Jahren brauchte er keinen Arzt mehr aufzusuchen. Mit seinen Tieren geht er anders um als viele andere: „Ich akzeptiere sie als Lebewesen, respektiere sie. Sie haben Gedanken und Gefühle, sind für mich keine Gebrauchsgegenstände".

Zu manchen seiner Gäste von Eselwanderungen hat Robert auch nach deren Urlaub noch Kontakt. „Aus vielen Kunden werden Freunde. Das ist genau das, was ich möchte. Geld ist mir nicht wichtig, sondern die Natur zu schützen und Freunde zu haben". Er liebt das einfache Leben: Saubere Umwelt, gutes Essen und schöne Aussicht.

Der Selfmademan trägt ausschließlich Second hand-Kleidung und nutzt überwiegend Kerzenlicht. Das findet er „viel toller als elektrisch erzeugtes". Derzeit träumt er von einer mit Feuer beheizten Badewanne im Freien, aus der es in den Sternenhimmel hinein dampft. Aber dazu bräuchte es noch einen oder mehrere weitere Förderer...

Eselwanderungen an der Algarve: Wer, wo, wie?

Ein Video über Roberts freie Eselwanderungen ( „Happy Donkeys") ist bei YouTube zu finden.

Weitere Anbieter von unterschiedlich langen sonstigen Eselwanderungen an verschiedenen Stellen der Algarve sind zum Beispiel diese:

Burros & Artes ReNatour Urlaub & Natur Pico Tours

Weitere Information zu Natur- und Aktiv-Tourismus an der Algarve

Interessenten an Natur- und Aktiv-Tourismus an der Algarve empfehlen wir unsere jüngste Berichterstattung zu diesen Themen. Wer die Algarve zu Fuß oder per Rad erkunden will, bekommt dort die vier Hauptrouten vorgestellt, die miteinander verbunden sind: Rota Vicentina, Via Algarviana, Grande Rota do Guadiana und Ecovia do Litoral.

Nützliche Informationen gibt es zum Beispiel auch auf einer speziellen Webseite für Radfahrer und Wanderer. Ganz neu ist die Webseite Portuguese Trails, die soeben mit Informationen über die Algarve gestartet ist - auch in deutscher Sprache.


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