Steuern: Werden Besserverdiener tatsächlich geschröpft?

Wer mehr verdient, soll auch prozentual mehr von seinem Einkommen an die öffentlichen Kassen abführen, um so einen sozialen Ausgleich zu ermöglichen. Das ist die Intention hinter einem progressiven Steuer- und Abgabensystem. Doch in Deutschland und Österreich sieht die Sache bei genauerer Betrachtung etwas anders aus.

Gerade in Wahlkampfzeiten steht vor allem die Steuer- und Abgabenlast immer wieder im Fokus der wahlwerbenden Parteien. Während die politische Linke gerne Steuererhöhungen für die Besserverdienenden fordert, sehen vor allem Konservative und (Rechts-)Liberale in den Spitzensteuersätzen ein Feindbild. Dabei ist die Abgabenbelastung gerade für die Einkommenselite deutlich niedriger als für jene mit durchschnittlichem Einkommen. Wichtig ist nämlich nicht der Spitzensteuersatz an sich, sondern die Grenzsteuersätze und die effektive steuerliche Belastung. Und die sieht nunmal anders aus, als es sich so manche Menschen vorstellen.

Die geschröpfte Masse

Eine Studie der OECD zeigt deutlich auf, dass die durchschnittliche Belastung von Einkommen bis zum Bruttodurchschnitt in Deutschland erkennbar höher ist, als für jene Menschen die mehr verdienen. In Österreich hingegen steigt die Abgabenbelastung bis zu einem Einkommen von 144% des Durchschnittsbruttos an, um danach deutlich zu fallen.

Anhand der interaktive Grafik oben können Sie deutlich erkennen, dass die unteren und mittleren Einkommensschichten die höchste Belastung zu tragen haben. Während man mit einem Durchschnittseinkommen in Deutschland zumeist die höchste Steuerbelastung (ca. 60% als Alleinstehender, ca. 54% als kinderloses Ehepaar, 52,5% als Ehepaar mit 2 Kindern, und knapp 60% als Alleinerzieher mit 2 Kindern) zu tragen hat, sinkt die Steuer- und Abgabenlast bei einem doppelt so hohen Einkommen auf etwa 44% (Alleinstehend), 38% (kinderloses Ehepaar), 35% (Ehepaar mit 2 Kindern) und 44% (Alleinerzieher mit 2 Kindern). Im Vergleich: Wenn man nur die Hälfte des Durchschnittsbruttos verdient, liegt die Belastung bei rund 54% für einen Alleinstehenden, während die anderen Gruppen in etwa 46% zu tragen haben.

In Österreich steigt zwar die Progression etwas länger an, dennoch ergeben sich auch hier deutliche Differenzen in der effektiven Steuer- und Abgabenlast. Bei einem durchschnittlichen Einkommen liegt die Belastung bei 60,6%. Egal ob alleinstehend, verheiratet, mit oder ohne Kinder. Verdient man doppelt so viel, sinkt die Last auf 47,6%. Bei einem Monatseinkommen, welches nur halb so hoch ist wie der österreichweite Durchschnitt, sind es 56,9%.

Um einen direkten Vergleich zwischen den einzelnen Gruppen zu ermöglichen, habe ich die nachfolgende Grafik auf Basis der OECD-Daten erstellt. Damit wird auch klar erkennbar, dass Deutschland besonders die ärmeren Menschen und die Alleinerzieher (v.A. Frauen) benachteiligt, während Österreich hier keinen Unterschied kennt – bis auf den des Einkommens.

Steuerbelastung in Deutschland und Österreich nach Einkommensniveau und familiärem Status.

 

Unsoziales Steuer- und Abgabensystem

Wer angesichts dieser Zahlen immer noch behauptet, dass die Besserverdiener ja eine so hohe Steuer- und Abgabenlast zu tragen hätten, dürfte nun anders denken. Sicher, in absoluten Zahlen (Euro) mag das anders aussehen – doch wenn ich von jemandem der 1000€ brutto verdient 50% wegnehme, und von jemandem der 5000€ brutto verdient 40%, ist das schlussendlich schon ein gewaltiger Unterschied. Ganz zu schweigen davon, dass das Geld dann ja nicht einfach "weg" ist, sondern in Form von Schulen, Polizei, Krankenhäusern, Straßen, usw. uns als Gesellschaft wieder zugute kommt.

Artikelbild: Rolf van Melis  / pixelio.de


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