Nach Jahren in der Großstadt kommt Annemut zurück in ihr bayerisches Heimatdorf. Sie hat sich ihr Wiederheimkehren in den schillerndsten Farben ausgemalt, alle schauen sie an, die junge Frau aus der Großstadt, mit großen Augen staunen sie über diesen Lebenswandel – und dann kommt alles anders. Oder eben auch nicht. Denn im Hinterland verändert sich nichts, da sitzen noch immer die Alten auf der Bank vor der Kirche und die Männer in der Dorfkneipe. Niemand nimmt Notiz von Annemut, und selbst ihre einst beste Freundin Johanna ist dazu übergegangen, sie zu siezen.
Die gemeinsame Vergangenheit scheint wie ausgelöscht. Damals, als beide noch in die gleiche Klasse gingen, waren sie unzertrennlich und haben sogar gemeinsam in Johannas kleinem Gartenhaus gewohnt. Sie, die schüchterne Annemut und die unnahbare Johanna. Die Aussätzige – Annemut leidet an Schuppenflechte – und die Heilige. Bis eines Nachts die Dorfpension Malinkowski – eine eher zwielichtige Absteige – in Flammen aufgeht und Johanna beschließt, ihr Leben zu ändern. Und Annemut aus diesem zu verbannen.
Mit sezierender Präzision wirft Stephanie Gleißner in ihrem Debütroman einen Blick auf eine ganz eigene kleine Welt, die ihren eigenen Gesetzen zu folgen scheint und aus der man nur ausbrechen kann, denn nach außen bildet sie eine Mauer, durch die kein Fremder hindurch kommt. Und wer diese Welt einmal verlässt, der wird zum Fremden – so wie Annemut – und kommt nie wieder richtig dort an. Mir ist dieser Mikrokosmos fremd – und dieses Gefühl verstärkt sich nur noch durch Annemuts Perspektive, durch ihren Blick von außen schafft sie es, noch genauer hinzuschauen, hinter die Fassade zu blicken und scheinbar vertrautes zu hinterfragen .
Gleichzeitig nimmt sie die Freundschaft zwischen Annemut und Johanna unter die Lupe. Wie konnte sich Johanna so verändern und ist es nicht auch Annemut, die sich verändert hat? Hat sie wirklich geglaubt, nahtlos an die alte Freundschaft anknüpfen zu können?
Einen solchen Himmel im Kopf ist nicht nur ein Roman darüber, wie sehr sich das Umfeld und ehemalige Freundschaften verändern; oder wie sich festgefahrene Rituale nie verändern werden, sondern auch darüber, wie sehr man sich selbst im Laufe der Zeit verändert – und dass es ab und zu einen Anstoß braucht, um das zu erkennen und darüber nachzudenken.
Die Welt dreht sich eben nicht alleine – man selbst dreht sich mit.
Gebundene Ausgabe: 224 Seiten
Erschienen bei Aufbau
Juli 2012
ISBN: 978-3-351-03506-8