Nun gibt es aktuell ein ähnliches Manifest. Gemeinsam mit Edgar Morin ruft Hessel auch hierin zu gesellschaftlichen Veränderungen auf.
Der Duktus des neuen Aufsatzes ist ähnlich aufrüttelnd wie bei den ersten beiden. Jedoch erreicht es mich nicht mehr so wie die ersten Bücher. Was vor allem daran liegen mag, dass ich seitdem Schmidt-Salomons “Keine Macht den Doofen” gelesen habe und auch Braungart/Mc Donough[1.Rezension folgt in den nächsten Tagen]. Die von Hessel und Morin geforderten Änderungen sind nun nicht mehr allein ihre Forderungen. Sondern für Humanisten und andere vernünftige Leute Allgemeingut.
Sie fordern eine vorsichtige Veränderung; keine Revolution sondern Reformation des bestehenden Systems. Begrenzung der Ausuferungen des kapitalistischen Systems; Beschneidung des Finanzkapitals und vor allem: Bildung, Bildung und nochmals Bildung. Hier sind sie in ihren Forderungen denen von Michael Schmidt-Salomon sehr nahe.
Neu ist ihre Idee, in den Städten Soziale Häuser einzurichten in denen Armen, Bedürftigen, psychisch Belasteten Hilfe gewährt wird. Durch Fachleute und als bürgerliches Engagement.
Mein Lieblingssatz jedoch ist: “Wohlergehen bedeutet Qualität des Lebens, nicht Quantität der Güter. Es umfasst vor allem das emotionale, seelische und moralische Wohl.” [Seite 28] Tauschen wir das Wort “seelische” mit “menschenwürdige” und vielleicht noch “moralisch” mit “ethisch”… dann kann dieser Satz wohl von jedem unterschrieben werden, der nicht zu den wenigen gehört, die aus dem Leid der Massen Gewinn schöpfen.
Der Blick ins Buch lohnt. Auch wenn es vor allem ein Manifest für die Franzosen ist, ist es auch eines für alle Menschen.
Nic
Stéphane Hessel, Edgar Morin – Wege der Hoffnung; Ullstein-Verlag 2012, 72 Seiten, 9,99 Euro