Der ewige Verwaltungsroutinier
Von Michael Jäger / in „der Freitag“ Ausgabe 48/2017
Es mag den Horizont des Bundespräsidenten übersteigen, aber die Minderheitsregierung birgt Stabilität
Frank-Walter Steinmeier überschreitet eindeutig seine Kompetenzen. Nach Artikel 63 des Grundgesetzes hat der Bundespräsident das Recht, eine Minderheitsregierung abzulehnen und stattdessen Neuwahlen anzuordnen. Sie aber zu erwägen und unter gegebenen Umständen für die bestmögliche Lösung zu halten – sie dem Präsidenten also erst einmal vorzuschlagen –, ist das Recht des Bundestages. Über dieses Recht setzt sich Steinmeier hinweg, wenn er die Parteivorsitzenden der CDU, CSU und SPD an diesem Donnerstag zum Rapport einbestellt, offenbar um sie zur Großen Koalition zu drängen. Er verhält sich, als befänden wir uns im Ausnahmezustand und als dürfe er dann zwar nicht Notverordnungen wie in der Weimarer Republik, aber doch so etwas wie Notvorschläge unterbreiten. Das ist nicht im Sinn des Grundgesetzes. Dieses ist weit entfernt von der undemokratischen Vorstellung, ein Einzelner habe den größten politischen Durchblick. Steinmeiers Auffassung steht nicht über dem Streit der Parteien.
Zudem ist diese Auffassung bekannt: Steinmeiers Verständnis von Politik ist immer das eines machtbewussten Verwaltungsfachmanns gewesen. Seit Gerhard Schröders Regierungszeit ist das klar. Schröder hatte Bodo Hombach als Kanzleramtsminister eingesetzt, weil er einen Ideengeber wollte. Steinmeier verstand es, Hombach auszubooten. Als er selbst Kanzleramtsminister geworden war, liebte er die Regeln, nicht die Kreativität, eigene programmatische Impulse hielt er für überflüssig, und „Vabanquespiele“, schreibt Torben Lütjen in seiner lesenswerten Steinmeier-Biografie, suchte er zu unterbinden. Diese Vorsicht steht einem Außenminister gut an, nicht aber einem Innenpolitiker. Eine Minderheitsregierung ist in