Lesehinweis
Für den sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück steht fest: Es sei an der Zeit, sich einzugestehen, dass sich „unsere westlichen Maßstäbe pluraler Demokratie nicht unmittelbar auf Russland“ anwenden ließen. Kritik an den Menschenrechtsverletzungen durch das Regime Wladimir Putins solle zwar weiterhin geübt werden, aber nur „in bilateralen Gesprächen und nicht auf dem Marktplatz“, wie er in einem Interview mit ZEIT Online erklärte. Keine öffentliche Kritik mehr an einem System, das unliebsame Kritiker durch eine ihm gefügige Justiz kurzerhand hinter Gittern verschwinden lässt (und einen von ihnen sogar noch post mortem zu einer Gefängnisstrafe verurteilen ließ), dafür umso lautstärkere Angriffe gegen den Verbündeten USA – so muss man die Position Steinbrücks wohl verstehen.
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Nach solcher Logik verdient Schonung, wer – wie Putins Russland – die „westlichen Maßstäbe pluraler Demokratie“ von vorneherein nicht anerkennt; die ganze Schärfe der Kritik darf dagegen Staaten treffen, die auf eben diesen Maßstäben beruhen. Es ist dies die Logik des Kulturrelativismus, der für nicht- westliche Gesellschaften andere Kriterien der Einhaltung von Menschenrechten und Demokratie gelten lässt als für die Demokratien des Westens selbst. Wobei die gängige deutsche Amerika-Kritik gerne die Kulturunterschiede zwischen der vermeintlich zur Gewalttätigkeit neigenden amerikanischen und der nach ihrer Selbsteinschätzung aufgeklärteren europäischen Gesellschaft zu betonen pflegt. Als mildernden Umstand lässt sie diese angebliche kulturelle Andersartigkeit im Falle der USA freilich nicht gelten.
http://freie.welt.de/2013/08/29/kulturrrelativismus-als-politische-gefahr/
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