Ein Punk ist einer, der aus dem Rahmen fällt. Er ist ein Nonkonformist, einer der sich nicht an die bestehenden Normen hält. Das ist auch beim Steampunk der Fall. Doch was hat der Dampf beim Punk zu suchen?
Dampf war im viktorianischen Zeitalter, also zur Regierungszeit der Königin Viktoria in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, die treibende Kraft. Ohne Dampf hätte die Industrialisierung damals so nicht stattgefunden. Die von James Watt weiterentwickelte Dampfmaschine – der eigentliche Erfinder war Thomas Newcomen – trieb die Rohstoffminen und die Fabriken an, die Schiffe und die Eisenbahn. Schliesslich auch die Generatoren für die Elektrizität, die zweite treibende Kraft der industriellen Revolution.
Die viktorianische Zeit, war eine Zeit des Aufbruchs, eine Zeit in der alles möglich schien und man – im Gegensatz zu heute – mit Optimismus in die Zukunft blickte. Es war eine Zeit der verrückten Wissenschaftler, der behuteten Gentlemen und der Ladies in Korsetts und bauschigen Röcken.
In dieser Vergangenheit liegt der Ursprung des Steampunk. Darum ist es auch verständlich, dass sich die Anhänger dieser Szene mehr oder weniger viktorianisch kleiden. Allgegenwärtiges Attribut und Erkennungszeichen ist übrigens die Schweisser- bzw. Pilotenbrille, wie sie oben im Bild zu sehen ist. Allzeit bereit eine dampfende Maschine zu reparieren und ein Luftschiff auf Entdeckungsfahrt zu pilotieren.
Doch daraus zu folgern, Steampunk sei nur rückwärts gerichtet, eine Art nostalgischer Kostümverein, wäre ein Kurzschluss. Steampunk ist im Grund Retro-Science-Fiction.
Wie würde unsere Zivilisation heute aussehen, wenn sich die Zukunftsideen von damals bewahrheitet hätten? Welche technischen Errungenschaften würden heute unser Leben begleiten, wenn die Ideen der Wissenschaft von damals Wirklichkeit geworden wären? Was wäre, wenn es den mystischen Æther wirklich gäbe und wenn anstelle der Elektronik die Mechanik getreten wäre? Mikro- oder gar nanomechanische-chemische Schaltungen anstelle von Transistoren? Dazu einen Schuss Magie und ein paar zusätzliche Naturgesetze… und schon sind wir in der Fantasiewelt der Steampunker. Wer weiss, ob sie nicht auf einem anderen Planeten oder in einem anderen Universum mit etwas anderen Naturgesetzen existiert?
Ein faszinierender Gedanke. Nicht nur aus der Sicht des Technikers, sondern auch in gesellschaftlicher Hinsicht. Denn die Gesellschaft in ihrer sozialen und kulturellen Struktur wird von der Technik mitbestimmt. Das erleben wir heute z.B. mit dem Internet und der grenzenlosen Mobilität.
Ja, Steampunk ist Fantasie. Nicht eine mit Drachen, Magiern und Schwertkämpfern, sondern eine mit einer Technik und Gesellschaftsnormen, die ihren Ursprung im viktorianischen Zeitalter haben.
Doch warum schreibe ich darüber in meinem Traumblog?
Steampunk ist der Grund, wieso ich dieses Blog in letzter Zeit etwas vernachlässigt habe. Zurzeit arbeite ich intensiv an einem Steampunk-Roman und ich muss gestehen: das Thema hat mich gepackt, wie kaum ein anderes zuvor. Doch ganz unerwartet ist es nicht gekommen. Schon in meinen bisherigen Büchern waren Steampunk-Elemente keine Seltenheit. Zum Beispiel in TRAUMNOMADEN. Die Geschichte von Esmeralda und Aaruon, dem Luftschiffer, ist vordergründig zwar eine Traumgeschichte, doch Steampunk ist auch ein fantastischer Traum.
Wenn es läuft wie geplant, so wird mein erster Steampunk-Roman noch dieses Jahr fertig werden und ich habe mir vorgenommen, dass er der erste Band einer Trilogie sein wird. Wäre es doch zu schade, eine ganze Welt neu aufzubauen und sie dann bereits nach einem Band auf Nimmerwiedersehen zu verlassen.
Ich wünsche euch viel Dampf und wenig Grippe. Euer Traumperlentaucher