Selbstmachfolk.
Der Name klingt zwar nach Musik, jedoch: Erwartet man bei Stefano Antoci D'Agostino zwangläufig zerbrechlichen Lo-Fi-Folk? So ist die Überraschung durchaus groß, wenn sich die ersten Klänge von "Colors" dem Opener des Debutalbums "Rough" ganz beschaulich im Raum ausbreiten und sich doch nicht ganz einfach verdauen lassen. Eine ganze Reihe von Brüchen nutzt der unter dem Moniker Stead auftretende Wahllondoner mit sizialianischen Wurzeln, um den 8 Stücken eine sehr eigene, meist nicht ganz eindeutige Linie zu verpassen.
So klingt "Wheeler Dealer" ein wenig nach einem wenig ausformulierten Demo, das flüchtig an Ed Harcourt erinnert und "Another Me" wandert auf den Spuren der neuen englischen Songwriter-Szene. Das eingängie "Instead" wiederum funktioniert genau andersherum und wirkt aufgrund der Streichereinfassung reif, gediegen und trotz der kratzigen Stimme D'Agostinos warm und umarmend.
Es ist nicht immer einfach, den eigentlich gar nicht so komplexen Songs sofort folgen zu können, verwischt Stead die den einen Song umfassende Stimmung mit einem gekonnten Streich, um beim nächsten Song noch schlichter, noch beseelter oder wie im Fall der aktuellen Single "Repetitive" noch eingängier zu erscheinen. Es bleibt hier im Übrigen zu überlegen, ob der beginnende Chorus nicht auch einen Hauch "Daughter" von Pearl Jam (allerdings in sehr leiser Variante) in sich trägt. Kaum ist der letzte wohlmeinende Akkord verklungen, nimmt sich D'Agostino für "29 Times" den irischen Songwriter Dave Muldoon zur Seite und ein leicht hektisch irrlichterndes Kabinettstückchen mit versetztem Sprechsingsang kommt zu voller Blüte. Doch damit nicht genug, denn auch der letzte Akt wird mit Unterstützung bestritten, Guilano Dottori, ebenfalls Songwriter und Landsmann D'Agostinos hilft "Giuggiulena" einen verhalten psychedelischen Anstrich zu verpassen und so sorgen beide für einen sehr gesetzten, aber auch passenden Abschluß des regulären Albums.
Regulär? Jawohl, denn "Rough" gibt es auch noch als "Rough Out"-Version, die mit zahlreichen Outtakes, Demos und sonstigem unveröffentlichten material mindestens noch mal genauso abwechslungsreich ist und einen Weg beschreitet, der für ein Debut höchst ungewöhnlich aber um so lobenswerter erscheint.
Hier gibt was zu sehen:
Repetitive - Stead from Lino Palena on Vimeo.