Stay rude – Stay rebel! Radikale Ehrlichkeit für ein Leben ohne Bullshit.

obacht

Zu den auffälligsten Merkmalen unserer Kultur gehört die Tatsache, dass es so viel Bullshit gibt.

Harry G. Frankfurt in “Bullshit”, Suhrkamp 2006, S.1

Wir alle lügen. Tagtäglich. Wir lügen uns selbst an und wir lügen unsere Familie an. Unsere Freunde, unsere Partner, unsere Kinder, unsere Chefs und Angestellten. Wo soll es enden? Oder lügst du dich noch selbst an und glaubst, du lügst gar nicht?

Es fängt schon in der Früh an… wir gehen ins Bad und machen uns “fertig”. Tust du das auch? Mal ehrlich… willst du dich wirklich jeden Morgen fertig machen? Du merkst also schon, es geht nicht unbedingt um die Art von Lüge, an die du im ersten Moment dachtest. Ich schreibe heute darüber, dass wir uns selbst belügen, weil es bequemer ist, als sich der Wahrheit zu stellen.

Was ist Bullshit?

Max Black beschreibt in “The Prevalence of Humbug” Bullshit als: “insbesonders durch hochtrabendes Gehabe in Wort und Tat irreführende und verfälschende, an Lüge grenzende Darsellung eigener Gedanken, Gefühle oder Einstellungen.”

Eine Problematik unserer Zeit ist das Monster-Choice Dilemma. Wir haben einfach zu viele Möglichkeiten, zu viel Wahlfreiheit. Das liegt begründet darin, dass wir durch den Skeptizismus gelernt haben, dass man eigentlich keiner Quelle trauen kann, da ja alles subjektiv ist. Und damit gibt es plötzlich genau so viele Realitäten wie es Menschen gibt! Niemand kann wissen, wie es “wirklich” ist, denn es gibt keine “Wirklichkeit”, nur unzählige subjektive Blickwinkel auf die Realität. Aber wenn es keine Richtigkeit gibt, wie kann es dann Aufrichtigkeit geben?

Aufrichtigkeit ist sinnlos

Der Rebell im Osho Tarot.

Der Rebell im Osho Tarot.

Natürlich können wir versuchen, immer die Wahrheit zu sprechen. Doch die Wahrheit, so wie wir sie für uns (an-) erkennen (wollen), muss nicht zwingend der Realität entsprechen. Das ist auch schon das große Problem damit. Natürlich können wir bemüht sein, immer nur die Fakten aufzuzählen und absolut rationale Wesen werden, die sich von ihren zwecklosen Emotionen befreien möchten (diese täuschen ja nur und sind auch nicht wahr). Und so fangen wir an, nicht mehr der Realität treu zu sein, sondern “uns selbst”.

Und auch hier ist wieder ein Selbstbetrug im Spiel. Denn wie kann man sich jemals selbst treu sein? Dann müssten wir ja davon ausgehen, dass wir immer gleich denken, empfinden und handeln würden. Als wären wir starr und berechenbar wie Maschinen. Sind wir aber nicht! Wir sind Menschen und wir verändern uns. Mit jeder Sekunde. Wir sind bewusste Wesen und als solche erkennen wir uns im Außen wieder, da wir auf jene Einflüsse reagieren und diese auf uns. Doch wäre es zu hoch gegriffen, wenn wir uns einbilden, wir selbst wüssten am Besten, was in uns vorgeht. Die meisten Menschen wissen es nicht. Oder warst du wirklich noch nie in einer Situation, in der du selbst von dir und deinem Handeln überrascht warst? Insofern ist Aufrichtigkeit selbst auch Bullshit. Was können wir also tun; sollen wir den Bullshit einfach hinnehmen und uns damit abfinden?

Radikale Ehrlichkeit

In seinem Buch “Radical Honesty” beschreibt Brad Blanton, Phd., wie uns Selbstlügen davon abhalten, unsere Ur-Motivation zu leben. Dabei zeigt er in 3 Schritten auf, wie wir uns aus diesem selbst gebauten Gefängnis befreien können, indem wir uns der Wahrheit stellen. Ich meine, es ist zwar immer noch “nur” eine subjektive Wahrheit… aber wenigstens ist es eine Wahrheit nach eigenem Standard. Und das ist meine Meinung dazu:

  • Enthülle die Fakten

Es gibt Menschen die dir, wenn du fragst “Wer bist du?”, wie aus der Pistole geschossen eine Antwort geben können. Und vielleicht sind sie wirklich überzeugt davon, dass sie sich selbst und ihre eigene Identität sehr gut kennen. Das ist leider nicht so. Denn es kann sich immer nur um eine Momentaufnahme handeln. Beispiel: wir werden geboren, wachsen als Kinder auf und eines Tages sind wir erwachsen geworden. Was uns von damals unterscheidet ist in erster Linie, dass wir gewisse Erfahrungen gemacht, haben daraus Werte, Glaubenssätze und Verhalten abgeleitet und das nun unter dem Begriff Identität subsumieren. Dafür muss uns aber klar sein, dass unsere heutige Identität nicht mehr viel mit damals zu tun hat und insofern auch nie “unsere Identität” war, sondern bloß eine von Außen stets anders beeinflusste Selbstwahrnehmung ist. Wenn wir also glauben, wir wüssten, wer wir sind, dann handelt es sich um die fundamentale erste Lüge unseres Daseins. Dies anzunehmen ist die Basis der radikalen Ehrlichkeit.

  • Ehrlichkeit gegenüber Gedanken und Gefühlen

Gedanken und Gefühle sind nicht konstant. Sie sind nicht von Dauer, sondern entstehen, sind und dann vergehen sie wieder. Darum geht es nun auch darum zu lernen, wie du über deine aktuellen Emotionen sprichst (in dem Wissen, dass sie keine endgültigen Entscheidungen sind, sondern nur temporäre Erscheinungen). Ebenso solltest du andere impulsive Statements nicht zu ernst nehmen und beginnen, dir selbst und anderen zu verzeihen.

  • Entblöße die Fiktion

Radikale Ehrlichkeit beginnt an dem Punkt, an dem du dir selbst eingestehst, dass du nicht der warst, der du vorgegeben hast zu sein. Weder nach Außen noch nach Innen hin. Es ist ganz so wie in Oblivion (dem neuen Tom Cruise Film) bei dem er sich an einem Punkt klar darüber wird, dass seine gesamte Existenz und Einmaligkeit eine Lüge ist. Eine Metapher für das Leben, das viele Menschen heute führen? Um also von deinen falschen Vorstellungen los zu kommen, musst du erst einmal verstehen, was eine Vor-Stellung ist. Dabei handelt es sich um ein Bild, das du vor dich stellst. Und damit versuchst du, andere von deinem wahren Selbst abzulenken. Vielleicht auch dich selbst. Und du stellst es auch vor andere, deine Projektion (was du gerne in anderen sehen würdest, obwohl es gar nicht so ist) stülpst du über sie. Und dann bist du enttäuscht, wenn sie sich plötzlich anders verhalten. Ein Beispiel dafür ist die unerwiderte Liebe eines Jugendschwarms. Dich von deiner Vorstellung zu lösen kann schmerzhaft sein. Schon so lange hast du dich daran geklammert, hast womöglich einen Traum gelebt. Und jetzt stehst du plötzlich da, ganz “nackt” und hast “nur dich”. Und ich glaube (ganz ehrlich): das ist genug. Wenn du es annimmst. Denn es ist schon gut so, wie es ist. Sonst wäre es ja nicht so, wie es ist.

Alles Liebe,

Benedikt

 

P.S.: Probleme suchen sich keine Opfer aus; Opfer suchen sich Probleme aus.


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