Statistik ist das Eine – das Andere ist der Weiße Hai

Von Andreas Clevert @andreasclevert

Nach diversen Sommerlochtiermeldungen (Kroko, etc.) nun endlich mal was Handfestes. Weißer Hai vor den Balearen erstmals seit dreißig Jahren zweifelsfrei identifiziert. Die Meldung passt. Alle, nein, alle und leider noch ein paar mehr werden in den nächsten Wochen versuchen, auf Malle ihre Füße und die ihrer Kinder im Wasser baumeln zu lassen. Da bekommt diese Meldung schon einen anderen Drive als, sagen wir mal „Im Tümpel von Buxtehude wurden Pirahanas gesichtet“. Wer badet schon in Buxtehude?!

Meine erste Reaktion. Auch wenn gerade bei unserem Viertklässler das Thema Zeitung in der Schule dran ist. Man muss ja nicht alle Meldungen am Frühstückstisch besprechen.

Meine zweite Reaktion. Seriöse Information. Spektrum.de, eingebunden in ZEIT online, greift das Thema heute auch auf. „…Keine Panik!“ lautet das Ende der Titelzeile. Aha, und warum dann mit Ausrufungszeichen! Hat der Autor dieser Zeilen etwa auch schon das Planschen mit dem eigenen Nachwuchs auf und vor Ibiza vor Augen? Dennoch folgen nüchterne Zahlen. Mehrere Milliarden Badende pro Jahr, wenig Dutzende Haiangriffe. Und überhaupt, niemals auf Malle. Ganz weit weg.  Erleichtert möchte ich schon Wegklicken.

Dann aber dieser letzte Absatz, der irgendwie wieder die Panikattacke der Titelzeile aufgreift:

„Das Risiko einer Attacke lasse sich zudem durch einfache Verhaltensänderungen weiter verringern, so Haiforscher: Schwimmer sollten möglichst nicht in der Dämmerung oder nachts ins Wasser gehen, sich in der Nähe von Fischern, Fischschwärmen oder fischenden Seevögeln aufhalten oder glitzernde Materialien am Körper tragen, die Haie neugierig machen könnten. Überproportional häufig sind zudem Surfer betroffen, die eine Reihe von Verhaltensweisen zeigen, die Haie anlocken und zu Bissen verleiten, weil sie die Sportler mit Beute verwechseln. Im Fall eines Angriffs soll man sich wehren und dem Tier auf Nase, Augen und Kiemen schlagen.“

Himmel. Wenn es denn keine Haiattacke geben wird, warum dann diese sehr konkreten Verhaltensregeln? Ich meine, ich gehe zwar als Papa nicht als glitzernde Wassernixe ins kühlende Nass, aber: Da wo ich bin gibt es per definitionem Seevögel und Fische. Und Surfen ist ja jetzt auch nix wirklich Exotisches. Und dann, etwa, Auge im Auge mit meinem Filmfreund aus Kindertagen, soll ich diesen Artikel beherzigen und gezielt auf Nase, Augen und Kiemen schlagen? „Du süßes kleines Fischli, kannst Du Dich bitte mal zur Seite drehen, damit ich Deine dollen Kiemen sehen kann?“ Hallo??!! Keine Panik???!!!

Wenn ich einen seriösen Artikel zu Meteoritenschauer lese (die Leoniden kommen mal wieder, oder so), finde ich ja auch keinen Hinweis darauf, dass ich mich wohl im Keller meines Hauses am besten vor Meteoriten bis zu 2 KG schützen kann. Oder, präzisere. Das Risiko eines Meteoriteneinschlags auf meinem Kopf weiter reduzieren kann.

Achja, ich versuche heute mal beim Familienabendessen zu ventilieren, ob wir diesen Sommer nicht doch lieber in die Berge gehen.

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