State of the art

State of the artAtoms For Peace
10. Juli 2013, Zenith, München

Support: Owiny Sigoma Band
Ein bisschen unsicher war man schon, wie Atoms For Peace, die Supergroup um Radiohead-Frontmann Thom Yorke, ihre wunderbar feingliedrige, vielschichtige Debütplatte „AMOK“ würden auf die Bühne des Mehrzweckbunkers Zenith übersetzen können, wie denn die vielgerühmte Sexyness, der unterschwellig vibrierende Elektrofunk in so einem schallschluckenden Stahlmonster überhaupt funktioniere. Jetzt weiß man: So und nicht anders und genau dorthin gehört diese Band, eben dieser Rahmen macht sie zu einem grandiosen Ereignis. Es wird ja immer gern (und meistens auch zu Recht) mit dem Veranstaltungsort gehadert – um wievieles lieber würde man diesen oder jenen in einem schummrigen Club, besser noch im eigenen Wohnzimmer genießen dürfen. Die Atoms For Peace sind für solcherart kleinteilige Besinnlichkeit allerdings nicht gemacht, die gesamte Ästhetik ihres Auftritts, die überwältigenden Lichteffekte, die doppelt besetzte Rhythmus-Sektion mit Mauro Refosco und Joey Waronker, das aufgetürmte Effektkabinett des Nigel Godrich, das alles verlangt den weiten Raum zur Entfaltung und die Band füllt selbigen erstaunlich mühelos und höchst professionell.
Keine verschämte Koketterie, sondern charmante, lässige Coolness prägen diese gut anderthalb Stunden – „Guten Abend, Bonsoir“, los geht’s. Eine unbändige Energie scheint in jedem der fünf Musiker zu stecken, nenn es Spielfreude, auch Kampfeslust, das will alles raus, das muss am Laufen gehalten werden – unablässige Bewegung also, Körperlichkeit. Schlagmann Waronker hüpft zwischen den Stücken hinter dem Arbeitsgerät auf und ab wie ein unruhiger Boxer, der den Gong zur nächsten Runde, zum Punch kaum erwarten kann, Flea krümmt sich in gewohnter Manier über seinen Bass, wird selbst zum Taktgeber, und Thom Yorke wirft Arme und Kopf zurück, windet seine dünne und zähe Gestalt – selbst ein einziger, zuckender Muskel –im flackernden Gegenlicht zum Beat. Der stammt zu gleichen Teilen von besagtem „AMOK“ und Yorke’s Soloalbum „Eraser“ und verbindet sich auch an diesem Abend passenderweise im Stück „Atoms For Peace“, dass den Namen der Band schon vor Jahren vorwegnahm.
Ein Satz noch zum Thema „Männer am Klavier“: Heikle Sache. Manch einer erinnert sich vielleicht an das One-Hit-Wonder Toploader und den Song „Dancing In The Moonlight“ – wer wie deren Sänger Joseph Washbourn ein komplettes Konzert hilflos hinter dem Piano herumhampelt, obwohl er offenkundig lieber eine Gitarre zwischen die Beine wünscht, darf sich nicht wundern, wenn er sich wie ein albernes Würstchen ausnimmt. Gegenbeispiele: Elton John (oh ja), Ben Folds (na klar) und eben Thom Yorke. Auch wenn es ihn selten auf dem Hocker hält, für das wunderbare „Cymbal Rush“ oder „Rabbit In Your Headlights“, ein Cover des Elektroduos U.N.K.L.E., versteht er selbst von dort die Energieschübe seiner furiosen Band zu dirigieren und zu lenken. Ganze fünf Zugaben, mit „Paperbag Writer“ sogar ein älteres Radiohead-Stück dabei – gehen lassen wollte die Jungs so recht keiner und es bedurfte schon des unbarmherzigen Griffes zum Saallichtschalter, um die Halle zu räumen. Der Besucher ging jedoch mit der wohltuenden Erkenntnis, dass man ein Konzert in diesem Rahmen so viel besser nicht erleben kann.

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