Stärkung der Menschen- und Minderheitenrechte ist eine langfristige Investition

Von Mehriran

31.08.2018Politik & Gesellschaft

mehriran.de - Mehrere Menschenrechtsbeobachter hatten beim Fachgespräch der IGFM/des Vereins Karamat e.V. in der Berliner Landesvertretung Niedersachsens beim Bund, Gelegenheit zu Wort zu kommen. Neben der Friedensnobelpreisträgerin Dr. Shirin Ebadi, dem Baha'i Sprecher Jascha Noltenius, der Sprecherin von Erfan-e Halghe, Soheila Hadipour, Pastor Dr. Gottfried Martens, Martin Lessenthin von der IGFM und Helmut N. Gabel von Karamat e.V. kam auch Dr. Kamal Sido von der GfbV zu Wort. Im Folgenden veröffentlichen wir seine Stellungnahme auf mehriran.de.

mehriran.de - Im stetig weiter eskalierenden Streit um den sogenannten Atom-Deal zwischen Iran und der USA droht der Blick auf die kontinuierlichen und systematischen Menschenrechtsverletzungen durch das Regime der Islamischen Republik Iran in den Hintergrund zu rücken. Laut Angaben des Regimes wurden bei Protesten im Dezember 2017 und im Januar 2018 rund 4.982 Menschen verhaftet. Die Opposition spricht von bis zu 8.000 Verhaftungen. Einige sollen auch in Gefangenschaft getötet worden sein. Iranische Menschenrechtler sprechen von 14 Demonstranten, die im April 2018 identifiziert worden sein sollen. Alle sollen im Gefängnis getötet worden sein. Das Regime gibt an sie hätten Suizid begangen.  

Auch die Lage der Frauen bleibt dramatisch. Im Jahre 2018 sollen mindestens 35 Frauen verhaftet worden sein, weil sie gegen den Verhüllungszwang protestiert hatten und ihr Kopftuch abgenommen hatten. Ihnen droht eine Anklage wegen Prostitution und bis zu 10 Jahre Haft. Eine Frau wurde im Mai 2018 verhaftet, weil sie ein Tanzvideo im Internet gepostet hatte. Auch, wenn immer wieder Forderungen nach einer Abschaffung der Todesstrafe im In- und Ausland laut werden, richtetet das Regime der IRI weiter hin. Laut UN Berichten sind 85 Minderjährige zu Tode verurteilt worden und warten im Gefängnis auf ihre Hinrichtung. 

Im Vielvölkerstaat Iran sind die Volksgruppen der Aseri, Kurden, Araber, Belutschen, Turkmenen, Assyrer sowie andere kleinere ethnische Minderheiten nicht als eigenständige Völker mit eigener Sprache und Kultur anerkannt. Sie alle werden unterdrückt und diskriminiert. Gemeinschaften und Einzelpersonen mit von der Staatsreligion abweichenden Weltanschauung wie Baha'i, Sufi-Derwische, Sunniten und christliche Konvertiten werden immer wieder willkürlich beschuldigt, Spione ausländischer Mächte zu sein und kurzerhand zu Staatsfeinden erklärt. Viele von ihnen leiden unter unsäglichen Bedingungen in iranischen Gefängnissen.

In den letzten Jahren haben die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) und andere Menschenrechtsorganisation wie die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) und Karamat e. V. Machthaber in Teheran, insbesondere den amtierenden iranischen Präsidenten Hassan Rohani, immer wieder an ihre Versprechen erinnert, die Lage der Menschen- und Minderheitenrechte zu verbessen und die Verfolgung von Minderheiten und Andersdenkenden im Iran endlich zu beenden. 

Die Islamischen Republik Iran beklagt die Einmischung der USA und anderer westlichen Staaten in die inneren Angelegenheiten des Iran. Auch wir als GfbV sind nicht immer mit der Politik der USA einverstanden. Diese Forderung des Iran an die USA klingt aber nicht glaubwürdig. Denn der Iran mischt sich seit Jahren in innere Angelegenheit vieler Staaten in der Region. Durch diese politische und militärische Einmischung werden Konflikte im Irak, in Syrien, im Libanon und im Jemen aufgeheizt und eine dauerhafte und friedliche Lösung unmöglich gemacht. Auch im israelisch-palästinensischen Konflikt spielt der Iran eine unsägliche Rolle. Sie gießt immer mehr Öl ins Feuer und ruft offen zur Vernichtung des Staates Israel. Während die Machthaber im Iran als Schutzmacht der schiitischen Volksgruppen in den Ländern der Region auftreten, haben sie überhaupt kein Problem mit einem anderen Despoten wie Erdogan, der sich als Schutzpatron der Muslime, in diesem Fall der Sunniten, weltweit bezeichnet, zu kooperieren und gemeinsam die kurdische Freiheitsbewegung im Iran, der Türkei, im Irak oder in Syrien zu bekämpfen. Diese Einmischungen der Islamischen Republik Iran und der Kampf um Vorherrschaft und die Rivalität mit der gleichfalls reaktionären saudischen Dynastie verwandelten die Bürgerkriege in Syrien und im Jemen längst zu schmutzigen Stellvertreterkriegen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran bzw. zwischen der islamistischen Regierung in der Türkei und dem Iran. Diese Kriege werden auf Kosten der Zivilbevölkerung geführt. Schiiten und Sunniten werden gegeneinander ausgespielt und immer mehr Konfliktherden produziert.  

Wir sind nicht dagegen, dass die deutsche Bundesregierung mit den Machthabern im Iran redet. Wir wollen aber, dass auch mit den Vertretern der Zivilgesellschaft, mit den Angehörigen der politischen Gefangenen, mit Repräsentanten der Minderheiten, der Bahai, der Kurden und der Christen, geredet wird. Denn jede Stärkung der Menschen- und Minderheitenrechte ist eine langfristige Investition. Mehr Menschen- und Minderheitenrechte und die friedliche Lösung von bestehenden Konflikten können die Lage im jeweiligen Land nur stabilisieren und Flucht, Vertreibung und Kriege verhindern.  

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