Der Klimawandel wird den wirtschaftlichen Wert der Waldfläche Europas bis ins Jahr 2100 um schätzungsweise 14 bis 50 % vermindern, erwartet ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Marc Hanewinkel von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald
Selbst bei einem gemässigten Klimaszenario werden die erwarteten Veränderungen von Temperatur und Niederschlag die Verbreitungsgebiete der meisten Baumarten stark verändern. An Kälte und mässig feuchte Böden angepasste Baumarten wie die Fichte
Der Klimawandel dürfte die Baumartenverteilung in Europas Wäldern deutlich verändern. Bis ins Jahr 2100, wenn es in vielen Regionen keine Fichten mehr geben dürfte, werden sich die ökologischen Bedingungen auf 21 bis 60 % der waldfähigen Standorte (34 % im Durchschnitt) vor allem für mediterrane Eichenwälder eignen, die der Holzindustrie geringere Erträge erbringen werden. Darüber hinaus werden diese langsam wachsenden Wälder weniger Kohlenstoff binden als die heutigen Wälder. Bis 2100 – abhängig vom Zinsniveau und dem gewählten Klimaszenario – dürften die wirtschaftlichen Verluste zwischen 14 und 50 % (Durchschnitt 28 %) unter den heutigen Wertvorstellungen in Europa liegen. Gegen Ende des Jahrhunderts wird der absolute Verlust im Falle des gemässigten Szenarios im Durchschnitt bei 190 Milliarden Euro liegen. Er variiert über alle drei analysierten Szenarios zwischen 60 und 680 Milliarden Euro.
Pflanzung trockenheitstoleranter Baumarten eine Alternative?
Wenn die klimatischen Auswirkungen nicht durch Gegenmassnahmen ausgeglichen werden, wird in Europa der wirtschaftliche Wert der Wälder sinken, und diese werden den Klimawandel weniger mindern als die heutigen, produktiveren Wälder. Mindestens müsste die Waldbewirtschaftung dem fortschreitenden Klimawandel angepasst werden. Doch auch ein vermehrter Anbau oder die Einführung aussereuropäischer Baumarten wie der Douglasie, der im Mittelmeerraum heimischen Atlas-Zeder sowie verschiedener Föhren- und Eukalyptusarten dürfte in Betracht gezogen werden.
Im Schweizerischen Mittelland und in den Voralpen ist damit zu rechnen, dass die Buche sowie Eichenarten aus Mittel- und Südeuropa die Fichte als produktive Holzart verdrängen werden. Diese wird zusammen mit der Weisstanne nur noch in den Hochlagen der Alpen eine Bedeutung haben. Der Baumartenwechsel dürfte die Holzindustrie beeinträchtigen, die seit Jahrzehnten stark von der Fichte und der Weisstanne abhängig ist. Die Waldeigentümer in der Schweiz müssen damit rechnen, Einkommenseinbussen zu erleiden, sofern keine wirksamen Massnahmen gegen die Verdrängung der Fichte ergriffen werden.
- * = IPCC climate change scenarios (drei der insgesamt 40 Szenarios des Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC):
- • B2 (schwach; regional, nachhaltig)
- • A1B (mässig; ausgeglichen)
- • A1FI (stark; intensiv an fossilen Brennstoffen)
Das international zusammengesetzte Team von Wissenschaftlern schätzte in dieser Studie die wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels aufgrund eines breiten Spektrums zunehmender Temperaturen ein (bis 2100 um 1.4 bis 5.8°C). Darüber hinaus basiert die Untersuchung auf einer Datenbank von 6129 langfristig beobachteten Stichprobenflächen, die in einem 16x16 km Messnetz über ganz Europa verteilt liegen und 2.06 Mio km2 Waldfläche abdecken. Die Forscher verwendeten ein hoch auflösendes Modell, das die Präsenz bzw. Abwesenheit von 32 Baumarten unter verschiedenen klimatischen Entwicklungen in ganz Europa vorhersagt.
Quote:Originalpublikation
Climate change may cause severe loss in the economic value of European forest land. By Marc Hanewinkel, Dominik A. Cullmann, Mart-Jan Schelhaas, Gert-Jan Nabuurs, Niklaus E. Zimmermann. Nature Climate Change, online.