“Star Trek II: Der Zorn des Khan” (1982)

Der Ur-Schrei: Captain Kirk (William Shatner) hasst seinen Widersacher Khaaaan! in

Der Ur-Schrei: Captain Kirk (William Shatner) hasst seinen Widersacher Khaaaan! in “Star Trek 2: Der Zorn des Khan”

Lange vor der erwarteten Fortsetzung „Star Trek into Darkness“ gab es diesen anderen zweiten Teil einer Star Trek-Saga, berühmt für das erbitterte Aufeinandertreffen zweier Kapitäne: der in Mexiko geborene Ricardo Montalban, 2009 verstorben, in der Rolle des rachsüchtigen Khan. William Shatner als Captain James Tiberius Kirk, ein Urgestein im Universum des Enterprise-Erfinders Gene Roddenberry. Als Fortführung der Fernsehepisode „Der schlafende Tiger“ (Originaltitel: „Space Seed“; Erstausstrahlung am 16. Februar 1967) inszeniert, kehrt die Besatzung der Enterprise NCC-1701 unter der Regie von Nicholas Meyer (der später mit „Das unentdeckte Land“ noch einmal einen Star Trek-Film inszenierte) im Jahre 1982 auf die Kinoleinwände zurück. Im Gegensatz zum 1979er Einstand „Star Trek: The Motion Picture“ weitaus kinofreundlicher, lockerer als die verbissene Inszenierung zuvor, die sich offensichtlich an Stanley Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ orientierte, einem damaligen State-of-the-Art Science-Fiction-Film.

In „Star Trek 2: Der Zorn des Khan“ wird eine ganz andere Bezugsquelle hinzu gezogen. Denn das Aufeinandertreffen von Khan und Kirk, die Jagd des Bösen auf die Enterprise, seine Rachegelüste, all das ist Herman Melvilles „Moby Dick“ entnommen: die Jagd Kapitän Ahabs auf den großen, weißen Giganten der Meere, wie die im Weltall freischwimmende Enterprise. Gespielt von Ricardo Montalban (Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre als Gastgeber Mr. Roarke auf der „Fantasy Island“ im Fernsehen zu sehen), entkommt der genetisch manipulierte Tyrann Khan Noonien Singh seinem schon seit 15 Jahre andauernden Exil, nur geleitet von dem Gedanken der Rache an Captain Kirk, der für die Verbannung Khans verantwortlich war. Gemeinsam mit seiner Crew muss Kirk den entflohenen Wahnsinnigen daran hindern, eine mächtige Technologie namens Genesis in die Finger zu bekommen, mit der ganze Welten erschaffen werden können. Dies gelingt am Ende nur mit einem großen Opfer: Spock gibt sein Leben für die Rettung von Genesis, womit ein drei Filme umfassender Handlungsstrang beginnt, der in „Der Zorn des Khan“ mit dem Tod von Spock eingeläutet, in „Auf der Suche nach Mr. Spock“ (1984) mit dessen Wiederauferstehung fortgeführt und in „Zurück in die Gegenwart“ (1986) mit der Heimkehr Spocks und seiner Freunde auf die Erde ihrer Zeit geschlossen wird.

Ricardo Montalban als Khan.

Ricardo Montalban als Khan.

Solche Bilder lassen sich bei Star Trek immer wieder finden: Tod, Auferstehung und Heimkehr, biblische Symboliken, die in „Der Zorn des Khan“ auch nicht zuletzt durch die erste Einführung von Admiral Kirk genährt wird, der wie eine Lichtgestalt zur Tür hereinkommt, die neue Besatzung der Enterprise aus einer erhöhten Position erblickt. Auch Genesis, ein neu entstehender Planet, sowie der Name selbst, Anspielungen an religiöse Vergleiche gibt es nicht gerade wenig. Sie werden nur überflügelt von Melvilles Moby Dick, der geradezu omnipräsent ist, sich in der Gesamtheit des Films verewigt sieht. Da ist Khan, dieser moderne Kapitän Ahab, der sich und seine Männer aus dem Exil befreit, indem er ein Raumschiff stiehlt und der Gefangenschaft auf dem Wüstenplaneten SETI-Alpha 5 entflieht. Aus der Trockenheit in das metaphorische Meer, hier ein Meer aus Sternen. Aber eine Flucht ist es nicht wirklich, denn Khan sinnt nach Rache an dem Mann, der für dieses Exil verantwortlich war. Er will Captain Kirk und seine Enterprise jagen wie Ahab den Wal Moby Dick gejagt hat: bis zum erbitterten Ende. Da ist die Enterprise, die zum großen, weißen Metallmonster, zum Wal im Weltall ästhetisiert wird. Ähnlich wie Kapitän Ahab den weißen Wal Moby Dick für den Verlust seines Beines verantwortlich macht, sieht Khan die Schuld für den Tod seiner Frau bei Kirk (zu sehen in der „Raumschiff Enterprise“-Fernsehepisode „Der schlafende Tiger“). Beiden Figuren wurde etwas Elementares in ihrem Leben genommen, wodurch ihr Zorn geschürt wird. Sobald man all dies erkennt, wird klar, dass Khan ebenso wenig siegreich sein wird wie einst Kapitän Ahab. Selbst als dieser schon am Ende ist, in die Tiefen des Meeres gezogen wird, ist er noch von seinen Rache- und Zorngelüsten durchzogen. Auch als Khans Raumschiff kurz vor der Zerstörung steht, bleibt der Moment vom Zorn getragen. Der metaphorische Ahab bäumt sich zum letzten Mal zu einer ‘Hate Speech’ auf, obwohl er sich seines Untergangs durchaus bewusst ist. Aber ohne einen letzten, vom Hass durchzogenen Monolog möchte Khan nicht abtreten, wodurch er nicht nur an Kapitän Ahab erinnert, sondern zugleich auch an große, tragische Helden aus den Werken Shakespeares: Macbeth, König Lear.

Hier findet man zwei weitere Motive des Films. Die Hochkultur die durch Khan repräsentiert wird gegen den subtilen Cowboy Captain Kirk, um keine Konfrontation verlegen. Die übermäßige Intelligenz Khans gegen den Erfahrungsschatz des Admirals, der später wieder zum Captain degradiert werden wird, damit er Einsätze fliegen kann und nicht am Zeichenbrett Taktiken ausklügeln muss. Khan als Sinnbild der Intelligenz und Hochkultur, bemerkbar gemacht durch zahlreiche Klassiker der Literaturgeschichte, die sich in seinem gestrandeten Raumschiff wiederfinden lassen: Der eben schon erwähnt „König Lear“ von Shakespeare, „Das verlorene Paradies“ von John Milton und sogar „Moby Dick“ selbst. Doch Khan verlässt sich zu sehr auf einen genetisch manipulierten, überdurchschnittlichen Intelligenzquotienten. Der Zorn reist ihn aus seinen normalen Verhaltensmustern heraus, ein fremdes Empfinden dass aus Khan einen unüberlegt handelnden Mann werden lässt. Ein weiterer Grund weswegen sein Vorhaben zum Scheitern verurteilt ist. Kirk hingegen ist der Haudegen, der Krieger der sich jederzeit wutentbrannt in den Kampf stürzen würde und es auch schon unzählige Male getan hat. Für ihn ist der Zorn kein fremdes Empfinden, er nutzt die Emotion für sich, kann sich dementsprechend Äußerungen wie „Ich lache nur über ihren überlegenden Intellekt“ erlauben. Und auch sein treuer Freund Spock bemerkt über ihren Widersacher: „Er ist intelligent, aber nicht erfahren.“.

Khan (links) und Kirk (rechts) in der Fernsehepisode

Khan (links) und Kirk (rechts) in der Fernsehepisode “Der schlafende Tiger” der Serie “Raumschiff Enterprise”.

Ein weiterer Kernpunkt von „Der Zorn des Khan“: Nicht nur steht die Intelligenz gegen die Erfahrung, zugleich wird auch die Jugend gegen das Alter gestellt, ebenfalls ein Sinnbild für Erfahrung, versteckt im Alter, sowie der ungestümen Unwissenheit der Jugend. Im Film stehen sich zwei alte Hasen gegenüber, die sich schon aus außerhalb der Filmrealität kennen, in der Fernsehserie „Raumschiff Enterprise“ aufeinander prallten, jetzt ihr zweites Duell beginnen. Um sie herum schwadroniert eine jüngere Generation. Auf der Enterprise wird sie angelernt, bei Khan folgen sie ihrem Führer bis zu einem gewissen Moment blind, wollen von seiner Erfahrung profitieren, ohne zu wissen, dass er selbst nur von seinen Gefühlen gesteuert wird. Es ist das Duell zweier alt gewordener Krieger im Umfeld der Jugend, eine Visualisierung der Zeit, die diese Feindschaft nun schon besteht. Zugleich wird Kirks Sohn eingeführt, David Marcus, eine neue Kirk-Generation. Ebenso wie Genesis geschaffen wird, eine neue, junge Welt. Dass Star Trek beides im Verlauf der weiteren Filme töten wird, ist signifikant für das Beibehalten alter Werte, zumindest bis man in „Das unentdeckte Land“ aufbricht.

Mit „Der Zorn des Khan“ existiert ein bis heute als Klassiker geltender Sci-Fi Film, vielleicht der Beste in der Ur-Star Trek-Kinoreihe mit Shatner, Nimoy, Kelley und all den anderen, alten Haudegen, deren Sternenreisen man mit Freude (im Falle von „Am Rande des Universums“ vielleicht auch mit ein wenig Abneigung) verfolgt hat. Nun ist J. J. Abrams an der Reihe nachzulegen, einen Nachfolgefilm für sein Star Trek-Universum zu schaffen, der ähnlich stark in Erinnerung bleiben wird. Die imdb listet Benedict Cumberbatch, Gegenspieler von Captain Kirk in „Star Trek into Darkness“ als Khan. Vielleicht orientiert man sich hier nicht an „Moby Dick“, sondern direkt an „Der Zorn des Khan“.


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