Verpackungsmaterial zu reduzieren, ist ein wichtiger Schritt in Richtung umweltfreundlicherem Alltag. Diese Strategie ist auch für die Hersteller von Verpackungen nicht nur nachhaltiger ist, sondern auch ein Weg enorme Kosten einzusparen. Und deshalb sind sie so beliebt, die so genannten Standbeutel, auch Pouches genannt. Sie haben hervorragende Eigenschaften, beispielsweise für die Umhüllung von Getränken, Lebensmitteln und sogar scharfen Reinigern – die bringen die unterschiedlichen als Ausgangmaterial dienenden High-Tech Folien mit.
Erfunden wurde der Beutel 1962 als Doypack von den Brüdern Doyen, die die Idee auch erstmals patentieren ließen. Erster Lizenznehmer waren 1969 die Heidelberger Sisi-Werke, deren Capri Sonne im 200ml Standbeutel mit Strohhalm später zur Kultmarke avancierte. Heute gehört Capri Sonne zu den weltweit beliebtesten Kindergetränken – ohne den Sinn und Unsinn des Produktes hier bewerten zu wollen. Lange Zeit waren Beutel-Verpackungen wie die der Capri Sonne jedoch selten; als Negativbeispiel kannte man in Deutschland Ost wie West die schwabbeligen, zum Aufplatzen neigenden Schlauchbeutel für Milch – und der konnte eben noch nicht stehen.
Heute haben die Standbeutelverpackungen ihr Image völlig umgekrempelt. Angefangen beim Nachfüllpack mit Umweltnutzen aber ästhetischen Abstrichen erfüllt der Beutel heute auch die Erwartungen an ein wiederverschließbares, sicheres und sauberes Produkt und übernimmt in vielen Produktlinien heute die Hauptrolle. Studien belegen, dass die Pouches das Packmittel mit dem größten Wachstum der letzten Jahre sind. Dieser Trend ist im Alltag bereits sichtbar: Wo man hinschaut, tummeln sich Folienbeutel: Ob Käse, Tabak oder Katzenfutter, ob Milch, Fruchtsaft oder Plätzchenteig – alles kommt in die Tüte.
Das der Beutel technisch fast alles kann, ist klar. Doch auch kulturell und symbolisch gewinnt der Standbeutel an Bedeutung, er setzt sich mittlerweile als ressourcenschonende Art der Verpackung durch.
Deshalb finden wir den Standbeutel auch in den Sortimenten von Öko-Molkereien wie beispielsweise dem Ökodorf Brodowin, die 2007 den Ecolean Standbeutel einführten. Ecolean ist ein schwedisches Unternehmen, das das Folienmaterial Calymer entwickelt hat, das zu 40% aus natürlich vorkommender Kreide besteht und zu 60% aus recyclebarem Kunststoff besteht. 16 Gramm bringt der Beutel lediglich auf die Waage, entsprechend günstig fällt der ökologische Fußabdruck des Produktes im Vergleich mit Glaspfand, Tetrapaks und Kunstoffflaschen aus. Zur besseren Handhabung hat der Beutel einen stabilisierenden Griff der aus Luft aufgeblasen wird. Einziges Manko ist die fehlende Wiederverschließbarkeit und die vielleicht etwas gewöhnungsbedürftige Format. Der Standbeutel mit aufgeblasenem Griff soll in der Silhouette an eine Karaffe erinnern, kann aber als eines der meistkonsumierten Alltagsprodukte hier die Erinnerung an heimelige und vertraute Formate nicht herstellen. Und im normalen Alltag greifen die meisten Konsumenten zu dem was ihnen am bekanntesten ist.
Das und die vermutlich lebendige Erinnerung daran, wie sich die Milchbeutel früher anfühlten und wie es am Milchregal roch könnten der Grund dafür sein dass der Ecolean-Beutel von den Kunden nicht immer gut angenommen wird. Einige Molkereien haben laut Medienberichten ihre Versuche mit dem Milchstandbeutel zugunsten von Tetrapaks und neuen Formaten in Flaschenform mit Schraubdeckeln wieder eingestellt, andere Molkereien vertrauen in ihre umfassende Kundeninformation, um die kosten- und unweltfreundlichen Beutel beliebter zu machen und sie sozusagen zu ihrem Glück zu zwingen.