Akteure, welche durch ihr Tun oder Unterlassen den Unternehmenserfolg direkt oder indirekt in positiver bzw. negativer Weise beeinflussen können, werden als Stakeholder bezeichnet. Diesem Einfluss sollen sich Unternehmen im Rahmen einer proaktiven Stakeholderpolitik stellen. Die Begrifflichkeit und das Konzept der Stakeholderorientierung macht deutlich, dass nicht nur die Shareholder mit ihren Ansprüchen und Aktivitäten Auswirkungen auf den Erfolg einer Unternehmung haben. In der deutschsprachigen Debatte um die Systematisierung der Stakeholder hat sich die Unterteilung in interne und externe Anspruchgsgruppen durchgesetzt. Die internen Anspruchsgruppen, wie Eigentümer, Mitarbeiter und Management variieren im Normalfall nicht so stark wie die externen (vgl. Pfriem 2008, S. 83-86). Zur Erhöhung der Komplexität kommt hinzu, dass einzelne Individuen gleichzeitig mehreren Anspruchsgruppen angehören können. Stakeholder-Ansprüche können nicht nur mit den Ansprüchen des Unternehmens in Konflikt stehen; es ist auch Konfliktpotential zwischen den einzelnen Anspruchsgruppen selbst vorhanden. Je nach Einflusspotential können manche Stakeholder mehr und manche weniger relevant für das betreffende Unternehmen erscheinen (vgl. Hardtke/Prehn 2001, S. 158).
Auf der ersten Ebene des Modells, das einen entscheidungsorientierten Nachhaltigkeits-Marketing Ansatz für Anbieter darstellt, wird nun analysiert, welche Stakeholder für das Unternehmen von Relevanz sind. Nach Identifizierung der relevanten Stakeholder müssen Informationen über deren Erwartungen an das Unternehmen gesammelt werden. Besonderer Fokus im Nachhaltigkeits-Marketing sind die sozialen und ökologischen Anforderungen der Stakeholder. In diesem Zusammenhang lohnt sich eine Analyse der ökologischen Belastungen und sozialen Spannungsfelder des Produktes während seines gesamten Lebenszyklus. Diese Analyse kann auch mit Hilfe von Stakeholdern aus der Wissenschaft und Forschung, oder gemeinsam mit NGOs, Normungs- und Zertifizierungsstellen etc. durch geführt werden. Eine derartige Analyse kann – auf Grund der Komplexität der externen Auswirkungen – in vielen Fällen vom Unternehmen nicht ohne Beanspruchung fremder Hilfe durchgeführt werden. Hier lohnen sich Kooperation und Zusammenarbeit mit, auf diesem Gebiet, erfahrenen Stakeholdern.
Nachstehende Darstellung zeigt mögliche Stakeholder für Unternehmen in der T&B-Industrie in geclusterter Form. Die Stakeholderanalyse hilft bei Schwerpunktsetzungen der nachfolgenden Ebenen im Nachhaltigkeits-Marketing.
Darst.: Mögliche Stakeholder in der Textil- und Bekleidungsindustrie
Quelle: eigene Ausarbeitung
Unternehmen, die eine Stakeholderorientierung neben der Kundenorientierung integrieren möchten, müssen dazu bereit sein, ihr ökonomisches Interesse eigenverantwortlich zu begrenzen – d. h. das Streben nach Gewinn soll davon abhängig sein, ob eine Legitimation gegenüber den Stakeholdern erbracht werden kann (vgl. Bookhagen 2001, S. 68).
Der Vorteil dabei: Gut gepflegte und auf Vertrauen basierende Stakeholder-Beziehungen stellen schwer imitierbare Wettbewerbsvorteile dar, welche langfristig zu immateriellen Vermögenswerten heranwachsen und dadurch eine hohe strategische Bedeutung erlangen (vgl. Hermann 2005, S. 2).