sie will weder eine botschaft übermitteln noch parallelen zur großbaustelle s21 ziehen, trotzdem lässt birgit hummler-schauflers erster roman „stahlbeton“ tief blicken und dem leser wird schnell klar: hier geht es nicht um reine fiktion!
tatsächlich liegt dem plot eine fernseh-dokumentation zugrunde und der eigentlich klassische krimi zeichnet sich nicht nur durch komplexe und sorgfältig heraus gearbeitete charaktere und zusammenhänge aus, sondern auch durch ein aktuell-brisantes thema: es geht um organisierten menschenhandel und illegale bauarbeiter auf deutschlands großbaustellen. die intensiven recherchen der autorin und freien journalistin sind beim lesen förmlich spürbar und zeichnen die bedrückende realität zig tausender osteuropäer, die mit glücksverheißenden versprechungen nach deutschland gelockt werden, um hier, ihrer pässe beraubt, in verdreckten containern wie gefangene leben und am ende durch juristische findigkeiten noch um den kärglichen lohn gebracht zu werden.
am anfang steht ein leichenfund und nach ein paar seiten scheint der fall bereits aussichtslos, weil der tote schlicht nicht zu identifizieren ist. allein deshalb, weil protagonist und hauptkomissar bialas so akriebisch wie seine erfinderin vorgeht und einige tapfere mitstreiter findet, kann sich die geschichte zu einer spannenden jagd und aufklärungs-story entwickeln. hauptschauplatz ist übrigens die ehemalige messe-baustelle auf den fildern, hiesige leser können die vorgänge auf vielen seiten auch in stuttgarter straßen, hügellandschaften und vororte der landeshauptstadt reinphantasieren. die autorin selbst wurde in stuttgart geboren und lebt seit einiger zeit auf der schwäbischen alb.
zwar stehen auch in „stahlbeton“ wie so oft die bösen jungs auf der einen, und etwas gutmenschelnde polizisten auf der anderen seite, dazwischen aber ist in diesem krimi erfreulich viel platz für emotionale menschliche grauzonen, unvorhersehbare fügungen und realistische background-infos, die das ungute gefühl hinterlassen, dass bei diesem thema dringender und ganz realer handlungsbedarf besteht. und dann wünscht man sich wieder, dass es tatsächlich polizisten wie andreas bialas und seine kollegen gibt. deshalb: kein stereotyper mord-und-totschlag-schmöker sondern gelungener stuttgart-krimi, der sich – einmal reingelesen – unaufdringlich aber eindringlich zum spannenden begleiter entwickelt.
Buch und Coverbild: Silberburg-Verlag; 464 Seiten, kartoniert, 12,90 EURO, ISBN 978-3-87407-988-4