Staffelreview: Daredevil (Netflix, 2015)

Erstellt am 17. April 2015 von Watchman @scifiwatchman

Kurze Anmerkung: Die nachfolgende Review ist ein Beitrag von Stephan "sawmaniac" Winkowski, den mich von nun an in unregelmäßigen Abständen als Gastautor unterstützt. Darüber freue ich mich sehr.

Ich muss zugeben, dass ich dieser Serie mit durchaus gemischten Gefühlen entgegen gesehen habe, denn Marvel's Agents of S.H.I.E.L.D. hat mich persönlich wenig bis gar nicht vom Hocker gehauen. Und auch wenn ich den Daredevil-Film zumindest damals nicht komplett grottig fand, hat er doch in mir nicht gerade den Wunsch geweckt den roten Teufel so schnell wieder zu sehen. Warum ich die Serie dann doch angeschaut habe? Na ja, es ist das MCU und eigentlich cool, habe ich ja auch gesehen und S.H.I.E.L.D. kommt auch noch an die Reihe. Außerdem fand ich die Trailer interessant. Agent Carter

Worum geht es in Daredevil?

Matt Murdock wird als 9-Jähriger in einen Unfall mit Chemikalien verwickelt. Als er einem älteren Herrn das Leben rettet, bekommt eine Ladung der giftigen Flüssigkeit in die Augen - und der Zuschauer erlebt aus der Perspektive des kleinen Jungen, wie dessen Augen zerfressen werden und es dunkel um ihn herum wird. Es folgt ein Zeitsprung in die Gegenwart: Matt hat gerade zusammen mit seinem besten Kumpel Foggy Nelson Marvel Cinematic Universe (MCU) sein Examen als Rechtsanwalt bestanden und die beiden frisch gebackenen Anwälte legen nun los, Doch die Tagesbeschäftigung als Rechtsanwalt ist nicht Matts einzige Beschäftigung. Er geht nachts als schwarz maskierter Superheld auf Streife und kämpft gegen das Verbrechen, bzw. geht seinen Fällen auf nachhaltigere Art nach, wobei ihm seine als Folge des Unfalls übernatürlich verstärkten Sinne helfen. Das ist im New Yorker Bezirk Hell's Kitchen auch bitter nötig, denn hier läuft gerade der Wiederaufbau nach der Schlacht um New York (Ja genau, DIE Schlacht aus " Marvel's The Avengers ") und eine dubiose Baufirma scheint nicht ganz sauber zu sein, wobei eine mysteriöse Gestalt im Hintergrund die Fäden zieht.
So weit also, ohne viel spoilern zu wollen, der Inhalt der Serie. Das allererste, das man tun sollte, wenn man beschließt, sich die jüngste Serie aus dem auf Netflix anzuschauen, ist folgendes: Ganz schnell den 2003er Kinofilm oder sein Spin-Off Elektra vergessen. Es geht in beidem zwar um den Helden Daredevil , aber von der pseudo-düsteren, manchmal unfreiwillig komischen Herangehensweise bleibt hier nicht viel übrig. Es fällt auf, dass der in den Comics rot gekleidete Held Daredevil in der ersten Staffel der nach ihm benannten Serie noch gar nicht als solcher auftritt. Die erste Staffel erzählt vielmehr dessen , gewissermaßen das Origin Story (Marvelfans werden mich jetzt sicher für diese DC-Anspielung killen). Zum Abschluss kommt diese Entstehungsgeschichte in der letzten der 13 Folgen umfassenden ersten Staffel, die folgerichtig den Titel trägt. Dennoch ist in Staffel 1 einiges los und unser Held kommt auch hier schon nicht zur Ruhe. Daredevil Jahr 0 Daredevil

Die Figuren der Serie gefallen mir ausnehmend gut. Da ist zunächst der Held selbst: Matt Murdockwird von Charlie Cox mit genau der richtigen Mischung aus Verletzlichkeit und Coolness dargestellt, die einem im Kinofilm so sehr gefehlt hat. Man will trotz dessen Superkräfte nicht mit Matt tauschen und es bleibt spannend weil der Held nicht komplett perfekt und unbesiegbar erscheint, sondern teilweise sichtbar Probleme hat. In einer sehr lang gezogenen Schlägerei gegen eine ganze Gang kann man Matts Ermüdung förmlich spüren; immer wieder legt er kleine Verschnaufpausen ein, in denen er außer Atem gegen eine Wand lehnt, um erst kurz bevor er wieder angegriffen wird wieder zu neuer Energie zu finden.

Eine Superhelden-Figur, die nachts düster auf Verbrecherjagd geht, fordert natürlich den Vergleich zu Batman heraus. Aber eben dadurch, dass Daredevil oder "Der Mann mit der schwarzen Maske", wie er bis zur letzten Folge heißt, eben nicht dieser perfekt agierende und schier unbesiegbare Held ist, sondern zahlreiche Schwächen offenbart, kann er sich vom Fledermausmann deutlich absetzen.

Wenn es außer dem Helden eine Sache gibt, mit der eine Geschichte steht oder fällt, dann ist es seine Nemesis. Mit Vincent D'Onofrio als Kingpin ist Marvel Studios ein absoluter Glücksgriff gelungen. War der mächtige Gangsterboss im 2003er Kinofilm verhältnismäßig eindimensional und klischeehaft, so bekommt die Darstellung D'Onofrios angenehm facettenreich daher. Seit dem Auftreten in der zweiten Folge irrlichtert seine Figur zwischen Gut und Böse hin und her, was den Effekt hat, dass die Momente in dem die Grausamkeit des Kingpin durchbricht umso drastischer wirken. Auf der anderen Seite wird durch seine aufkeimende Liebe zu einer Galeriebesitzerin die menschliche Seite näher beleuchtet.

Matt Murdock steht jedoch nicht allein da in seinem Kampf gegen das Böse, denn es gibt da noch seine Vertrauten. Oder wie ich sie nenne: Die "Boxencrew". Matts engster Vertrauter ist natürlich Foggy, gespielt von Elden Hensen, der gleichzeitig ein wenig der Comic Relief der Serie ist. Ich finde ihn persönlich ein wenig zu klischeebeladen und eindimensional, doch vielleicht gibt sich das ja noch. Kein Team ohne hübsches Damengesicht, in dieser Serie dargestellt von Deborah Ann Woll. Ihre Darstellung der Karen Page ist okay, nichts was ich jetzt besonders gut oder schlecht fände, ich würde mir ein wenig mehr Tiefe wünschen, da geht sicher noch was. Ein wenig außerhalb des Teams hingegen steht die Krankenschwester Claire Temple, die den Maskenmann mehr als einmal zusammen flicken darf. Sehr schön besetzt mit Rosario Dawson.

Fazit: Netflix liefert mit Daredevil eine wirklich sehenswerte Serie ab, die sich vor ihrer Konkurrenz keineswegs verstecken muss. Ganz im Gegenteil. Von mir gibt es aus diesem Grunde eine ganz klare Anschauempfehlung. Und nun heißt es auf die nächsten Netflix Marvelserien zu warten: , A.K.A. Jessica Jones und Luke Cage . The Defenders

Ein Beitrag von Stephan "sawmaniac" Winkowski.