Eine Art Wunderwaffe im Karosseriebau sind sogenannte “hochfeste” Stähle. Sie sind steifer und belastbarer als herkömmlicher Stahl, berichtete das Onlineportal motorline.cc.
Damit können Hersteller wie Ford beim neuen Focus in Großserienautomobilien ein eindrucksvolles Maß an Insassenschutz realisieren, ohne dass die Karosserie dabei schwerer wird. Nie zuvor haben die Kölner bei einem ihrer Autos so viel hochfesten Stahl verbaut wie beim neuen Focus.
Wer denkt, Stahl sei gleich Stahl, irrt. Der Werkstoff hat eine kaum überschaubare Vielfalt entwickelt. Um den vielfältigen Anforderungen an eine Karosserie, vor allem beim Insassenschutz gerecht zu werden, kommen teilweise hunderte unterschiedliche Stahlsorten für eine einzige Autokarosserie zum Einsatz. Im Register europäischer Stähle sind über 2 300 verschiedene Sorten gelistet.
Das vorwiegend verwendete Material im Karosseriebau bei Automobilen ist seit über hundert Jahren Stahl. Daran wird sich für die Massenmobilisierung auch in absehbarer Zeit nicht viel ändern. In der Summe seiner Eigenschaften ist Stahl für den Karosseriebau unersetzlich. Zum Beispiel wegen der einfachen Formbarkeit, der Verarbeitungsmöglichkeiten in industriellem Stil und wegen der relativ geringen Kosten (ca. 750 Euro/Tonne; Stand 2012). Die entscheidenden Nachteile wie das hohe Gewicht und Anfälligkeit für Korrosion lassen sich technisch beherrschen.
Wirksamen Korrosionsschutz gewährleistet das Beschichten der Stahloberfläche mit Gemischen aus Zink, Magnesium und Aluminium. Derart behandelte Bleche lassen sich auch beispielsweise beim Tiefziehen leichter verarbeiten. Das Gewichtsproblem lösen unterschiedliche Stahlsorten. Die Hersteller der Stahlbleche liefern ihr Material zu unterschiedlicher Dicke gewalzt und zu sogenannten “Coils” aufgerollt an. Das sind riesige Rollen, zu denen die Bleche gewickelt sind. Je nach künftigem Einsatzort in der Autokarosserie betragen die Stärken zwischen 0,6 und drei Millimeter.
Die unterschiedlichen Eigenschaften einzelner Stahlbleche entstehen durch variable Anteile an Kohlenstoff (zwischen 0,01 und 2,06 Prozent) oder durch sogenannte “Mikrolegierungen”. Diese mikrolegierte Stähle teilen sich in “hochfesten” und “höchstfesten” und “ultrahochfesten” Stählen ein.
Durch geringe Beimengungen des Halbmetalls Bor, des Schwermetalls Niob, oder der sogenannten “Übergangsmetalle” Titan oder Vanadium, lässt sichdie Zug- und Druckfestigkeit von Stahl um bis zum Vierfachen steigern. So weist ein ultrahochfestes Stahlblech mit 0,5 Millimeter Stärke bei einem Viertel Gewicht die gleiche Festigkeit und Stabilität wie ein zwei Millimeter starkes konventionelles Stahlblech auf.
Diese Vielfalt beim Stahl ermöglicht den Entwicklern, jeder Zone der Karosserie optimale Eigenschaften zu verleihen. So kommen die ultrahochfesten Stähle dort zum Einsatz, wo bei einem Aufprall besonders hohe Kräfte auf die Fahrgastzelle auftreten. Die wichtigste Aufgabe der Fahrgastzelle ist dabei, ihr Volumen zum Schutz der Passagiere unter allen Umständen aufrecht zu erhalten.
Das heißt, weder die Säulen, noch die Querträger im Fahrzeugboden oder hinter dem Armaturenträger dürfen nachgeben. Andere Karosserie-Elemente im Bereich der Verformungszonen im Front und Heckbereich müssen dagegen extra “weich” und nachgiebig sein, um während der Verformung beim Aufprall so viel Energie wie möglich zu verzehren.
Die immer weiter voranschreitende Diversifizierung beim Werkstoff Stahl gewährleistet, dass Karosserie-Ingenieure bei Ford in Köln und sämtliche Kollegen rund um den Globus noch viele Modellgenerationen aus Stahlblech entwickeln werden.