Zeichnung: Jaques Tilly
CDU und CSU halten nachdrücklich an den Staatsverträgen mit den Kirchen fest, so steht es in einer aktuellen Meldung der Nachrichtenagentur dpa: “Die Kirchen leisten einen unverzichtbaren Beitrag für unsere Gesellschaft, der über die materielle Existenz des Menschen hinausweist”, heißt es in einer am 6. Mai in Dresden einstimmig verabschiedeten Entschließung der Unionsfraktionschefs aus Bund, Ländern und Europaparlament. Die sozialen Einrichtungen wie auch Kitas und Schulen von Kirchen seien von unschätzbarer Bedeutung. Wie dpa weiter vermeldet, hatten die Fraktionschefs sich zuvor mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, und dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, getroffen.
Die sozialen Einrichtungen wie auch Kitas und Schulen von Kirchen seien von unschätzbarer Bedeutung… Ja, selbstverständlich sind konfessionelle Kitas und Schulen »von unschätzbarer Bedeutung« für die Indoktrination der Kinder und Jugendlichen. Alle autoritären Systeme haben das so gehalten. Und Parteien wie CDU/CSU sehen das ganz genauso. Leider sind auch weite Teile der SPD, der FDP und der GRÜNEN ebenfalls von der Idee besessen, dass das Heil nur aus jener Ideologie kommen kann, der wir die »christlichen Werte« zu verdanken haben, die wiederum ihre Wurzeln in fragwürdigsten Schriften aus der Bronzezeit haben. Es bleibt dabei: Die Religion und die Kirche waren schon immer das Problem, sie waren noch nie die Lösung!
Doch wie steht es eigentlich um die „sozialen Einrichtungen” der Kirche(n)? Hier geistert unverdrossen die Caritas-Legende durch die Köpfe vieler ansonsten auch kirchenkritischen Menschen. Die Kirchen würden ja so viel Gutes tun. Doch kaum jemand stellt die alles entscheidende Frage: „Und wer bezahlt’s? Hierüber schweigen sich sowohl die geistlichen Herren als auch die Damen und Herren Politiker vielsagend aus. Selbst die ansonsten achso kritischen und investigativen Mainstream-Medien sind bei diesem Thema äußerst wortkarg und Recherche-unlustig.
Nur selten, und dann zumeist eher zufällig, fällt doch mal ein Wort über die Finanzierung kirchlicher Einrichtungen. So geschehen im Februar 2011. Aus einem älteren freigeist-Beitrag über das seinerzeit in Erfurt neu eröffnete christliche Hospiz St. Martin soll daher hier zitiert werden:
Der MDR teilte auch mit, daß dafür das ehemalige Schulungszentrum für Mikroelektronik am Buchenberg direkt neben dem katholischen Krankenhaus umgebaut worden sei. Das Hospiz-Gebäude habe zehn Einzelzimmer und zwei Zimmer für Angehörige. Die Sanierung des Plattenbaus hätte 6,5 Millionen Euro gekostet, die aus dem Konjunkturprogramm des Bundes kamen.
Aha, an der Stelle habe ich das erste Mal aufgehorcht. Ein christliches Hospiz wird eröffnet, aber die Baukosten dafür kommen aus Bundesmitteln, sind also von den Steuerzahlern aufgebracht worden. Kein Wort darüber, ob die Kirche sich ebenfalls an den Kosten „ihrer” Einrichtung beteiligt hat und wenn ja, in welcher Höhe.
(…)
Der MDR teilte dann noch mit, daß das erste Thüringer Hospiz für Kinder Ende des Jahres in Tambach-Dietharz eröffnet werden soll. In diesem Zusammenhang widmete sich eine andere Sendung des MDR der Frage: „Warum bekommen Kinderhospize nichts vom Staat?” Erstmals ging es hier konkret um die Finanzierung der „kirchlichen” Einrichtungen.
Eigentlich eine vernünftige Frage. Doch dahinter verbergen sich m.E. eher die Besorgnis der überaus wohlhabenden Kirchen, eventuell doch für „ihre” Einrichtungen aufkommen zu müssen und um zugleich, auf der Mitleidswelle schwimmend, noch größere Anprüche an die Allgemeinheit zu stellen.
In dieser Sendung hieß es dann wörtlich: „Staat kann fördern, muss aber nicht! Kinderhospize sind eine relativ neue Einrichtung in Deutschland. 1998 eröffnete das erste im sauerländischen Olpe. Mittlerweile gibt es neun Kinderhospize in Deutschland, fünf weitere sind im Bau. Eins davon in Tambach-Dietharz in Thüringen. Es soll zwölf schwer kranken Kindern und ihren Familien Platz bieten. Fünf Millionen Euro kostet der Bau – alles Spenden. Aber auch die jeweiligen Bundesländer beteiligen sich. So flossen beispielsweise in den Bau des Kinderhospizes “Bärenherz” in Leipzig Mittel aus der Städtebauförderung. Außerdem zahlte Sachsen 86.935 Euro für die Ausstattung. Für das derzeit im Bau befindliche Kinderhospiz Mitteldeutschland in Tambach-Dietharz stellte Thüringen 285.840 Euro aus dem Konjunkturpaket II und noch einmal 200.000 Euro direkt vom Land zur Verfügung.”
Und auch hier findet sich kein einziges Wort, keine einzige Zahl über eigene kirchliche Mittel!
Der MDR zitiert schließlich Gabriele Rähse von der AOK Nordost: “Die gesetzlichen Krankenkassen finanzieren die Arbeit der Hospize mit 95 Prozent und zu fünf Prozent werden sie aufgrund des ehrenamtlichen Ansatzes durch Spenden finanziert.”
Der kirchliche Anteil am laufenden Betrieb beträgt also 0 (in Worten NULL) Prozent. Ja, welche Kosten trägt denn die Kirche überhaupt bei “ihrer” Einrichtung? Die Kirchen pochen doch in der Öffentlichkeit so sehr darauf, daß die durch den Staat eingetriebenen Mitgliedsbeiträge (Kirchensteuer genannt) für barmherzige Zwecke eingesetzt würden und daß man mit „ihren” sozialen Einrichtungen die öffentliche Hand entlasten würde. Nebenbei, die beiden sogenannten Amtskirchen verfügen daneben auch noch über immense wirkliche eigene Vermögenswerte und Erträge aus diesen.
Nein, die Kirche übernehme die „seelsorgerische Verantwortung” für die sterbenden Kinder und ihre Angehörigen, heißt es unhinterfragt. Aber selbst das läßt sich die Kirche noch bezahlen, denn „die seelsorgerische Begleitung, dieser gemeinnützige Gedanke, ist hauptsächlich engagiertes Ehrenamt.” Und daher blieben Kinderhospize auch weiter dringend auf Spenden angewiesen…
Unterm Strich: Was ist denn das für eine Barmherzigkeit, wenn man sich die von Dritten bezahlen läßt? Und wenn man sich ob solcher „Barmherzigkeit” auch noch in der Öffentlichkeit selbst auf die Schultern klopft bzw. dies von (unwissenden) kirchenfreundlichen Politikern und Medien besorgen läßt?
Ja, wir brauchen soziale Einrichtungen unbedingt und ebenso auch engagierte, fachlich versierte Betreuer, egal ob im Hauptberuf oder im Ehrenamt. Aber diese Einrichtungen sollten sich doch besser in der Hand der Bürgergesellschaft, in der Hand von Kommunen und wennschon in Freier Trägerschaft, dann in der Hand von religiös und weltanschaulich neutralen Trägern befinden.
Und warum die Staatsverträge mit den Kirchen sakrosankt sind? Dazu meine Gegenfrage: Warum denn ist die christliche Kirche vor gut 1700 Jahren zur Staatskirche erhoben worden? Weil sie und die von ihr verbreitete Religion bestens dafür geeignet war und ist, daß die da unten nicht gegen die da oben aufbegehren.
Siegfried R. Krebs und Uwe Lehnert