Staatsversagen im Sozialen Wohnungsbau

Staatsversagen im Sozialen WohnungsbauSkandal! Zweckentfremdung der Wohnungsbauförderung durch die Länder! So tönt es gerade in breiter Front vom Handelsblatt bis zum Mieterecho, nachdem das Bundesbauminsterium einen Bericht über die Verwendung von Fördermitteln des Bundes an die Presse durchsickern ließ.

Fakt ist, dass die Anzahl der geförderten Wohnungen sich in den vergangenen Jahren drastisch verringert hat und die bundesweit nicht einmal 20.000 Förderwohnungen den Bedarf an preiswerten Mietwohnungen bei weitem nicht decken können. Die Schuld dafür bei den Ländern zu suchen, lenkt jedoch von der Verantwortungslosigkeit des Bundes ab. Der Rückzug des Bundes aus dem Sozialen Wohnungsbau wurde seit Ende der 1990er Jahre von allen Regierungskonstellationen forciert. Mit der Föderalismusreform wurde die Verantwortung weitgehend den Ländern übertragen. Statt üppig ausgestatteter Förderprogramm beschränkt sich das Engagement des Bundes am  Wohnungsbau seit 2006 auf die Zahlung von sogenannten Kompensationsmitteln an die Länder.  Der Mangel an Sozialen Wohnungen ist keine reine Länderangelegenheit, sondern Folge eines umfassenden Staatsversagens.

Schuld haben immer die anderen

Die Politik ist das schmutzige Geschäft der weißen Westen. Gerade in Wahlkampfzeiten versuchen die politischen Kader und jene, die sich dafür halten, das eigene Handeln in besonders freundliches Licht zu stellen und die Fehler der anderen gnadenlos aufzudecken. So verwundert es kaum, dass auch die Wohnungsbauförderung zum Spielball der Schuldzuweisungen wird. Seit vielen Jahren auf ein Minimum des früheren Volumens zusammengestutzt, reichen die Mittel für den so dringend benötigten Sozialen Wohnungsbau nicht aus . Schön, wenn die Verantwortung dafür anderen in die Schuhe geschoben werden kann.

Dies jedenfalls scheint die Devise von Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) zu sein, der über einen ministerialen Bericht eine Reihe von Bundesländern (Berlin, Bremen, das Saarland, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen) anprangerte, Wohnungsbaufördermittel zweckentfremdet zu haben. So berichtet etwa die Tagesschau:

Länder zweckentfremden Bundesmittel. 518 Millionen Euro zahlt der Bund jährlich an die Länder, um den Bau von Sozialwohnungen zu finanzieren. Doch nur wenige der Fördergelder werden tatsächlich für Neubauten genutzt. Bauminister Ramsauer ist verärgert, aber machtlos.

Fast könnte er uns leid tun, der machtlose Minister, von den finsteren Landesfürsten ausgetrickst und um die Fördermittel betrogen. Doch ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass die hier zur Rede stehenden Kompensationszahlungen des Bundes (518 Mio. Euro pro Jahr) für eine nachhaltige Wohnungsbauförderung nicht ausreichen.

Viel zu wenig Fördermittel

Prof. Volker Eichener von der EBZ Business School in Bochum hat bereits Anfang 2012 in einer Auftragsstudie für die Initiative “Impulse für den Wohnungsbau” die jetzt so aufgeregt diskutierten Kompensationszahlungen vorgestellt und diskutiert: “Wohnungsbau in Deutschland – Zuständigkeiten von Bund, Ländern, Kommunen und Europäischer Union?” (pdf).

Eine tabellarische Übersicht (siehe unten) zeigt, dass der Fördermitteleinsatz einzelner Bundesländer geringer ausfällt als die Bundeszuweisungen, doch in der Summe aller Länder verdeutlicht die Studie vor allem, dass die Fördersummen, die von den Ländern investiert werden, deutlich höher ausfallen als die Bundeszuschüsse.

Eichener_2012_Kompensationsmittel_Wohnbauförderung

In den Jahren 2007 bis 2010 standen den 518 Mio. Euro Bundesausgaben durchschnittlich 667 Mio. Euro gegenüber, die pro Jahr aus den Länderkassen für die Wohnraumförderung ausgegeben wurden. Berücksichtigend, dass ein erheblicher Anteil der Kompensationszahlungen des Bundes die Altverpflichtungen aus früheren Förderprogrammen umfasst, reduziert sich das tatsächliche Fördervolumen des Bundes auf durchschnittlich 360 Mio. Euro im Jahr. Das sind gerade einmal 35 Prozent des gesamten Fördermitteleinsatzes im Bereich der Wohnraumförderung. Insbesondere Bayern, NRW und Hamburg haben umfangreiche Landesförderprogramme aufgelegt, um den finanziellen Rückzug des Bundes aus dem Sozialen Wohnungsbau zu kompensieren.

So richtig es ist, auch von den Landesregierungen einen stärkeren Beitrag für die Wohnraumförderung einzufordern – eine hinreichende Förderung wird es ohne eine deutliche Aufstockung der Bundesmittel nicht geben. Mit dem Verweis auf die angebliche Zweckentfremdung durch die Länder stehlen sich Ramsauer und Co. nicht nur aus der Verantwortung, sondern blockieren in der Konsequenz die notwendige Debatte über einen Neuen Sozialen Wohnungsbau.



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